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Grab im Wald

Grab im Wald

Titel: Grab im Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Ich sah aufs Display. Ich kannte die Nummer nicht. Ich hielt das Handy ans Ohr und sagte: »Hallo?«
    »Hier ist Raya.«
    Raya Singh. Die hübsche indische Kellnerin. Meine Kehle war plötzlich trocken.
    »Wie geht es Ihnen?«
    »Gut.«
    »Ist Ihnen noch was eingefallen?«
    Muse sah mich an. Ich versuchte, ihr durch meinen Blick zu sagen, dass es sich um ein Privatgespräch handelte. Für eine Polizistin war Muse manchmal ziemlich schwer von Begriff. Aber vielleicht war das auch Absicht.
    »Wahrscheinlich hätte ich Ihnen das schon früher erzählen sollen«, sagte Raya Singh.
    Ich wartete.
    »Aber ich bin ziemlich überrascht gewesen, als Sie einfach so aufgetaucht sind. Ich weiß immer noch nicht, was richtig ist.«
    »Miss Singh?«
    »Bitte nennen Sie mich Raya.«
    »Raya«, sagte ich, »ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«
    »Deshalb habe ich Sie gefragt, was Sie wirklich von mir wollen. Erinnern Sie sich?«

    »Ja.«
    »Wissen Sie, warum ich das gefragt habe – was Sie wirklich von mir wollen?«
    Ich überlegte und entschied mich für Ehrlichkeit. »Wegen der unprofessionellen Blicke, mit denen ich Sie angestarrt habe?«
    »Nein«, sagte sie.
    »Okay, ich spiele mit. Warum haben Sie mich das gefragt? Und wo wir gerade dabei sind, warum haben Sie mich gefragt, ob ich ihn umgebracht habe?«
    Muse zog eine Augenbraue hoch. Das störte mich nicht besonders.
    Raya Singh antwortete nicht.
    »Miss Singh?« Dann: »Raya?«
    »Weil er«, sagte sie, »Ihren Namen erwähnt hat.«
    Ich dachte, ich hätte mich verhört, also fragte ich etwas Dummes.
    »Wer hat meinen Namen erwähnt?«
    Sie klang etwas ungeduldig. »Über wen reden wir hier wohl gerade?«
    »Manolo Santiago hat meinen Namen erwähnt?«
    »Ja, natürlich.«
    »Und Sie haben es nicht für nötig gehalten, mir das schon vorher zu sagen?«
    »Ich wusste doch nicht, ob ich Ihnen trauen kann.«
    »Und warum haben Sie es sich jetzt anders überlegt?«
    »Ich hab über Sie im Internet recherchiert. Sie sind wirklich der Bezirksstaatsanwalt.«
    »Was hat Santiago über mich gesagt?«
    »Er hat irgendwas erwähnt, worüber Sie gelogen haben.«
    »Und worüber war das?«
    »Weiß ich nicht mehr.«
    Ich hakte weiter nach. »Und wem hat er das gesagt?«
    »Einem Mann. Seinen Namen kenne ich nicht. Außerdem
hat Manolo Zeitungsartikel über Sie in seiner Wohnung gehabt.«
    »In seiner Wohnung? Aber Sie hatten doch gesagt, Sie wissen nicht, wo er wohnt.«
    »Das war, als ich Ihnen noch nicht vertraut habe.«
    »Und jetzt vertrauen Sie mir?«
    Sie gab mir keine direkte Antwort. »Holen Sie mich in einer Stunde am Restaurant ab«, sagte Raya Singh, »dann zeig ich Ihnen, wo Manolo gewohnt hat.«

15
    Als Lucy zurück in ihr Büro kam, saß Lonnie am Schreibtisch und hatte ein paar Zettel in der Hand.
    »Was ist das?«, fragte sie.
    »Die nächsten Seiten vom Bericht.«
    Sie musste sich zusammennehmen, um ihm die Seiten nicht aus der Hand zu reißen.
    »Hast du Sylvia getroffen?«, fragte er.
    »Ja.«
    »Und?«
    »Sie ist ausgeflippt und will nicht mit mir reden.«
    Lonnie lehnte sich zurück. »Soll ich es mal probieren?«
    »Ich glaub nicht, dass das eine gute Idee ist.«
    Lonnie präsentierte sein gewinnendstes Lächeln. »Ich kann ziemlich überzeugend sein.«
    »Du wärst bereit, dich zu prostituieren, um mir zu helfen?«
    »Wenn’s sein muss.«
    »Ich hätte große Angst um deinen guten Ruf.« Sie setzte sich und nahm die Zettel. »Hast du das schon gelesen?«
    »Ja.«
    Sie nickte und fing selbst an.

    P löste sich aus unserer Umarmung und lief in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war.
    Ich rief hinter ihm her, aber er blieb nicht stehen. Keine zwei Sekunden später war es, als hätte die Nacht ihn verschluckt. Ich versuchte, ihm zu folgen. Aber es war dunkel. Trotzdem hätte ich mich da im Wald besser auskennen müssen als P. Schließlich war er zum ersten Mal im Ferienlager.
    Den Schrei hatte ein Mädchen ausgestoßen. Das hatte man deutlich gehört. Ich stapfte durch den Wald. Ich rief nicht mehr nach P. Aus irgendeinem Grunde hatte ich Angst. Ich wollte ihn finden, aber keiner sollte wissen, wo ich war. Ich weiß, dass das unlogisch klingt, aber so habe ich mich gefühlt.
    Ich hatte Angst.
    Der Mond schien. Bei Mondschein verändern sich die Farben im Wald. Es ist wie bei diesen Posterlampen, von denen mein Dad ein paar hatte. Das Licht hieß Schwarzlicht, obwohl es eigentlich eher lila war. Das veränderte auch die Farbe von allem. Und genauso ist

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