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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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sie zuckte erschrocken zurück. Es war eine Tischsäge. Sie wich ihr aus und rückte im Dunkeln ein paar Schritte weiter vor, bis sie auf ein weiteres Hindernis stieß, das sich als eine Ständerbohrmaschine entpuppte. Sie befand sich in Patricks Schreinerwerkstatt. Da stand sie inmitten von Werkzeugen und Maschinen, sah vor ihrem inneren Auge Sägeblätter und Bohrer und fragte sich, ob Mahagoni und Ahorn das Einzige war, was mit diesen Geräten bearbeitet worden war.
    Von neuer Panik erfasst, fuchtelte sie in der Dunkelheit herum, auf der Suche nach einem Ausgang. Sie stieß gegen eine Wand und folgte ihr bis zur Ecke.
    Wieder Schüsse – vier hintereinander. Raus hier, raus!
    Endlich erreichte sie die Tür und beeilte sich, hindurchzuschlüpfen, nur um dahinter eine weitere Treppe zu finden, die nach oben führte. Wie tief unter der Erde lag dieses Kellerverlies?
    Auf jeden Fall so tief, dass niemand meine Schreie gehört hätte.
    Oben angekommen, öffnete sie eine weitere Tür und fand sich in einem mit Teppich ausgelegten Flur. Hier konnte sie schon schemenhafte Umrisse im Halbdunkel ausmachen und ein Geländer zu ihrer Rechten. Sie strich mit der Hand an einer Wand entlang, während sie langsam weiter vorrückte. Sie hatte keine Ahnung, ob sie sich zur Vorder- oder zur Rückseite des Hauses bewegte – sie wollte nur eines: einen Weg nach draußen finden.
    Da hörte sie im Stockwerk über ihr knarrende Schritte. Schon kamen sie die Treppe herunter.
    In Panik schlüpfte sie durch die erste Tür zu ihrer Linken, in ein Zimmer, wo Mondlicht auf einem Schreibtisch und Bücherregalen schimmerte. Ein Büro.
    Die Schritte waren im Erdgeschoss angekommen.
    Sie stürzte sich ins Zimmer, suchte im Halbdunkel nach einem Versteck und hörte Glasscherben unter ihren Sohlen knirschen. Plötzlich blieb ihr Fuß an einem Hindernis hängen, und sie fiel der Länge nach hin. Gerade noch konnte sie einen Arm ausstrecken, um den Sturz abzufangen, und glitschte mit der Hand durch etwas Warmes, Klebriges. Im Schein des Mondes starrte sie die dunkle Gestalt an, die direkt neben ihr am Boden lag. Eine Leiche.
    Patrick Dion.
    Entsetzt wich sie zurück und robbte rückwärts. Ihre Hand stieß gegen etwas Schweres, das sich am Boden drehte. Eine Pistole. Sie packte sie, und als ihre Finger sich um den Griff schlossen, wusste sie sofort, dass es ihre eigene Waffe war. Die Pistole, die Patrick ihr abgenommen hatte. Mein alter Freund.
    Hinter ihr knarrten Schritte – und verharrten.
    Das Mondlicht, das durchs Fenster fiel, nagelte sie auf der Stelle fest wie ein Suchscheinwerfer. Jane blickte auf und sah Marks Silhouette vor sich aufragen.
    »Ich war nie hier«, sagte er. »Wenn die Polizei kommt und mich vernimmt, werde ich sagen, dass ich die ganze Zeit zu Hause im Bett gelegen habe. Es war Patrick, der all die Mädchen ermordet und in seinem Garten verscharrt hat. Und auch Sie hat er getötet. Bevor er sich selbst die Kugel gab.«
    Ihre Hand, die sie hinter dem Rücken verborgen hatte, packte die Waffe fester. Doch Mark hatte seine Pistole bereits auf sie gerichtet. Er würde ihr zuvorkommen, und ihr würde keine Zeit bleiben zu zielen. Sie könnte allenfalls noch abdrücken, und es wäre die letzte Kugel, die sie in ihrem Leben abfeuerte. Noch während sie die Waffe hob, wusste sie, dass sie zu langsam war, dass es zu spät war.
    Doch in diesem Moment schnappte Mark erschrocken nach Luft und drehte sich von ihr weg. Irgendetwas lenkte seine Aufmerksamkeit ab, und er schwenkte die Hand mit der Waffe herum.
    Jane riss ihre Pistole hoch und feuerte. Dreimal, viermal. Ihre Reflexe übernahmen die Kontrolle. Die Kugeln schlugen in seinen Rumpf ein, und Mark taumelte rückwärts, brach über einem Beistelltisch zusammen, der unter seinem Gewicht barst.
    Janes Puls rauschte in ihren Ohren, als sie aufsprang und sich über den Gefallenen stellte, ihre Waffe schussbereit auf ihn gerichtet, sollte er auf wundersame Weise wieder zum Leben erwachen. Er rührte sich nicht.
    Doch in der Dunkelheit regte sich etwas.
    Es war nur ein Lufthauch, lautlos wie die Nacht. Ein Flattern, schwarz auf schwarz, am Rand ihres Gesichtsfelds. Langsam drehte sie sich um zu der Gestalt, die dort stand, in Dunkelheit gehüllt. Obwohl Jane eine Waffe in der Hand hielt, obwohl sie die Gelegenheit dazu hatte, feuerte sie nicht. Sie starrte nur in dieses Gesicht, das von silberfarbenem Fell gesäumt war. Sah scharfe Zähne im Mondlicht aufblitzen.
    »Wer bist du?«,

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