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Grab im Wald

Grab im Wald

Titel: Grab im Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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bei der Mr ›Wer braucht schon eine Dusche, wenn es doch Rasierwasser gibt‹ der Ansicht ist, dass man annehmen sollte.«
    »Wie haben Sie mich genannt?«
    Ich sah Muse an. »Könnten Sie bitte ein Fenster aufmachen?«
    »Geht klar, Cope.«
    »Hey, wie haben Sie mich genannt?«
    »Das Fenster ist offen. Sie können jederzeit rausspringen, falls Ihnen danach ist.« Ich sah Chamique wieder an. »Wenn Sie Ihre Aussage jetzt widerrufen, bedeutet das, dass Sie gestern und heute gelogen haben. Dann hätten Sie einen Meineid geleistet. Diese Behörde hätte aufgrund dieser Lüge Millionen Dollar Steuergelder ausgegeben – weil Sie einen Meineid geleistet haben. Meineid ist ein Verbrechen. Dafür würden Sie ins Gefängnis gehen.«
    Foley sagte: »Reden Sie mit mir, Mr Copeland, nicht mit meiner Mandantin.«
    »Mit Ihnen reden? In Ihrer Nähe kann ich kaum atmen.«
    »Ich werde mir dieses Verhalten nicht länger …«
    »Psst«, sagte ich. Dann hielt ich die halbgeöffnete Hand ans Ohr. »Hören Sie dieses Knistern?«

    »Was?«
    »Ich glaube, von Ihrem Rasierwasser löst sich hier die Tapete ab. Wenn Sie ganz still sind, hören Sie es auch. Ganz leise, horchen Sie.«
    Sogar Chamique konnte sich ein kurzes Lächeln nicht verkneifen.
    »Widerrufen Sie Ihre Aussage nicht«, sagte ich zu ihr.
    »Ich muss.«
    »Dann erhebe ich Anklage gegen Sie.«
    Ihr Anwalt wollte weiterkämpfen, doch Chamique legte ihm eine Hand auf den Arm. »Das werden Sie nicht tun, Mr Copeland.«
    »Doch, das tue ich.«
    Aber sie wusste es besser. Ich bluffte nur. Sie war ein armes, verängstigtes Vergewaltigungsopfer, das die Chance hatte, groß Kasse zu machen – sie konnte in diesem Prozess mehr Geld machen, als sie in ihrem ganzen Leben verdienen würde. Wer war ich, dass ich ihr etwas über Grundwerte und Gerechtigkeit erklären wollte.
    Sie und ihr Anwalt erhoben sich.
    Horace Foley sagte: »Morgen Vormittag wird die Vereinbarung unterschrieben.«
    Ich sagte nichts. Ich fühlte mich sogar ein bisschen erleichtert  – und schämte mich dafür. JaneCare würde überleben. Der Ruf meines Vaters – na ja, okay, und auch meine politische Laufbahn würden keinen Rückschlag erleiden. Und das Beste daran war, dass ich auch moralisch aus dem Schneider war. Nicht ich hatte die Klage zurückgezogen, sondern Chamique ihre Aussage.
    Chamique reichte mir die Hand. Ich schüttelte sie. »Danke«, sagte sie.
    »Überlegen Sie es sich nochmal«, sagte ich, aber es war ein kraftloser Versuch. Das merkte sie auch. Sie lächelte. Dann verließen
sie mein Büro. Zuerst Chamique, dann ihr Anwalt. Zurück blieb nur der Geruch seines Rasierwassers.
    Muse zuckte die Achseln und sagte: »Was kann man da machen?«
    Das fragte ich mich auch.

    Als ich nach Hause kam, aß ich mit Cara zu Abend. Sie musste noch eine »Hausaufgabe« machen, die darin bestand, rote Gegenstände aus Zeitschriften herauszusuchen und auszuschneiden. Das klang ziemlich einfach, aber das, was wir gemeinsam entdeckten, gefiel ihr natürlich alles nicht. Weder das rote Auto noch das rote Modellkleid und nicht einmal der rote Feuerwehrwagen konnten vor ihrem kritischen Auge bestehen. Ich merkte bald, dass ich zu viel Begeisterung für alles zeigte, was sie fand. Ich sagte so etwas wie: »Ja, das Kleid ist rot, mein Schatz! Da hast du vollkommen Recht! Ich glaube, das wäre genau das Richtige!«
    Nach etwa zwanzig Minuten erkannte ich meinen Fehler. Als sie mir das Bild von einer Ketchupflasche zeigte, sagte ich gelangweilt: »Ach, Ketchup. Den mag ich eigentlich nicht.«
    Sie griff nach der Sicherheitsschere und machte sich an die Arbeit.
    Kinder.
    Beim Ausschneiden sang Cara ein Lied. Es stammte aus der Zeichentrickserie Dora und bestand im Prinzip darin, dass man so lange das Wort Rucksack sang, bis der Kopf des nächsten Erwachsenen in tausend Stücke zerplatzte. Ich hatte vor zwei Monaten den Fehler begangen, ihr einen sprechenden Dora-Rucksack (»Rucksack, Rucksack, Rucksack« usw.) samt passender Landkarte (Lied: »Ich bin die Landkarte, ich bin die Landkarte, ich bin die Landkarte«, usw.) zu kaufen. Wenn ihre Cousine Madison vorbeikam, spielten die beiden oft Dora die Entdeckerin.
Eine übernahm die Rolle der Dora. Die andere spielte einen Affen mit dem interessanten Rufnamen »Boots«. Man begegnet nicht oft Affen, die nach Fußbekleidung benannt sind.
    Ich dachte darüber nach. Über Boots, darüber, wie Cara und ihre Cousine stritten, wer Dora und wer Boots sein durfte, als es mich

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