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Grabesgrün

Grabesgrün

Titel: Grabesgrün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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Tanzerei alle Aufmerksamkeit, bildet sie sich Gott weiß was drauf ein. Diese Simone war ein schrecklicher Einfluss für sie, unglaublich. Das hat mich sehr traurig gemacht. Irgendjemand musste sie auf den Teppich zurückholen. In ihrem eigenen Interesse. Also hab ich –«
    »Wenn Sie weiterreden«, fiel Cassie ihr überlaut ins Wort, »muss ich Sie über Ihre Rechte belehren. Sonst –«
    »Drohen Sie mir ja nicht, Detective. Ich warne Sie nicht noch einmal.«
    Kurzes Zögern. Sam starrte ins Leere, einen Fingerknöchel zwischen den Vorderzähnen.
    »Also«, fuhr Rosalind fort, »hab ich beschlossen, Katy zu zeigen, dass sie gar nicht so was Besonderes war. Sehr intelligent war sie jedenfalls nicht. Als ich ihr was gegeben hab, damit –«
    »Sie sind nicht verpflichtet, irgendetwas zu sagen, wenn Sie es nicht wünschen«, unterbrach Cassie sie, mit wild bebender Stimme, »aber alles, was Sie sagen, wird schriftlich festgehalten und kann als Beweismittel verwendet werden.«
    Rosalind dachte lange darüber nach. Ich hörte die Füße der beiden im Laub knirschen, Cassies Pullover scheuerte bei jedem Schritt leicht am Mikro. Irgendwo gurrte zufrieden eine Holztaube. Sams Augen ruhten auf mir, und im dämmrigen Licht des Vans meinte ich, Missbilligung in ihnen zu erkennen. Ich dachte an seinen Onkel und starrte zurück.
    »Das war’s«, sagte O'Kelly. Er reckte sich, rollte mit den massigen Schultern und ließ den Hals knacken. »Die blöde Rechtsbelehrung ist dran schuld. Als ich damals anfing, da gab’s den Mist noch nicht: Die Verdächtigen wurden ein bisschen in die Mangel genommen, sie haben einem erzählt, was man wissen wollte, und das hat jedem Richter genügt. Na, zumindest können wir jetzt wieder an die Arbeit gehen.«
    »Halt«, sagte Sam. »Sie kriegt sie wieder ans Reden.«
    »Hören Sie«, sagte Cassie endlich, »ob Sie zu unserem Vorgesetzten gehen –«
    »Momentchen«, sagte Rosalind gelassen. »Wir sind noch nicht fertig.«
    »Doch, das sind wir«, sagte Cassie, aber ihre Stimme zitterte verräterisch. »Was Katy angeht, sind wir fertig. Ich werde mir hier nicht tatenlos anhören –«
    »Ich lass mir von keinem sagen, was ich zu tun und zu lassen habe, Detective. Ich sage, was mir passt. Und Sie hören schön zu. Wenn Sie mich noch einmal unterbrechen, ist das Gespräch zu Ende. Wenn Sie irgendwem was davon weitererzählen, mach ich denen klar, was für ein Mensch Sie sind, und Detective Ryan wird das bestätigen. Niemand wird Ihnen ein Wort glauben, und Sie sind Ihren kostbaren Job los. Verstanden?«
    Schweigen. Mir war immer noch schlecht, und ich schluckte schwer. »Sie ist so arrogant«, sagte Sam. »So verdammt arrogant.«
    »Jepp«, sagt O’Kelly, »und das ist Maddox’ Chance.«
    »Ja«, sagte Cassie, sehr leise. »Verstanden.«
    »Gut.« Ich hörte das selbstgefällige, zufriedene Lächeln in Rosalinds Stimme. Ihre Absätze klapperten auf Asphalt. Sie waren auf die Straße gebogen und gingen jetzt Richtung Hauptzufahrt zur Siedlung. »So, wo war ich stehengeblieben, ach ja, ich hab also beschlossen, irgendjemand müsste verhindern, dass Katy zu eingebildet wird. Eigentlich wäre das natürlich Sache meiner Eltern gewesen. Wenn die dagegen eingeschritten wären, hätte ich das nicht machen müssen. Aber sie haben sich um nichts gekümmert. Ich finde, das ist auch eine Form von Kindesmissbrauch, oder – diese Art von Vernachlässigung?«
    Sie wartete, bis Cassie gepresst sagte: »Ich weiß nicht.«
    »Und ob. Ich hab mich fürchterlich darüber aufgeregt. Also hab ich zu Katy gesagt, sie soll mit dem Ballett aufhören, weil es so eine schlechte Wirkung auf sie hat, aber sie wollte nichts davon hören. Sie musste lernen, dass sie nicht der Nabel der Welt war, dass sich nicht immer nur alles um sie drehte. Also hab ich sie am Tanzen gehindert, ab und an. Wollen Sie wissen, wie?«
    Cassie atmete schnell. »Nein. Will ich nicht.«
    »Ich hab sie krank gemacht, Detective Maddox«, sagte Rosalind. »Ich hätte gedacht, dass Sie zumindest das längst rausgefunden haben.«
    »Wir haben so was in der Art vermutet. Aber wir hatten Ihre Mutter in Verdacht.«
    »Meine Mutter ?« Wieder dieser Unterton, diese Abfälligkeit, die sogar noch über Verachtung hinausging. »Ich bitte Sie. Meine Mutter hätte sich innerhalb einer Woche schnappen lassen, selbst von solchen Versagern wie euch. Ich hab Saft mit Spüli vermischt oder mit Reiniger, wonach mir gerade war, und ich hab Katy erzählt, das wäre ein

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