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Grabesgrün

Grabesgrün

Titel: Grabesgrün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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einzige Tat zu begehen und sich dann wieder in Dunkelheit aufzulösen. Nein, er saß in der Kantine, nur ein paar Meter entfernt, mit verdreckten Schuhen an den Füßen, und trank Tee unter O'Gormans kaltem Blick.
    »Das war’s«, sagte Sophie. Sie richtete sich auf und schaltete das Deckenlicht ein. Ich blickte blinzelnd auf den nichtssagenden, unschuldigen Boden.
    »Seht mal«, sagte Cassie. Ich folgte ihrer Kinnbewegung: Auf einem der unteren Regale lag ein Plastiksack mit weiteren Plastiksäcken drin, die große, durchsichtige, dicke Sorte, in der Archäologen gern Keramik aufbewahren. »Wenn die Kelle spontan als Waffe benutzt wurde ...«
    »Ach, du Scheiße«, sagte Sophie. »Wir werden jeden einzelnen Sack und Beutel überprüfen müssen.«
    Die Fensterscheiben klapperten, und auf das Dach des Schuppens trommelte es plötzlich laut: Es hatte angefangen zu regnen.

20
    DEN GANZEN REST DES TAGES regnete es in Strömen, die Art von dichtem Endlosregen, der dich schon bis auf die Haut durchnässt, wenn du nur die paar Schritte zum Auto läufst. Zwischendurch blitzte es über den dunklen Hügeln, und in der Ferne grollte Donner. Wir überließen Sophies Truppe ihrer Arbeit am Tatort und nahmen Hunt, Mark, Damien und vorsichtshalber auch einen zutiefst gekränkten Sean (»He, ich hab gedacht, wir wären Partner !«) mit ins Präsidium, wo wir sie in getrennten Verhörräumen unterbrachten und noch einmal ihre Alibis überprüften.
    Sean war leicht auszuschließen. Er wohnte in Rathmines, in einer WG mit drei anderen Jungs, die sich alle noch einigermaßen an die Nacht erinnern konnten, in der Katy gestorben war: Einer von ihnen hatte Geburtstag gehabt, und sie hatten eine Party gefeiert, auf der Sean bis vier Uhr morgens den DJ gespielt hatte, um dann der Freundin von irgendwem auf die Schuhe zu kotzen und auf dem Sofa in einen komatösen Schlaf zu fallen. Mindestens dreißig Leute konnten sowohl seinen Aufenthaltsort zur fraglichen Zeit als auch seinen Musikgeschmack bezeugen.
    Bei den drei anderen war die Sache nicht so eindeutig. Hunts Alibi war seine Frau, das von Mark Mel; Damien wohnte in Rathfarnham bei seiner verwitweten Mutter, die früh ins Bett ging, aber ganz sicher war, dass sie wach geworden wäre, wenn er das Haus verlassen hätte.
    »Also«, sagte O'Kelly im SOKO-Raum, nachdem wir Seans Aussage aufgenommen und ihn nach Hause geschickt hatten. »Einer von dreien. Lasst hören, Leute, auf wen tippt ihr?« Er war uns deutlich freundlicher gesinnt, jetzt, wo wir einen Verdächtigen in einem der Verhörräume sitzen hatten, auch wenn wir noch nicht wussten, wer.
    »Damien«, sagte Cassie. »Er passt zum Tathergang, haargenau.«
    »Mark hat zugegeben, dass er auf dem Gelände war«, sagte ich. »Und er hat als Einziger so was wie ein Motiv.«
    »Soweit wir wissen.« Ich wusste, was sie meinte, zumindest glaubte ich, es zu wissen, aber ich wollte die Theorie mit dem Auftragskiller nicht im Beisein von O'Kelly oder Sam zur Sprache bringen. »Und ich sehe ihn nicht als Täter«, fügte sie noch hinzu.
    »Das ist mir klar. Ich aber.«
    Cassie verdrehte die Augen, was ich sogar ein wenig als tröstlich empfand: Ein kleiner böser Teil von mir hatte erwartet, dass sie zusammenzuckte.
    »O'Neill?«, fragte O'Kelly.
    »Damien«, sagte Sam. »Ich hab allen eine Tasse Tee gebracht. Er ist der Einzige, der sie mit der linken Hand genommen hat.«
    Nach einer verblüfften Sekunde prusteten Cassie und ich los vor Lachen. Eigentlich waren wir die Dummen – ich zumindest hatte das mit der Linkshändigkeit völlig vergessen –, aber wir waren beide angespannt und albern und konnten nicht aufhören. Sam grinste und zuckte die Achseln, erfreut über unsere Reaktion. »Ich weiß wirklich nicht, was daran so lustig ist«, sagte O'Kelly mürrisch, aber auch seine Mundwinkel zuckten. »Da hättet ihr auch selbst drauf kommen müssen. Dieses ganze hochtrabende Geschwafel über Tathergang und ...« Vor lauter Lachen lief ich rot im Gesicht an, und mir tränten die Augen. Ich biss mir auf die Lippen.
    »Oh, Mann«, sagte Cassie und holte tief Luft. »Sam, was würden wir nur ohne dich machen?«
    »Schluss mit den Albernheiten«, sagte O'Kelly. »Ihr zwei nehmt euch Damien Donnelly vor. O'Neill, Sie probieren mit Sweeney zusammen nochmal Ihr Glück bei Hanly, und ich lasse ein paar Leute mit Hunt und den Alibizeugen reden. Und Ryan, Maddox, O'Neill – wir brauchen ein Geständnis. Versaut die Sache nicht.« Er schob seinen Stuhl

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