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Grabesgrün

Grabesgrün

Titel: Grabesgrün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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O’Kelly uns quasi hinbeordert, weil es ein gutes Licht auf uns warf. Die Kirche stammte aus den Siebzigern, als Beton eine künstlerische Ausdrucksform war und Knocknaree Metropolenträume hegte. Sie war riesig und kalt und hässlich, mit unbeholfenen, halb abstrakten Darstellungen des Kreuzweges und einem Echo, das traurig von der winkeligen Betondecke widerhallte. Wir blieben hinten stehen, in unseren besten, unauffällig dunklen Sachen, und beobachteten, wie die Kirche sich füllte: Farmer, die flache Mützen in der Hand hielten, alte Frauen mit Kopftuch, modische Teenager, die versuchten, lässig zu wirken. Der kleine weiße Sarg, goldbesetzt und schrecklich, vor dem Altar. Rosalind stolperte mit bebenden Schultern den Mittelgang entlang, rechts und links von Margaret und Tante Vera gestützt, hinter ihnen Jonathan, der mit glasigem Blick Jessica zur ersten Reihe führte.
    Kerzen flackerten in dem unaufhörlichen Luftzug. Die Luft roch nach Feuchtigkeit und Weihrauch und welken Blumen. Mir war schummerig – ich hatte vergessen zu frühstücken –, und die ganze Szene wirkte wie eine Erinnerung unter Glas. Ich brauchte eine Weile, bis mir klar wurde, wieso: Viele Jahre lang war ich hier jeden Sonntag zum Gottesdienst gegangen, hatte vermutlich auch auf einer der billigen Holzbänke an einer Gedenkfeier für Peter und Jamie teilgenommen. Cassie blies sich unauffällig in die Hände, um sie zu wärmen.
    Der Priester war sehr jung und ernst und gab sich quälend große Mühe, mit seinem spärlichen Seminaristenarsenal an Klischees der Würde des Augenblicks gerecht zu werden. Ein Chor aus blassen kleinen Mädchen in Schuluniformen – Katys Mitschülerinnen – stand eng aneinandergedrängt, die Augen auf Notenblätter gerichtet. Die Lieder sollten Trost bieten, doch die Mädchenstimmen waren dünn und unsicher, und ein paar von ihnen versagten mehrfach. »Fürchtet euch nicht, ich bin bei euch alle Tage. Kommt, folgt mir nach ...« Simone Cameron fing meinen Blick auf, als sie von der Kommunion zurückkam, und nickte mir steif zu. Ihre goldenen Augen waren blutunterlaufen, riesenhaft. Die Angehörigen traten nacheinander aus der Kirchenbank und legten Andenken auf den Sarg: ein Buch von Margaret, eine rotbraune Stoffkatze von Jessica, von Jonathan die Zeichnung, die über Katys Bett gehangen hatte. Ganz zum Schluss kniete sich Rosalind nieder und legte ein Paar kleine rosa Ballettschuhe, die an den langen Bändern zusammengebunden waren, auf den Deckel. Sie streichelte die Schuhe zärtlich, neigte dann schluchzend den Kopf auf den Sarg, sodass ihre dunklen Locken über das Weiß und das Gold fielen. Von irgendwo in der ersten Reihe drang ein schwacher, unmenschlich klingender Klagelaut.
    Draußen war der Himmel grauweiß, und der Wind fegte Blätter von den Bäumen auf dem Friedhof. Am Geländer lehnten Reporter, Kameras klickten mit rasender Geschwindigkeit. Wir suchten uns eine abgeschiedene Ecke und ließen den Blick über den Friedhof und die Trauernden gleiten, doch wie nicht anders zu erwarten, löste niemand bei uns die Alarmglocken aus. »Ganz schöner Andrang«, sagte Sam leise. Er war als Einziger von uns zur Kommunion gegangen. »Morgen sollten wir uns ein paar Filme von den Jungs da besorgen. Dann können wir in Ruhe überprüfen, ob jemand dabei ist, der hier eigentlich nichts zu suchen hat.«
    »Er ist nicht hier«, sagte Cassie. Sie stopfte die Hände in die Jackentaschen. »Nicht, wenn es nicht unbedingt sein muss. Der Kerl liest wahrscheinlich nicht mal die Zeitungen. Und er wechselt das Thema, wenn irgendwer anfängt, über den Fall zu reden.«
    Rosalind, die langsam die Stufen zur Kirche herunterkam, hob den Kopf und erblickte uns. Sie schüttelte die stützenden Arme ab und rannte übers Gras. Ihr langes schwarzes Kleid flatterte im Wind. »Detective Ryan ...« Sie ergriff meine Hand mit beiden Händen und hob flehend ihr tränennasses Gesicht. »Ich ertrag’s nicht. Sie müssen den Mann finden, der meiner Schwester das angetan hat.«
    »Rosalind!«, rief Jonathan irgendwo mit rauer Stimme, doch sie wandte sich nicht mal um. Ihre Hände waren langfingrig und weich und sehr kalt. »Wir tun, was wir können«, sagte ich. »Kommst du morgen ins Büro und sprichst mit mir?«
    »Ich werd’s versuchen. Tut mir leid wegen Freitag, aber ich bin nicht ...« Sie warf rasch einen Blick über die Schulter. »Ich bin nicht weggekommen. Bitte finden Sie ihn, Detective Ryan, bitte ...«
    Ich spürte das

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