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Grabesgrün

Grabesgrün

Titel: Grabesgrün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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abgebrochenen Fingernägeln, aber die machte mich um einiges nervöser als sie möglicherweise Jonathan gemacht hätte – meine Daumen sind ziemlich auffällig, und ich hatte schon mit zwölf fast so große Hände wie ein Erwachsener –, und Cassie sagte nichts, als ich das Foto zurück in die Akte schob. Es gab Karten und Schaubilder und so viel schwer verständlichen Papierkram, wie wir nur auftreiben konnten, Laborberichte, Chronologien, Akten und kryptisch beschriftete Kisten stapelten sich in den Ecken.
    »Das müsste reichen«, sagte ich, als ich das Ergebnis begutachtete. Es war wirklich beeindruckend – albtraumhaft.
    »Mhm.« Eines der Obduktionsfotos drohte, sich von der Wand zu lösen, und Cassie drückte die Ecke geistesabwesend wieder an. Ihre Hand blieb eine Sekunde an der Stelle, die Fingerspitzen auf Katys nackten grauen Armen. Ich wusste, was sie dachte – falls Devlin unschuldig war, dann war das pure Grausamkeit –, aber darüber wollte ich nicht nachdenken. Grausamkeit gehört nun mal zu unserem Job, und zwar häufiger, als wir uns eingestehen wollen.
    Wir hatten noch eine halbe Stunde, bis Devlin Feierabend hatte, und wir waren viel zu nervös, um mit etwas anderem anzufangen. Wir verließen den Vernehmungsraum, in dem ich mich wegen der vielen Augen, die mich anstarrten, immer unwohler fühlte, und gingen in die Beobachtungskabine, um zu sehen, wie Sam klarkam.
    Er hatte ordentlich recherchiert, sodass Terence Andrews nun einen schönen großen Teil der Tafel ganz allein einnahm. Er hatte Wirtschaftswissenschaft in Dublin studiert und trotz eines mittelmäßigen Abschlusses offenbar schnell ein sicheres Händchen fürs Wesentliche entwickelt: Mit dreiundzwanzig hatte er Dolores Lehane geheiratet, Tochter eines Dubliner Immobilieninvestors, und ihr Daddy hatte ihn in die Firma geholt. Dolores hatte ihn vor vier Jahren verlassen und lebte in London. Die Ehe war kinderlos geblieben, hatte Andrews aber immerhin ein florierendes kleines Imperium beschert, Schwerpunkt im Großraum Dublin, aber mit Außenstellen in Budapest und Prag, und wenn die Gerüchte stimmten, dann waren sowohl Dolores’ Anwälte als auch das Finanzamt über kaum die Hälfte der Geschäftstätigkeiten im Bilde.
    Laut Sam war er allerdings ein wenig übereifrig geworden. Der protzige silberne Porsche und die Mitgliedschaft im Golfclub waren reine Angabe: Andrews hatte nicht viel mehr Bargeld als ich, seine Bank wurde langsam nervös, und im Laufe der letzten sechs Monate hatte er immer mal wieder ein Stück von seinem noch unerschlossenen Grundbesitz verkaufen müssen, um die Hypotheken für den Rest bezahlen zu können. »Wenn die Schnellstraße nicht durch Knocknaree gebaut wird«, sagte Sam lakonisch, »ist der Junge pleite, und zwar bald.«
    Andrews war mir schon unsympathisch gewesen, ehe ich überhaupt seinen Namen kannte, und ich sah nichts, was meine Meinung über ihn hätte ändern können. Er war eher klein, schon fast kahl, mit einem fleischigen, geröteten Gesicht. Er hatte einen stattlichen Bauch und schielte auf einem Auge, aber anders als die meisten Männer, die derlei Unzulänglichkeiten zu verbergen versucht hätten, setzte er sie offen als Waffe ein: Er trug den Bauch vor sich her wie ein Statussymbol – Kein billiges Guinness hier drin, Freundchen, der wurde in Restaurants angefuttert, die du dir in einer Million Jahre nicht leisten könntest –, und jedes Mal, wenn Sam irritiert nach hinten blickte, um festzustellen, wo Andrews hinsah, verzog sich dessen Mund zu einem triumphierenden Grinsen.
    Er hatte natürlich seinen Anwalt mitgebracht und beantwortete etwa eine von zehn Fragen. Sam hatte sich verbissen durch einen schwindelerregenden Stapel Papier geackert, um zu beweisen, dass Andrews große Parzellen Land in Knocknaree besaß, woraufhin Andrews nicht mehr leugnete, überhaupt je von Knocknaree gehört zu haben. Auf Fragen nach seiner finanziellen Situation ging er dagegen nicht ein, sondern schlug Sam auf die Schulter und sagte heiter: »Wenn ich von einem Polizistengehalt leben müsste, mein Guter, würde ich mir mehr Gedanken über meine eigene finanzielle Situation machen als über die anderer Leute«, während der Anwalt im Hintergrund monoton herunterleierte: »Mein Mandant kann zu dem Thema keine Informationen preisgeben.« Beide waren geflissentlich tief betroffen, als Sam die Drohanrufe erwähnte. Ich blickte unruhig alle dreißig Sekunden auf die Uhr. Cassie lehnte an der Scheibe, aß

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