Grabesstille
Sie das getan?«, fragte ich.
»Ich wollte mich entschuldigen.«
Mich packte es zuerst. Ich fing an zu lachen. Er fing an zu lachen. Ich wäre fast vom Wannenrand gefallen.
Es klingelte an der Tür. Ich ging hin, um aufzumachen, während ich mir die Lachtränen vom Gesicht wischte. Es war einer der Streifenpolizisten.
»Mrs. Harriman?«, fragte er, blickte über meine Schulter und dann wieder zu mir. »Wir haben ein lautes Geräusch gehört – und die Hunde. Ist alles in Ordnung?«
»O ja«, erwiderte ich und versuchte, die Beherrschung zu wahren.
Der Polizist sah mich argwöhnisch an.
»Ich habe den Lärm gemacht«, erklärte Ben verlegen. »Ich habe eine Tür aufgebrochen.«
»Ich habe mich im Badezimmer eingeschlossen und kam nicht mehr raus«, fügte ich rasch hinzu. »Dr. Sheridan war so freundlich, mich zu retten.«
»Oh«, sagte der Polizist und verließ uns nach einem flüchtigen Blick auf Ben wieder.
Wir hatten gerade die Holzsplitter aufgekehrt und braunes Packpapier über das Loch in der Badezimmertür geklebt, als ich sah, wie er zusammenzuckte und sich den Schenkel rieb.
»Ben, ruhen Sie sich doch ein Weilchen aus.«
Ich rechnete schon halb mit einer Auseinandersetzung, doch er ging zum Sofa. Als ich das Wohnzimmer betrat, war sämtliche Farbe aus seinem Gesicht gewichen.
»Ich glaube, ich habe es gestern übertrieben«, sagte er. »In letzter Zeit habe ich gemerkt, dass das die einzige Gelegenheit ist, bei der mich der Phantomschmerz wirklich quält.«
»Sie haben versucht, mit Bingles Such- und Bergungstrupp mitzuhalten?«, fragte ich.
Er nickte. »Mir hätte nichts gefehlt, glaube ich, aber gerade als ich heimgekommen bin, haben sie mich angerufen, um mir von dem Schädel zu berichten, also bin ich auch noch ins Labor gefahren. Ich war zu lange auf den Beinen.«
»Und warum behalten Sie Ihre Prothese an? Nehmen Sie sie doch ab.«
»Dann bin ich ja ein toller Schutz für Sie.«
»Sie haben Recht – außerdem ist es viel unterhaltsamer zu sehen, wie Sie sich vor Schmerzen krümmen.«
Er schmunzelte ein wenig. »Neuer Stoff für Ihr Schrecklicher-Ben-Tagebuch.«
»Die Badezimmertür wäre wahrscheinlich noch ganz, wenn Sie einfach zugegeben hätten, dass die Schmerzen Sie missmutig machen. Geben Sie mir Ihre Autoschlüssel, dann hole ich Ihren Stuhl aus dem Kofferraum.«
»Haben Sie die beiden Ersatzkrücken noch hier?«
»Ja.«
»Dann nehme ich einfach die«, sagte er und fasste nach unten, um den Auslöseknopf an seiner Prothese zu drücken.
Bens Montur bestand aus zwei Hauptstücken: der Fassung, die über dem Ende seines Beins saß, und dem Flex-Foot selbst. Ein Einsatz zwischen seiner Haut und der Fassung hielt die Fassung durch Saugkraft fest. Ein langer Metallstab ging vom unteren Ende der Fassung aus und fügte sich in ein Schnappschloss, das wiederum am Flex-Foot angebracht war. Indem er den Knopf an dem Schloss drückte, entfernte er alles außer Fassung und Einsatz. Diese beiden Teile ließen sich nicht abschnallen, sondern mussten langsam abgezogen werden. Während er sich daran zu schaffen machte, holte ich die Krücken.
Nachdem ich ihm einen Eisbeutel gebracht hatte, ließ ich die Hunde herein und gab ihnen Futter.
Frank kam nach Hause, schaute drein, als würde ihn irgendetwas ungemein erheitern, und begrüßte mich mit der Bemerkung, dass das ganze Polizeirevier darüber tratschte, wie seine Frau die zu ihrer Bewachung abgestellten Polizisten aufgeschreckt hatte, weil sie im Badezimmer festsaß. Ben sah derart betreten drein, dass ich beschloss, Frank die ganze Geschichte erst zu erzählen, wenn wir allein waren.
Wir luden Jack und Ben ein, mit uns zu Abend zu essen. Hinterher überließen wir Ben wieder das Sofa, und er versuchte es noch einmal mit dem Eisbeutel.
Wir saßen in freundschaftlichem Schweigen da. Cody lag auf meinem Schoß, Deke und Dunk trotteten zwischen Frank und Jack hin und her, und Bingle weigerte sich, einen von ihnen in Bens Nähe zu lassen. Ben hatte die Augen geschlossen und streichelte Bingles Ohren. »Erzählen Sie mir den Rest von Parzival«, bat er.
»Jack könnte es besser erzählen«, sagte ich.
»Nein, erzähl du«, forderte Jack mich auf. »Du hast es erst kürzlich gelesen.«
Und so erzählte ich, wie Parzival zur Gralsburg zog und merkte, dass den Burgherrn irgendein Leiden plagte; da er aber von seinem Mentor davor gewarnt worden war, sich allzu neugierig zu zeigen oder anderen zu viele Fragen zu stellen, erkundigte
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