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Grabeskaelte

Grabeskaelte

Titel: Grabeskaelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Schwarz
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Versuch sich zu wehren, scheiterte kläglich. Wenig später waren ihr die Augen aus dem Kopf getreten und glasig. Er hatte die Schlinge so fest zugezogen, dass da, wo sie einschnitt, nur eine dunkle Kerbe übrig blieb und ihr Hals aussah wie das Endstück eines Luftballons, wo man den Faden festbindet. Als ihr Leib erschlafft und er sicher sein konnte, dass sie tot war, entblößte er ihren Oberkörper. Der Anblick ihrer prallen Brüste erregte ihn. Er musste sich zwingen an den eigentlichen Grund seines Hierseins zu denken. In seiner Jackentasche befand sich ein Messer. Er holte es heraus. Seine Hand zitterte und von der Unterlippe tropfte Speichel, als die rasiermesserscharfe Klinge sich in ihr Fleisch grub. Wenig später hielt er ihr Herz in seinen Händen. In seine Augen war der gleiche Ausdruck getreten, wie damals bei seinem Vater und eine Stimme, die nur er hören konnte, flüsterte ihm zu: „Ich habe dich aus deinem sündigen Leib befreit, nun gehörst du mir.“
    Leider würde dieses Herz nicht seinen Schrein, in dem er bereits seiner Mutter Herz aufbewahrte, ergänzen können. Vielmehr brauchte er es, um von sich abzulenken.
    Ein Zufall hatte ihn auf die Idee gebracht. Es war in einer seiner vielen schlaflosen Nächte, in denen es ihn wie ein eingesperrtes Tier umher trieb. Das helle Licht des Vollmondes gewährte ihm Einblick auf Dinge, die sonst im Verborgenen geschahen. Zuerst war es nur ein sich bewegender Schatten, der seine Aufmerksamkeit erregte. Doch als er daraufhin durch sein, um den Hals hängendes Nachtglas blickte, nahm dieser die Konturen eines Mannes an, der soeben im Begriff war, sich über den Friedhofszaun zu schwingen. Wenig später folgte ihm ein zweiter Mann nach. Auf dem Friedhof angelangt, zündeten sich die beiden erst einmal eine Zigarette an.
    Interessiert beobachtete er, wie sie sich hinter einem verwitterten Grabstein niederließen. Als sie zu Ende geraucht hatten, standen sie auf und schlichen um die Gräber und Grüfte herum. Hin und wieder nahmen sie dabei einen Schluck aus einer mitgebrachten Flasche. Irgendwann war dann der Spuk vorbei und die beiden verschwunden. Zuerst verschwendete er keinerlei Gedanken daran, dass seine nächtliche Entdeckung ihm nützlich sein könnte. Einzig aus dem Grund, seine schlaflosen Nächte zu verkürzen beobachtete er von nun an regelmäßig das Treiben der beiden nächtlichen Friedhofsbesucher. Dabei fiel ihm auf, dass sie häufig eine ganz bestimmte Gruft ansteuerten. Eines Nachts, in der aufkommender Nebel ihm die Sicht erschwerte, beobachtete er, wie die beiden, er hatte Erkundigungen eingezogen und wusste inzwischen um wen es sich handelte, erneut die Gruft ansteuerten. Diesmal beließen sie es jedoch nicht bei einem kurzen Abstecher sondern machten sich am Schloss zu schaffen. Trotz der erschwerten Sicht sah er, wie sie das Gitter öffneten und ins Innere eindrangen. Einer Eingebung gleich, blitzte da plötzlich am Rande seines Bewusstseins etwas auf. Es war die Möglichkeit, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Er glaubte nun zu wissen, wie er Kirstin, die ihn seit kurzem zu Erpressen versuchte, beseitigen und gleichzeitig jeden Verdacht von sich weisen konnte.
    Sich wegen seiner Taten schuldig zu fühlen, hatte er sich im Laufe der Jahre abgewöhnt. Einmal mit dem Töten begonnen, konnte er nicht mehr davon lassen. Es war wie eine Sucht, die ihn dazu trieb. Kaum war sein Plan gefasst, ging alles so schnell, dass er sich im Nachhinein nur noch verschwommen des genauen Ablaufs erinnern konnte.
    Er schlich an die Gruft heran und versteckte sich. Dann zerknackte er einen morschen Zweig und raschelte hörbar mit den Schuhen im Laub. Sein Plan ging auf. Kaum hatten die beiden seine Anwesenheit bemerkt, nahmen sie Reißaus. Als er sicher sein konnte, dass niemand mehr in der Nähe war, verließ er sein Versteck und verschwand in der Gruft. Dort fand er alles genauso vor, wie er es sich erhofft hatte. Einer der Särge war aufgebrochen. Der Strahl seiner Taschenlampe fiel auf einen gespenstisch bleichen Leichnam. Alles, was er nun noch tun musste, war, dessen Herz herauszuschneiden. Alles Weitere gestaltete sich ganz nach seinen Vorstellungen. Zumindest bis zu dem Moment, an dem er den Drohbrief erhielt, der sich im Nachhinein jedoch sogar als Glücksfall erwies. Durch ihn konnte er seinen Kopf noch einmal aus der drohenden Schlinge, die sich langsam um seinen Hals zog, befreien.
    Es war an einem Freitagnachmittag, als er die Nachricht

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