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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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meiner Klinge an seiner eigenen Kehle spüren wird.
    »An diesem Abend im Red Phoenix, da gab es einen Zeugen«, sagt er. »Wer war es?«
    »Glauben Sie wirklich, dass ich Ihnen das sagen werde?«
    »Also war jemand dort.«
    »Jemand, der niemals vergessen wird.«
    Die Klinge bohrt sich tiefer in meinen Hals. »Sagen Sie mir den Namen.«
    »Sie werden mich so oder so umbringen. Warum sollte ich Ihnen den Namen verraten?«
    Eine lange Pause, dann nimmt er die Klinge von meinem Hals weg. »Machen wir einen Deal«, sagt er ruhig. »Sie sagen mir, wer der Zeuge ist. Und ich verrate Ihnen, was mit Ihrer Tochter passiert ist.«
    Ich versuche zu begreifen, was er gerade gesagt hat, doch da beginnt die Dunkelheit um mich herum plötzlich zu kreisen, und der Boden scheint sich unter meinen Füßen aufzulösen. Er bemerkt meine Verwirrung und lacht.
    »Sie hatten keine Ahnung, stimmt’s? Sie wussten nicht, dass es eigentlich nur um sie ging. Laura, so hieß sie doch, oder? Sie war ungefähr vierzehn. Ich erinnere mich noch an sie, weil sie die Erste war, die ich selbst aussuchen durfte. Hübsches kleines Ding. Lange schwarze Haare, schmale Hüften. Und so zutraulich. War überhaupt kein Problem, sie zu überreden, zu mir ins Auto zu steigen. Sie musste diese ganzen schweren Bücher und ihre Geige schleppen, und sie war dankbar, als ich ihr anbot, sie nach Hause zu fahren. Es war alles so kinderleicht, weil ich ja ein Freund war.«
    »Ich glaube Ihnen nicht.«
    »Warum sollte ich lügen?«
    »Dann sagen Sie mir, wo sie ist.«
    »Sagen Sie mir zuerst, wer der Zeuge ist. Sagen Sie mir, wer damals im Red Phoenix war. Dann verrate ich Ihnen, was mit Laura passiert ist.«
    Ich ringe immer noch mit dieser Enthüllung, versuche zu begreifen, woher dieser Mann weiß, was aus meiner Tochter geworden ist. Zwei Jahre bevor mein Mann bei der Schießerei ums Leben kam, ist sie verschwunden. Nie hätte ich gedacht, dass es zwischen den beiden Ereignissen eine Verbindung geben könnte. Ich hatte immer geglaubt, das Schicksal habe mir diesen doppelten Schlag versetzt; eine Strafe für irgendeine Grausamkeit, die ich in einem früheren Leben begangen habe.
    »Sie war so ein talentiertes Mädchen«, höre ich seine schmeichelnde Stimme. »Am ersten Probentag wusste ich schon, dass sie diejenige war, die ich wollte. Vivaldis Konzert für zwei Violinen. Wissen Sie noch, wie sie dieses Stück geübt hat?«
    Seine Worte sind wie eine Explosion, die Granatsplitter durch mein Herz jagt, denn jetzt weiß ich, dass er die Wahrheit sagt. Er hat meine Tochter spielen gehört. Er weiß, was mit ihr passiert ist.
    »Sagen Sie mir den Namen des Zeugen«, fordert er mich auf.
    »Ich sage Ihnen nur das eine«, erwidere ich ruhig. »Sie sind ein toter Mann.«
    Der Schlag trifft mich ohne Vorwarnung, so brutal, dass mein Kopf nach hinten fliegt und gegen die Wand kracht. Durch das Dröhnen in meinen Ohren hindurch höre ich ihn sprechen – Worte, von denen ich wünschte, ich hätte sie nie gehört.
    »Sie hat sieben oder acht Wochen durchgehalten. Länger als die anderen. Sie wirkte so zerbrechlich, aber mein lieber Mann, sie hatte Kraft. Überlegen Sie doch nur, Mrs. Fang. Zwei volle Monate lang, während die Polizei nach ihr suchte, war sie noch am Leben. Hat darum gebettelt, heim zu ihrer Mama zu dürfen.«
    Meine Selbstbeherrschung bricht zusammen. Ich kann die Tränen nicht aufhalten, kann die Schluchzer nicht unterdrücken, die meinen Körper durchschütteln. Sie klingen wie das Heulen eines gequälten Tiers, wild und fremdartig.
    »Ich kann Ihnen Ihren Seelenfrieden zurückgeben, Mrs. Fang«, sagt er. »Ich kann die Frage beantworten, die Sie all die Jahre gequält hat. Wo ist Laura?« Er beugt sich weiter herab. Obwohl ich sein Gesicht nicht sehen kann, wittere ich seinen scharfen Geruch, die Aggression, die er ausströmt. »Sagen Sie mir, was ich wissen will, und ich gebe Ihnen Ihren Frieden.«
    Es passiert, ehe ich überhaupt darüber nachdenken kann, eine instinktive Reaktion, die mich ebenso überrascht wie ihn. Er zuckt zurück und macht ein angewidertes Geräusch, als er sich meine Spucke aus dem Gesicht wischt. Ich rechne damit, dass ein zweiter Schlag folgen wird, und spanne mich in Erwartung der Schmerzen an.
    Doch er schlägt nicht zu. Stattdessen bückt er sich und hebt meinen Peilsender auf, den er zuvor auf den Boden geworfen hat. Er schwenkt ihn vor meinem Gesicht. »Eigentlich brauche ich Sie ja gar nicht«, sagt er. »Ich muss lediglich

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