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Grabesgrün

Grabesgrün

Titel: Grabesgrün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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sein Verbündeter. Ich war weitestgehend ehrlich zu ihm. Ich erzählte ihm von den Spuren, denen wir nachgegangen waren, von den Tests, die das Labor gemacht hatte. Ich zählte ihm einzeln die Verdächtigen auf, die wir überprüft und ausgeschlossen hatten: die Bewohner von Knocknaree, in deren Augen er den Fortschritt aufhielt, die Pädophilen, die Geständnissüchtigen, die Phantome in Trainingsanzügen, der Typ, der Katys Ballettanzug für unanständig hielt, Sandra. Ich spürte die zarte stumme Armee von Fotos in Reih und Glied hinter mir lauern. Jonathan hielt sich gut, er blickte mir fast die ganze Zeit in die Augen, aber ich sah ihm an, wie viel Anstrengung ihn das kostete.
    »Das heißt also, Sie treten auf der Stelle«, sagte er schließlich matt. Er wirkte unendlich müde.
    »Um Gottes willen, nein«, sagte Cassie. Sie saß an der Ecke des Tisches und hatte bisher schweigend zugehört, das Kinn aufgestützt. »Im Gegenteil. In den letzten Wochen sind wir ein gutes Stück weitergekommen. Wir haben allerhand eliminiert. Und das da ist übrig geblieben.« Sie wandte den Kopf zu der Wand; er hielt die Augen starr auf ihr Gesicht gerichtet. »Es gibt Hinweise, dass der Mörder Ihrer Tochter ein Einheimischer ist, der sich bestens in Knocknaree und Umgebung auskennt. Wir haben gerichtsmedizinische Beweise, die Katys Tod mit einem ungeklärten Fall aus dem Jahre 1984 in Verbindung bringen, dem Verschwinden von Peter Savage und Germaine Rowan, daher gehen wir davon aus, dass der Mann, den wir suchen, mindestens fünfunddreißig Jahre alt und mit der Gegend seit über zwanzig Jahren vertraut ist. Eine ganze Reihe von Männern, auf die die Beschreibung passt, haben ein Alibi, was die Zahl weiter eingrenzt.«
    »Wir können aufgrund der Beweislage ebenfalls davon ausgehen«, sagte ich, »dass wir es nicht mit einem sogenannten Mord aus Leidenschaft zu tun haben. Unser Mann tötet nicht wahllos. Er tötet, weil er meint, keine andere Wahl zu haben.«
    »Dann halten Sie ihn also für wahnsinnig«, sagte Jonathan. Sein Mund zuckte. »Irgendein Irrer –«
    »Nicht unbedingt«, sagte ich. »Manchmal geraten Situationen einfach außer Kontrolle. Und manchmal führt das zu Tragödien, die niemand gewollt hat.«
    »Sie sehen, Mr Devlin, das engt den Täterkreis noch weiter ein: Wir suchen jemanden, der alle drei Kinder kannte und ein Motiv hatte, ihren Tod zu wünschen«, sagte Cassie. Sie kippelte mit ihrem Stuhl nach hinten, die Hände hinter dem Kopf, die Augen unverwandt auf Jonathan gerichtet. »Wir schnappen ihn. Wir kommen ihm jeden Tag einen Schritt näher. Wenn Sie uns also irgendwas zu sagen haben – egal was, über den Fall –, dann sollten Sie es jetzt tun.«
    Jonathan antwortete nicht sofort. Im Raum war es ganz still, bis auf das sanfte Brummen der Neonröhren an der Decke und das langsame Quietschen, das Cassie beim Kippeln verursachte. Jonathan riss den Blick von Cassie los und richtete ihn über ihre Schulter auf die Fotos: Katy, in dieser unglaublichen Arabesque schwebend, Katy, lachend auf einem verschwommenen grünen Rasen, das Haar windzerzaust und ein Sandwich in der Hand, Katy, ein Auge nur ein Schlitz und die Lippe mit dunklem Blut verkrustet. Der nackte, schlichte Schmerz in seinem Gesicht war beinahe obszön. Ich musste mich zwingen, nicht wegzusehen.
    Die Stille wurde noch angespannter. Ich sah, dass mit Jonathan etwas geschah, fast unmerklich. Jeder Detective kennt den Augenblick, wenn bei einem Verdächtigen Mund und Wirbelsäule auf eine bestimmte Art und Weise erschlaffen, als würde sich die tragende Muskulatur verflüssigen: Dann ist er kurz davor zu gestehen, lässt jede Gegenwehr fast erleichtert fallen. Cassie hatte aufgehört, mit dem Stuhl zu wippen. Das Herz schlug mir bis zum Hals, und ich spürte, dass die Bilder hinter mir den Atem anhielten, bereit, sich vom Papier zu lösen und über den Korridor hinaus in den dunklen Abend zu fegen, wenn er nur endlich das erlösende Stichwort gab.
    Jonathan wischte sich mit einer Hand über den Mund und verschränkte die Arme, blickte dann Cassie an und sagte: »Nein, ich hab nichts zu sagen.«
    Cassie und ich atmeten gleichzeitig aus. Im Grunde hatte ich gewusst, dass nicht damit zu rechnen war, nicht so schnell, und nach der ersten Enttäuschung war es mir fast egal, denn jetzt war ich mir endlich sicher, dass Jonathan etwas wusste. Er hatte es uns praktisch gesagt.
    Im Grunde war es eine Art Schock. Der ganze Fall war eine einzige

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