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Grab im Wald

Grab im Wald

Titel: Grab im Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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gespielt?«
    »Klar.«
    Ich mochte ihre Ehrlichkeit.

    Chamique sah die Geschworenen an. Die herausfordernde Miene war wieder da. »Ich habe auch meine Träume.«
    Ich ließ das kurz im Saal stehen, bevor ich mit der nächsten Frage fortfuhr. »Und wovon haben Sie an dem Abend geträumt, Chamique?«
    Mort wollte wieder Einspruch einlegen, aber Flair Hickory legte ihm die Hand auf den Arm.
    Chamique zuckte die Achseln. »Das ist ziemlich albern gewesen.«
    »Verraten Sie es mir trotzdem.«
    »Ich dachte, dass er vielleicht … aber das war dumm von mir … ich hab eben gedacht, dass er mich ja vielleicht auch mag, verstehen Sie?«
    »Ja, das verstehe ich«, sagte ich. »Wie sind Sie zu der Party gekommen?«
    »Mit dem Bus von Irvington und den Rest zu Fuß.«
    »Und als Sie beim Verbindungshaus ankamen, war Mr Flynn da?«
    »Ja.«
    »War er immer noch nett?«
    »Am Anfang schon.« Eine Träne lief ihre Wange hinab. »Er ist sehr freundlich gewesen. Das war …«
    Sie brach ab.
    »Was war es, Chamique?«
    »Am Anfang … «, wieder lief ihr eine Träne über die Wange, »… war das der schönste Abend, den ich je erlebt hab.«
    Ich ließ die Worte im Raum stehen. Eine dritte Träne quoll aus dem Auge.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte ich.
    Chamique wischte die Träne weg. »Mir geht’s gut.«
    »Sind Sie sicher?«
    Ihre Stimme war wieder fest. »Stellen Sie Ihre Frage, Mr Copeland«, sagte sie.

    Sie war wunderbar. Alle Geschworenen hatten die Köpfe gehoben, hörten aufmerksam zu – und ich ging davon aus, dass sie ihr jedes Wort glaubten.
    »Gab es einen Zeitpunkt, an dem sich Mr Flynns Verhalten Ihnen gegenüber verändert hat?«
    »Ja.«
    »Wann?«
    »Ich hab gesehen, wie er mit dem da geflüstert hat.« Sie deutete auf Edward Jenrette.
    »Mr Jenrette?«
    »Ja. Der.«
    Jenrette versuchte, Chamiques Blick standzuhalten. Es gelang ihm halbwegs.
    »Sie haben gesehen, dass Mr Jenrette Mr Flynn etwas zugeflüstert hat?«
    »Ja.«
    »Und was ist dann passiert?«
    »Jerry hat mich gefragt, ob ich spazieren gehen will.«
    »Mit Jerry meinen Sie Jerry Flynn?«
    »Ja.«
    »Gut, dann erzählen Sie uns, was passiert ist.«
    »Wir sind dann nach draußen. Sie hatten da ein Fass. Er hat mich gefragt, ob ich ein Bier will. Ich hab nein gesagt. Er ist plötzlich ganz aufgeregt gewesen und so.«
    Mort Pubin sprang auf. »Einspruch.«
    Ich breitete die Arme aus und setzte eine erboste Miene auf. »Euer Ehren?«
    »Ich lasse es zu.«
    »Fahren Sie fort«, sagte ich.
    »Jerry hat sich ein Bier gezapft, dann aber kaum was getrunken, sondern es bloß die ganze Zeit angeguckt.«
    »Sein Bier?«
    »Ja, irgendwie schon. Mich hat er jedenfalls nicht mehr angeguckt.
Er ist irgendwie ganz anders gewesen. Ich hab gefragt, ob es ihm gut geht. Er hat gesagt, klar, alles ist ganz prima. Und dann …«, sie stockte nicht, war aber nah dran, »hat er gesagt, dass ich einen echt scharfen Körper habe und er mir gern zugeguckt hat, als ich mich ausgezogen habe.«
    »Hat Sie das überrascht?«
    »Ja, ich meine, weil er vorher nicht so mit mir geredet hat.« Ihre Stimme klang belegt. Sie schluckte. »So wie die Leute das sonst oft machen.«
    »Erzählen Sie weiter.«
    »Er hat gefragt: ›Soll ich dir mein Zimmer oben zeigen?‹«
    »Was haben Sie geantwortet?«
    »Ich hab okay gesagt.«
    »Wollten Sie mit ihm auf sein Zimmer gehen?«
    Chamique schloss die Augen. Wieder quoll eine Träne heraus. Sie schüttelte den Kopf.
    »Sie müssen laut antworten.«
    »Nein«, sagte sie.
    »Warum sind Sie dann mitgegangen?«
    »Ich wollte, dass er mich mag.«
    »Und Sie dachten, er mag Sie, wenn Sie mit ihm auf sein Zimmer gehen?«
    »Ich war mir sicher, dass er mich nicht mag, wenn ich nein sage.«
    Ich drehte mich um und ging zurück zu meinem Tisch. Ich tat so, als würde ich in den Akten etwas suchen, wollte aber eigentlich nur den Geschworenen ein wenig Zeit geben, um das Gesagte zu verdauen. Chamique saß aufrecht und mit erhobenem Kopf auf ihrem Stuhl. Sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, aber man sah, wie verletzt sie war.
    »Was ist passiert, als Sie mit ihm nach oben gegangen sind?«
    »Ich bin an einer Tür vorbeigegangen.« Wieder sah sie Jenrette an. »Und dann hat der mich gepackt.«

    Wieder ließ ich sie auf Edward Jenrette zeigen und seinen Namen nennen.
    »War noch jemand im Zimmer?«
    »Ja. Der.«
    Sie deutete auf Barry Marantz. Ich sah die beiden Familien hinter den Angeklagten. Die Gesichter der Eltern sahen aus wie

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