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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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gelöst hatte. »Ich stehe«, sagte sie.
    »Gehen Sie zur hinteren Ecke. Dort ist die Tür.«
    Sie machte noch einen Hüpfer, schwankte und fing sich wieder. Sie konnte es schaffen. »Wenn wir uns befreit haben, müssen wir erst noch an ihm vorbeikommen«, sagte Jane. »Er hat meine Pistole.«
    »Ich brauche keine Waffe.«
    »Ach ja, ich vergaß. Ninjas können ja einfach durch die Luft fliegen.«
    »Sie wissen gar nichts über mich. Oder darüber, wozu ich fähig bin.«
    Jane machte wieder einen Satz und landete wie ein Känguru. »Dann sagen Sie es mir. Da wir ja höchstwahrscheinlich sowieso sterben werden. Sind Sie der Affenkönig?«
    »Der Affenkönig ist eine Märchenfigur.«
    »Er hinterlässt echte Haare. Er tötet mit einem echten Schwert. Also: Wer ist es?«
    »Jemand, den Sie auf Ihrer Seite wissen wollen, Detective.«
    »Zuerst will ich wissen, wer es ist.«
    »Er ist in Ihnen und in mir. Er ist in jedem Menschen, der an die Gerechtigkeit glaubt.«
    »Das ist keine Antwort.«
    »Es ist alles, was ich Ihnen sagen kann.«
    »Ich rede nicht von irgendwelchem Hokuspokus«, keuchte Jane und hüpfte noch ein Stück. »Ich rede von etwas Realem, etwas, das ich mit eigenen Augen gesehen habe. Etwas, das mir das Leben gerettet hat.« Sie hielt inne, um Atem zu holen. Und fuhr leise fort: »Ich will ihm – oder ihr – nur dafür danken. Also, wenn Sie wissen, wer es ist, könnten Sie das für mich ausrichten?«
    Iris antwortete ebenso leise: »Das weiß es schon.«
    Jane machte noch einen letzten Satz und schlug mit der Stirn gegen die Tür. »Ich bin da.«
    »Die Schlüssel hängen ungefähr auf Höhe Ihres Kopfs. Können Sie sie spüren?«
    Jane strich mit der Wange an der Wand entlang, bis sie plötzlich kaltes Metall an ihrer Haut spürte. »Hab sie gefunden!«
    »Lassen Sie sie nur ja nicht fallen.«
    Jane packte die Schlüssel mit den Zähnen und hob den Ring vom Haken an der Wand. Wir schaffen das. Wir werden sie besiegen.
    Das Knarren der aufgehenden Tür ließ sie erstarren. Dann flammte Licht auf – so grell, dass Jane sich geblendet an die Wand drückte.
    »Tja, das macht es allerdings komplizierter«, ertönte eine Stimme, die sie wiedererkannte. Blinzelnd schlug sie die Augen auf und sah Mark Mallory neben Patrick stehen. Sie waren von Anfang an zu zweit, dachte sie. Haben zusammen gejagt. Zusammen getötet. Und das Bindeglied zwischen diesen beiden Männern war Charlotte. Die arme Charlotte, die mit jedem ihrer Hobbys, jeder ihrer Aktivitäten den Jägern neue Beute zugeführt hatte. So war aus harmlosen Anlässen wie einem Tennisturnier oder einer Orchestervorführung eine Gelegenheit für die Mörder geworden, neue Gesichter zu entdecken, neue Opfer auszuwählen.
    Mark ergriff den Schlüsselring und riss ihn Jane aus dem Mund. Er versetzte ihr einen Stoß, sodass sie rücklings auf den Boden fiel. »Weiß irgendjemand, dass sie hier ist?«
    »Davon müssen wir ausgehen«, sagte Patrick. »Deswegen müssen wir ihren Wagen beseitigen. Wir hätten das schon vor Stunden machen sollen, wenn du nur eher zurückgekommen wärst.«
    »Ich wollte sehen, ob jemand auftaucht.«
    »Niemand ist sie suchen gekommen?«
    »Vielleicht ist der Peilsender kaputt.« Er sah zu Iris. »Oder es interessiert sich einfach niemand für sie. Ich habe vier Stunden gewartet, und keine Menschenseele ist erschienen.«
    »Tja, aber die da werden sie mit Sicherheit suchen«, meinte Patrick und sah auf Jane herab.
    »Wo ist ihr Handy?«
    Patrick reichte es Mark. »Was wirst du tun?«
    »Wie es aussieht, ging die letzte SMS an ihren Mann.« Er begann, eine neue Nachricht in Janes Handy zu tippen. »Erzählen wir ihm, dass sie nach Dorchester gefahren ist und noch nicht so bald heimkommen wird.«
    »Und dann?«
    »Es muss wie ein Unfall aussehen. Oder wie ein Selbstmord.« Er sah Patrick an. »Das hast du doch schon mal hinbekommen.«
    Patrick nickte. »Ihre Waffe ist oben im Esszimmer.«
    »Mein Mann wird das durchschauen«, sagte Jane. »Er weiß, dass ich mich niemals umbringen würde.«
    »Das sagen die Ehegatten immer. Und die Polizei glaubt ihnen nie. Oder, Detective?«, meinte Mark und grinste.
    Wäre sie nicht an Händen und Füßen gefesselt gewesen, dann wäre sie jetzt aufgesprungen und hätte auf ihn eingeprügelt, hätte ihre Fäuste in dieses makellose Gebiss gerammt. Aber obwohl die rasende Wut ihre Kräfte zu verdoppeln schien, gelang es ihr nicht, sich loszureißen, und so konnte sie nur hilflos zusehen, wie er die

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