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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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dich eigentlich in letzter Zeit mal genau angeschaut? Du siehst ein bisschen müde aus. Bekommst du nicht genug Schlaf? Pass nur auf, sonst magerst du noch bis auf die Knochen ab.«
    Wieder Gelächter. Ich machte die Tür auf, stieg aus dem Van und stolperte aufs Haus zu.
    »Und obwohl du diesmal wie ein braves Mädchen deine Türen abgesperrt hast, muss ich dir sagen, dass mich Schlösser nicht aufhalten. Ich habe etwas leicht Verderbliches für dich im Van hinterlegt.«
    Ich wandte mich zum Van zurück und schrie nach Frank.
    »Ich glaube, Ben Sheridan wird es gefallen«, fuhr Parrish fort. »Richte ihm aus, dass es mir sehr gefallen hat. Und sag ihm, dass ich dich demnächst seinem Zugriff entziehen werde.«
    Ein Klicken ertönte. Nach einer kurzen Pause sagte die angenehme Stimme des Voice-Mail-Service: ›Um diese Nachricht zu wiederholen, drücken Sie die Eins. Um diese Nachricht zu löschen, drücken Sie die Zwei. Um diese Nachricht zu speichern …‹
    Doch ich konnte keine angenehmen Stimmen mehr hören. Ich schleuderte das Telefon auf den Rasen, als hätte ich auf einmal gemerkt, dass ich eine Schlange in der Hand hielt. Hektisch zog ich die seitliche Schiebetür des Vans auf.
    Frank kam mit Deke und Dunk aus dem Haus gelaufen. »Irene?«, fragte er aufgeregt. »Was ist denn los?«
    Ich zeigte auf das Telefon, während ich in den Wagen kroch und zusah, wie er hinging und es aufhob.
    »Irene, nein!«, rief er, als ich den Kühlschrank öffnete.
    Zu spät.
    In dem winzigen, aquamarinblauen Raum ging eine kleine Lampe an.
    Ein menschlicher Schädel starrte mir entgegen.
     

50
     
    SAMSTAG, 23. SEPTEMBER, 2 UHR 45 MORGENS
    Las Piernas
     
    Ich habe es versucht, aber nicht einmal jetzt kann ich mich deutlich daran erinnern, was in den ersten paar Minuten, nachdem ich ihn sah, passiert ist. Ich erinnere mich dunkel, dass Frank mich irgendwann fest an den Schultern packte und mich anschrie, voller Wut in seiner Sorge um meine Sicherheit, seinem Grauen davor, in welche Falle ich hätte tappen können, indem ich so gedankenlos auf Parrishs Provokation reagierte.
    Er hatte natürlich Recht – ich hätte den Kühlschrank nie anrühren dürfen.
    Frank sagt, ich hätte auf sein Schimpfen nur damit reagiert, dass ich gelassen erklärte: »Ich dachte, er hätte ihr nur Finger und Zehen abgetrennt. Ich wusste nicht, dass sie geköpft worden ist.«
    »Er hat sie nicht geköpft! Daher wissen wir ja auch ihre Haar- und Augenfarbe!«
    Da ich auf einmal nicht mehr stehen konnte, setzte ich mich auf die Stufen zur Veranda.
    Frank schloss die Tür des Vans und setzte sich neben mich. Einen Arm um mich gelegt, rief er die Polizei. Cody, mein Kater, kam heraus und setzte sich auf meinen Schoß. Deke und Dunk lagen über unseren Füßen.
     
    In gewissem Maße weckte mich das Eintreffen von Fahndern und Spurensicherung aus meinem Kokon der Betäubung, so dass ich mich, als sie gingen, wieder mehr wie ich selbst fühlte. Ich hatte ihnen alles gesagt, was ich wusste – dass Parrish vermutlich meine Nummer bei der Arbeit gewählt hatte und der Anruf weitergeleitet worden war; dass der Van abgesperrt gewesen war; und ja, dass es auf dem Parkplatz des Express Überwachungskameras gab, die aber notorisch unzureichend waren.
    Die Polizisten erkundigten sich bei der Zeitung und erfuhren, dass Leonard vor drei Wochen pflichtgemäß gemeldet hatte, dass die Kamera, die den Parkplatz überwachte, mutwillig zerstört worden war. Wrigleys Reaktion hatte darin bestanden, ein größeres Schild aufzustellen, auf dem stand: PARKEN AUF EIGENE GEFAHR. DER EIGENTÜMER DES PARKPLATZES ÜBERNIMMT KEINE VERANTWORTUNG FÜR VERLUST ODER SCHÄDEN AN FAHRZEUGEN ODER DEREN INHALT.
     
    Am nächsten Morgen – im Grunde am selben Morgen, aber nachdem wir geschlafen hatten – ertappten wir uns alle beide dabei, dass wir ein bisschen verlegen waren: Frank, weil er die Beherrschung, und ich, weil ich die Nerven verloren hatte. Dennoch bewegten wir uns nie weit voneinander weg und ließen uns auch kaum mehr als ein paar Momente aus den Augen. Als ich mich langsam sicherer fühlte, als es um drei Uhr morgens der Fall gewesen war, begann ich mich zu entspannen. Wir fingen ein Gespräch an, und gegen Ende des Tages kehrte so etwas wie Ausgeglichenheit zurück.
    »Wenn doch nur Rachel hier wäre«, meinte Frank am Samstag Abend.
    Er sehnte sich nicht etwa nach einer anderen Frau, sondern er wollte einen Bodyguard engagieren. Die Frau seines Partners ist eine

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