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Grabesgrün

Grabesgrün

Titel: Grabesgrün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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Geheimrezept, damit sie noch besser tanzt. Die dumme Göre hat mir tatsächlich geglaubt. Ich war richtig gespannt, ob irgendjemand stutzig werden würde, aber keiner hat was gemerkt. Unglaublich.«
    »Mein Gott«, sagte Cassie, fast flüsternd.
    »Na los, Cassie«, murmelte Sam. »Das ist schwere Körperverletzung. Kassier sie ein.«
    »Sie wartet noch«, sagte ich. Meine Stimme klang seltsam, kam stoßweise. »Bis es für Mord reicht.«
    »Moment«, sagte Cassie, und ich hörte sie schlucken. »Wir sind gleich wieder in der Siedlung, und Sie haben gesagt, ich hätte nur Zeit, bis wir bei Ihnen zu Hause sind ... Ich muss wissen, was Sie denn nun vorhaben mit –«
    »Das erfahren Sie, wenn ich es Ihnen sagen will. Und wir gehen zurück, wenn ich es will. Ich denke, wir gehen nochmal hier lang, dann kann ich Ihnen alles erzählen.«
    »Den ganzen Weg zurück um die Siedlung herum?«
    »Sie wollten schließlich mit mir sprechen, Detective Maddox«, sagte Rosalind tadelnd. »Sie sollten lernen, die Konsequenzen Ihres eigenen Handelns zu tragen.«
    »Mist«, murmelte Sam. Sie entfernten sich von uns.
    »Sie braucht keine Verstärkung, O'Neill«, sagte O'Kelly. »Das Mädchen ist ein widerliches Luder, aber sie hat schließlich keine Uzi dabei.«
    »Nun denn. Katy wollte einfach nicht klug werden.« Wieder schwang dieser schneidende, gefährliche Ton in Rosalinds Stimme mit. »Irgendwann hat sie dann begriffen, warum sie dauernd krank wurde – nach Jahren –, und hat mir eine richtige Szene gemacht. Sie hat gesagt, sie würde nie wieder was trinken, was ich ihr geben würde, blablabla, sie hat sogar gedroht, es meinen Eltern zu sagen – ich meine, die hätten ihr sowieso nicht geglaubt, sie hat sich andauernd wegen nichts und wieder nichts aufgeregt, aber egal ... Verstehen Sie, was ich meine? Katy war eine verwöhnte Göre. Sie musste immer, immer ihren Willen durchsetzen. Wenn sie nicht bekam, was sie wollte, ist sie gleich zu Mummy und Daddy gerannt und hat gepetzt.«
    »Sie wollte nur Tänzerin werden«, sagte Cassie ruhig.
    »Und ich hatte ihr gesagt, das käme nicht in Frage«, fauchte Rosalind. »Wenn Sie einfach auf mich gehört hätte, wäre das alles nicht passiert. Stattdessen hat sie mir gedroht . Dass sie so wurde, daran war allein dieser Quatsch mit der Ballettschule schuld, die Zeitungsartikel und die Benefizgeschichte, einfach lächerlich. Kein Wunder, dass sie sich eingebildet hat, sie könnte machen, was sie wollte. Sie hat zu mir gesagt – sie stand da, die Hände in die Hüften gestemmt, hach , was für eine kleine Primadonna, und hat wortwörtlich gesagt: ›Wie konntest du so was mit mir machen? Mach das nie wieder.‹ Für wen hat die sich denn gehalten? Sie war völlig außer Rand und Band, ihr Verhalten mir gegenüber war absolut unerträglich, und das konnte ich ihr unmöglich durchgehen lassen.«
    Sam hatte die Hände zu Fäusten geballt, und ich hielt den Atem an. Ich war in kaltem Schweiß gebadet. Ich konnte mir Rosalind nicht mehr vorstellen; die zarte Vision von der jungen Frau in Weiß war wie von einer Bombe in Stücke gesprengt worden. Das hier war etwas Unvorstellbares, etwas Hohles, wie die vergilbten Hüllen, die Insekten im trockenen Gras hinterlassen, hier wehten kalte fremde Winde, und ein feiner ätzender Staub zerstörte alles, was er berührte.
    »Ich hatte schon öfter mit Leuten zu tun, die mir sagen wollten, was ich machen soll«, sagte Cassie. Ihre Stimme klang angespannt, atemlos. Obwohl für sie als Einzige von uns nichts davon neu war, hatte die Geschichte ihr förmlich den Atem verschlagen. »Ich habe aber niemand angestiftet, sie umzubringen.«
    »Ich glaube, Sie werden feststellen, dass ich nie zu Damien gesagt hab, er soll Katy was antun.« Ich hörte Rosalinds Grinsen. »Was kann ich dafür, wenn Männer immer was für mich tun wollen? Fragen Sie ihn ruhig: Er ist auf jede einzelne Idee ganz allein gekommen. Und, ich kann Ihnen sagen, er hat eine Ewigkeit dafür gebraucht, einen Affen zu trainieren wäre schneller gegangen.« O’Kelly schnaubte. »Als er dann endlich auf die Idee kam, sah er aus, als hätte er gerade die Schwerkraft entdeckt, als wäre er ein richtiges Genie. Und dann hatte er ständig diese Zweifel, es nahm einfach kein Ende – ich sag Ihnen, ein paar Wochen länger, und ich glaube, ich hätte aufgegeben und mir jemand Neues suchen müssen, sonst hätte ich den Verstand verloren.«
    »Am Ende hat er aber doch getan, was Sie von ihm wollten«,

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