Grabesstille
sich Parzival nicht nach der Gesundheit des Burgherrn.
Ich beschrieb das Große Fest in der Halle der Gralsburg, während dem der Heilige Gral selbst herbeigebracht wurde. Parzival fiel auf, dass ihn sämtliche Schlossbewohner erwartungsvoll ansahen, und er war voller Neugier gegenüber allem, was er gesehen hatte, doch eingedenk der Ermahnungen seines Mentors stellte er keine Fragen.
Nach einer Nacht voller beunruhigender Träume wachte er am nächsten Tag auf und stellte fest, dass er alleine war. Da er es unhöflich von seinen Gastgebern fand, ihn einfach so sitzen zu lassen, ohne auch nur einen Bediensteten, der ihm beim Ankleiden geholfen hätte, zog er sich an und trat in den Schlosshof, wo sein Pferd gesattelt stand. Schwert und Lanze lagen daneben. Erzürnt bestieg er es und ritt eilig zur Zugbrücke. Doch als er an deren Ende angelangt war, zog jemand an ihrem Seil, sodass Parzival fast in den Graben gefallen wäre. Er blickte sich um und sah einen Pagen, der ihn verfluchte und einen Narren nannte. »Warum hast du die Frage nicht gestellt?«, schimpfte der Junge und schwenkte seine Faust nach dem Ritter.
»Welche Frage?«, wollte Parzival wissen.
Doch der Junge schloss lediglich das eiserne Fallgitter und ließ Parzival keine andere Wahl, als sich vom Schloss zu entfernen.
»Wie lautete denn die Frage?«, wollte Ben wissen.
»Parzival muss noch einiges durchmachen, um zu ergründen, was er hätte fragen sollen«, erwiderte ich. »Aber im Grunde war schon lange vorherbestimmt, dass es nur einem einzigen Menschen gestattet sein sollte, je die verzauberte Gralsburg zu finden, und zwar einem Ritter, der das Leiden des Burgherrn beenden würde, indem er ihm lediglich eine Frage stellt: ›Was fehlt Euch?‹ Und so verpasste Parzival seine große Chance.«
»Bekommt er noch eine?«, fragte Frank.
»Ja, aber es ist nicht leicht. Parzival schämt sich entsetzlich, und er verliert jeglichen Glauben an sich selbst und an Gott. Schließlich findet er ihn wieder, und er trifft auch den Burgherrn noch einmal. Endlich fragt er: ›Was fehlt Euch?‹ Der König ist geheilt, und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.«
»Gott sei Dank ist Travis nicht da«, sagte Jack fast ärgerlich.
»Warum?«
»Es wäre mir überhaupt nicht recht, wenn das der Eindruck wäre, den er von dieser Geschichte bekommt! Du hast die wichtigsten Teile ausgelassen!«, knurrte er.
Ben gähnte. »Schimpfen Sie sie nicht. Mir hat’s gefallen. Und sie hat durchaus meine Lust darauf geweckt, das Buch selbst einmal zu lesen. Danke, Irene.«
Jack sagte gute Nacht, und Ben und Bingle fuhren nach Hause. Frank und ich blieben noch ein bisschen auf, redeten und schwiegen und waren mit beidem mehr als zufrieden und verschwendeten kaum einen Gedanken an mittelalterliche Versdichtung.
Er schlief vor mir ein, und ich dachte daran, dass am nächsten Tag Montag wäre und er wieder frühmorgens weg müsste. Ich beschloss, erneut zu versuchen, Phil Newly und Jim Houghton zu erreichen.
Pläne hin oder her – es wäre trotzdem ein Montag. Leise begann ich den Song zu summen, den ich in Gillians Wohnung gehört hatte: »I Don’t Like Mondays«.
Dieser Montag sollte für mich einer der schlimmsten überhaupt werden.
51
MONTAG NACHMITTAG, 25. SEPTEMBER
Las Piernas
Die Motte wusste über den Hund Bescheid. Aufgrund seiner Arbeit war der Hund darauf trainiert, freundlich zu sein. Und obwohl man ihn angewiesen hatte, das Haus zu bewachen, hatte die Motte sich sowohl mit dem Hund als auch mit Ben Sheridans Terminplan vertraut machen können.
Sheridan hatte seine Arbeit am College reduziert. Er gab zwar die gewohnte Anzahl an Kursen, doch er erlaubte seiner Doktorandin Ellen Raice, mehr von seinen Aufgaben zu übernehmen. Ms. Raice war in Bezug auf Ben Sheridans Stundenplan sehr zuvorkommend gewesen.
Wenn man wusste, wann der Professor auf dem Campus war, konnte man sich leicht ausrechnen, wann man vorbeikommen musste, um mit dem Hund zu sprechen. Der Hund fühlte sich einsam, wenn sein Herrchen weg war, und so freute er sich über die Besuche und wedelte mit dem Schwanz, sobald die Motte kam.
Und so war es weiß Gott nicht verwunderlich, dass der Hund nicht gebellt hatte, als die Motte noch einmal in die Garage einbrach. Dr. Sheridan hatte zwar ein anderes Schloss an der Hintertür angebracht, aber keines, das einen daran hinderte, die Tür aufzubrechen.
Die Motte ging ins Haus und durchsuchte es noch einmal
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