Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grabesgrün

Grabesgrün

Titel: Grabesgrün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
Vom Netzwerk:
Ihnen nicht gerade, als wäre er sehr verliebt.«
    »Was sagt er denn über mich?«, fragte Cassie hilflos nach kurzem Zögern. Sie zeigte ihre ungeschützten Stellen, um Rosalind ein Ziel zu bieten. Sie ließ sich absichtlich von ihr verletzen, traktieren, genüsslich quälen. Mir wurde flau im Magen.
    Rosalind kostete es weidlich aus, sie warten zu lassen. »Er sagt, Sie klammern zu sehr«, sagte sie endlich. Ihre Stimme blieb hoch und lieblich und klar. »›Verzweifelt‹, hat er gesagt. Dass Sie deshalb so unverschämt zu mir sind, weil Sie eifersüchtig darauf sind, wie sehr er mich mag. Er sagt, er hat sich bemüht, das zu akzeptieren – ich glaube, Sie haben ihm leid getan –, aber er hat es allmählich satt, sich Ihr Verhalten gefallen zu lassen.«
    »So ein Schwachsinn«, entfuhr es mir wütend. »Ich hab niemals –«
    »Leise«, sagte Sam im selben Moment, als O'Kelly fauchte: »Interessiert doch keinen.«
    »Ruhe, bitte«, sagte der Techniker höflich.
    »Ich hab ihn vor Ihnen gewarnt«, sagte Rosalind nachdenklich. »Dann hat er meinen Rat also beherzigt?«
    »Ja«, sagte Cassie, sehr leise und zittrig. »Sieht so aus.«
    »Ach du liebe Zeit.« Leicht amüsiert. »Sie lieben ihn wirklich, was?«
    Keine Antwort.
    »Lieben Sie ihn?«
    »Ich weiß nicht.« Cassies Stimme klang belegt und gequält, aber erst als sie sich nass die Nase putzte, begriff ich, dass sie weinte. Ich hatte sie noch nie weinen sehen. »Ich hab nie darüber nachgedacht, bis – ich – ich war einfach noch nie jemandem so nahe. Und jetzt kann ich keinen klaren Gedanken fassen, ich ...«
    »Ach, Detective Maddox.« Rosalind seufzte. »Wenn Sie nicht ehrlich zu mir sein können, seien Sie wenigstens ehrlich zu sich selbst.«
    »Ich kann es nicht sagen.« Cassie bekam die Worte kaum heraus. »Vielleicht ...« Ihre Kehle schnürte sich zu.
    Der Van hatte etwas Unterirdisches, Albtraumhaftes, die Wände kippten schwindelerregend nach innen. Das Körperlose der Stimmen verlieh ihnen zusätzlich etwas Grausiges, als würden wir zwei verlorene Geister belauschen, die in einem ewigen Willenskampf gefangen waren. Der Türgriff war im Dunkeln nicht zu sehen, und ich fing O'Kellys harten, warnenden Blick auf. »Sie wollten dabei sein, Ryan«, sagte er.
    Ich konnte nicht atmen. »Ich sollte dazwischengehen.«
    »Und dann? Es läuft alles nach Plan. Beruhigen Sie sich.«
    Ein kleines, schreckliches Keuchen aus den Lautsprechern. »Nein«, sagte ich. »Hören Sie doch.«
    »Sie macht ihre Arbeit«, sagte Sam. Seine Miene war in dem schmutziggelben Licht nicht zu deuten. »Setz dich hin.«
    Der Techniker hob einen Finger.
    »Reißen Sie sich bitte ein bisschen zusammen«, sagte Rosalind angewidert. »Wie sollen wir ein vernünftiges Gespräch führen, wenn Sie hysterisch sind.«
    »Tschuldigung.« Cassie schnäuzte sich erneut, schluckte schwer. »Hören Sie – bitte. Die Sache ist zu Ende, es war nicht Detective Ryans Schuld, und er würde alles für Sie tun. Er hat es Ihnen erzählt, weil er Vertrauen zu Ihnen hat. Könnten Sie es nicht einfach – auf sich beruhen lassen? Niemandem was sagen? Bitte?«
    »Na ja.« Rosalind überlegte. »Detective Ryan und ich waren uns sehr nahe, eine Weile. Aber als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, war er auch ganz schön unhöflich zu mir. Und das mit seinen beiden Freunden war gelogen. Ich kann Lügner nicht ausstehen. Nein, Detective Maddox. Es tut mir leid, aber ich sehe wirklich nicht ein, warum ich Ihnen beiden einen Gefallen tun sollte.«
    »Okay«, sagte Cassie, »okay. Okay. Und was, wenn ich was für Sie tun könnte, als Gegenleistung?«
    Ein kleines Lachen. »Ich wüsste nicht was.«
    »Aber ich. Geben Sie mir nur noch fünf Minuten, ja? Gehen wir doch da lang, Richtung Hauptstraße. Ich kann wirklich was für Sie tun. Ehrlich.«
    Rosalind seufzte. »Sie haben Zeit, bis wir wieder bei mir zu Hause sind. Aber wissen Sie, Detective Maddox, ich gehöre zu den Menschen mit Grundsätzen. Wenn ich der Meinung bin, dass es meine Pflicht ist, Ihren Vorgesetzten zu informieren, dann lasse ich mich von Ihnen nicht bestechen, damit ich nichts sage.«
    »Keine Bestechung. Bloß – eine Hilfeleistung.«
    »Von Ihnen ?« Wieder das Lachen; das kühle, kleine Trillern, das ich so entzückend gefunden hatte. Ich merkte, dass ich mir die Nägel in die Handflächen grub.
    »Gestern«, sagte Cassie, »haben wir Damien Donnelly wegen des Mordes an Katy festgenommen.«
    Eine minimale Pause. Sam beugte sich vor,

Weitere Kostenlose Bücher