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Grabesgrün

Grabesgrün

Titel: Grabesgrün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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nur hoffen, dass noch irgendwelche Spuren zu finden sind. Wir suchen die Kelle, einen blutbefleckten Plastiksack, unseren Haupttatort und eventuelle Nebentatorte.«
    »Haben die drei auch Schlüssel zu den anderen Containern?«, fragte Cassie.
    »Finde das heraus«, sagte ich.
    Der Kriminaltechniker kam zurück, in einer Hand den Luminolkoffer, in der anderen eine Rolle Packpapier. Wir blickten einander kurz an und nickten, und dann marschierten wir los, eine entschlossene Phalanx, die den Hügel hinab auf das Ausgrabungsgelände zustrebte.

    Ein Durchbruch in einem Fall ist wie ein Dammbruch. Alles um dich herum fließt zusammen und gleitet dann mühelos, unaufhaltsam in den höchsten Gang. Jeder Tropfen Energie, den du in die Ermittlung hast fließen lassen, strömt zu dir zurück, wie entfesselt, und gewinnt von Sekunde zu Sekunde an Fahrt. Ich vergaß, dass ich O'Gorman nicht leiden konnte, dass Knocknaree mich in den Wahnsinn trieb und ich den ganzen Fall ein Dutzend Mal fast vermasselt hätte, vergaß beinahe, was zwischen mir und Cassie passiert war. Das ist, glaube ich, eines der Dinge, die mich an dem Job immer fasziniert haben: dass du in bestimmten Augenblicken alles andere beiseiteschieben und dich im Sog des treibenden Techno-Rhythmus verlieren kannst, bis du nur noch Teil einer perfekt kalibrierten, kraftvollen Maschine bist.
    Wir verteilten uns, nur für alle Fälle, als wir über das Gelände auf die Archäologen zusteuerten. Sie warfen uns verstörte Blicke zu, aber niemand suchte das Weite, niemand unterbrach auch nur seine Arbeit.
    »Mark«, sagte ich. Er sprang auf und starrte mich an. »Ich muss Sie bitten, mit Ihrem ganzen Team in die Kantine zu kommen.«
    Mark explodierte. »Verdammte Scheiße! Was soll das? Wovor habt ihr Angst? Selbst wenn wir heute den verdammten Gral finden, am Montagmorgen macht ihr hier doch alles platt. Könnt ihr uns nicht wenigstens die letzten paar Tage in Frieden lassen?«
    Eine Sekunde lang dachte ich fast, er würde mich angreifen, und ich spürte, wie Sam und O'Gorman dichter aufschlossen. »Reg dich ab, Junge«, sagte O'Gorman mit drohender Stimme.
    »Ich bin nicht Ihr ›Junge‹. Wir haben bis halb sechs am Freitag Zeit, und egal, was Sie von uns wollen, das muss bis dahin warten.«
    »Mark«, sagte Cassie schneidend neben mir. »Ich mach Ihnen einen Vorschlag: Sie und Damien Donnelly und Sean Callaghan kommen auf der Stelle mit. Ohne Wenn und Aber. Dafür dürfen die anderen unter der Aufsicht von Detective Johnston weiterarbeiten. Einverstanden?«
    Mark starrte sie wütend an, dann spuckte er auf den Boden und bedeutete Mel mit einer schroffen Kopfbewegung herzukommen. Die übrigen Archäologen standen verschwitzt da und machten große Augen. Mark zischelte Mel irgendwelche Anweisungen zu, zeigte dabei in verschiedene Richtungen des Geländes, drückte ihr dann völlig unerwartet zärtlich die Schulter und stapfte auf die Container zu, die Fäuste tief in die Jackentaschen gerammt. O'Gorman folgte ihm.
    »Sean«, rief ich. »Damien.« Sean kam eifrig angelaufen und hielt eine Hand zum Einschlagen hoch. Als ich sie ignorierte, sah er mich vielsagend an. Damien kam langsam näher, zog seine Cargohose ein Stückchen höher. Er blickte verwundert, fast benommen, aber bei ihm versetzte mich das nicht in Alarmbereitschaft.
    »Wir müssen mit Ihnen reden«, sagte ich. »Bitte gehen Sie in die Kantine und warten Sie dort, bis wir hier fertig sind und mit Ihnen ins Präsidium fahren können.«
    Beide öffneten den Mund. Ich drehte mich um und ging, ehe sie Fragen stellen konnten.
    Dr. Hunt, der ein einziges Nervenbündel war, schickten wir ebenfalls zu den anderen in die Kantine. Die Bereitwilligkeit, mit der er uns erlaubt hatte, das Gelände zu durchforsten, ließ ihn auf unserer Verdächtigenliste weiter nach unten rutschen (Mark hatte einen Durchsuchungsbeschluss sehen wollen, aber rasch einen Rückzieher gemacht, als ich erwiderte, ich würde gern einen besorgen, wenn es ihm nichts ausmachte, ein paar Stunden zu warten), und Sophie und ihr Team fingen mit dem Fundschuppen an, wo sie als Erstes die Fenster mit Packpapier zuklebten. Johnston, der Rothaarige, war mit gezücktem Notizbuch auf dem Gelände unterwegs, wo er die Kellen überprüfte und immer mal wieder kurze Gespräche führte.
    »Der Schlüssel passt auch für die anderen Container«, sagte Cassie, die aus der Kantine kam. »Hunt, Mark und Damien haben einen – Sean nicht. Keine Ersatzschlüssel.

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