Grabesdunkel
Fragen gestellt, vor allem zu der Waffe, mit der Agnes geschossen hatte. Er gab den Ahnungslosen und hoffte inständig, dass sie ihre Karten richtig spielte. Er wusste nicht, was es bedurfte, um sich auf Notwehr berufen zu können, aber die Situation würde wohl kaum einfacher, wenn die Polizei erfuhr, dass sie eine nicht registrierte Pistole im Haus gehabt hatten, während Admir und Ratomir offenbar keine Schusswaffen bei sich getragen hatten.
»Die Waffe? Keine Ahnung, vielleicht hatten die beiden sie ja bei sich?«
Als die Vernehmung zu Ende war, erkundigte er sich nach Agnes und erfuhr, dass sie in Untersuchungshaft saÃ. Deshalb rief er die Nachrichtenchefin an. Jetzt musste die Zeitung Druck machen.
Eine halbe Stunde später erschien Katarina Hoff und holte ihn in ihrem weiÃen Lexus ab. Sie fuhren direkt in die Redaktion, wo sie sich zu einer Krisenbesprechung versammelten. Hoff hatte sowohl den Ressortleiter Fredrik Telle als auch den Anwalt der Zeitung, Helge Krag, informiert. Als Hoff und Joakim eintrafen, warteten die beiden schon in ihrem Büro.
Sie nahmen alle auf den Ledersofas Platz.
»Ich höre. Und jetzt muss alles auf den Tisch«, eröffnete Katarina Hoff die Besprechung.
Joakim nickte. Er erzählte das, was er über die Skorpione und über DamnjanoviÄ und Banovici wusste, von ihrer Verbindung zu Hans Adler Hellvik und was sie bis jetzt über den Prostituiertenring hatten.
»Was weià die Polizei?«
»Ich glaube, wir sind ihnen ein gutes Stück voraus«, antwortete Joakim.
»Oberste Priorität hat jetzt, Agnes freizubekommen«, fasste Katarina Hoff am Ende zusammen.
Helge Krag fuhr direkt ins Polizeipräsidium, um ihr beizustehen. Joakim nahm die Abkürzung und rief Kikki an.
»Ihr müsst sie freilassen!«, rief er. »Das war ganz offensichtlich Notwehr. Wir reden hier über ein zierliches Mädchen von eins sechzig und fünfzig Kilo. Sicher, sie hat ihm aus nächster Nähe ins Gesicht geschossen, aber das war die einzige Möglichkeit, ihr Leben zu retten.«
»Sie bleibt zweiundsiebzig Stunden in U-Haft«, meinte Kikki ungerührt.
»Warum? Besteht etwa Fluchtgefahr? Nein. Besteht die Gefahr der Vernichtung von Beweisen? Nein. Der Fall wird eingestellt, es war Notwehr, und das wisst ihr auch, warum lasst ihr sie nicht frei?«
»Sag mal, sie ist nicht zufällig deine Freundin?«, erkundigte sich Kikki säuerlich.
»Werde nicht unsachlich, ja?«, erwiderte Joakim gereizt.
Rechtsanwalt Krag brachte dieselben Argumente. Nach ein paar Stunden hatten sie Erfolg, und um neun Uhr morgens wurde Agnes endlich freigelassen. Sie nahm ein Taxi direkt in die Redaktion.
»Die CD«, sagte Agnes, als sie Joakim in der Kriminalredaktion traf. »Ratomir und Admir wollten die CD, aber warum? Irgendwas müssen wir übersehen haben.«
Joakim nickte. »Kannst du sie holen?«
Agnes verschwand in die politische Redaktion, um sie aus dem verschlieÃbaren Schrank zu holen, wo sie die letzten Tage gelegen hatte. Sie schob sie in den DVD-Player.
Noch einmal sahen sie sich alle Filme an, der Apparat stotterte sich durch die körnigen, dunklen Bilder.
»Man kann beim besten Willen nicht sehen, mit wem sie da Sex hat. Wir brauchen Hilfe«, sagte Joakim und nahm die CD aus dem Gerät.
Zusammen gingen sie in die Bildredaktion, wo sie Rasmus Sender fanden.
»Wir brauchen technische Hilfe«, sagte Joakim und gab Rasmus die CD.
»Was ist da drauf?«, fragte Rasmus, während er sie einlegte.
»Es sieht ganz so aus, als hätte Helle Isaksen eine Reihe von Geheimnissen gehabt.«
Rasmus nickte, öffnete die Datei und hielt den Film an, als Helle auf dem Bett zu erkennen war. Er vergröÃerte das Standbild, und sie sahen mehr von dem Zimmer. Der Teppich auf dem Boden passte zu den Gardinen und der Bettdecke.
»Wirkt fast wie ein Hotel«, sagte Agnes. »Eine der geheimen Wohnungen des Prostituiertenrings.«
Dann vergröÃerte Rasmus die Ansicht so, dass sie den Mann, mit dem Helle zusammen war, besser erkennen konnten. Er hatte einen mageren, sehnigen Körper und rote Haare.
Im zweiten Film, wo Helle mit Handschellen auf dem Rücken zu sehen war, schien ihr Sexpartner etwas jünger zu sein. Zuerst erkannten sie nur die Konturen eines gut durchtrainierten Körpers.
»ScheiÃe! Auf jedem Film ist ein anderer Mann zu sehen«, stellte Joakim
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