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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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zu sein, der stattdessen aber der – wie formuliert er es? – ›der Stammvater all meines Kummers‹ ist.«
    »Warum lässt ein Gott so viel Schreckliches geschehen?«, fragte sie.
    »Genau. Oder jemanden mit guten Absichten so viel Unheil auslösen.«
    »Wie fühlt sich Parzival in der Geschichte, als er auf der Suche nach dem Heiligen Gral davonreitet?«
    »Wütend.«
    »Hmm.«
    Ich verzichtete auf ein erneutes Echo.
    »Helfen Sie mir auf die Sprünge«, verlangte sie. »Was muss er tun, bevor er die Gralsburg wieder finden kann?«
    »Seinen Glauben zurückgewinnen.«
    »Ist das alles?«
    »Nein, es steckt noch mehr dahinter«, sagte ich und bemühte mich, nicht die Geduld zu verlieren. »Es ist eine Geschichte über Mitgefühl, aber nicht nur gegenüber anderen. Das wollte ich ja vorhin zu Ihnen sagen – als ich das Gespräch mit Ben heute Morgen erwähnt habe. Parzival muss auch Mitgefühl mit sich selbst haben. Er muss sich verzeihen.«
    »Oh«, sagte sie.
    Ich schwieg.
    »Dann denken Sie mal weiter darüber nach. Und wie ging’s, abgesehen von der grässlichen Schicht, mit der Rückkehr in die Arbeit?«
    Ich berichtete ihr von der Unterstützung durch meine Freunde, den Besuchen von Travis und Stinger und von Leonard und dem Café Kelly.
    »Und seit dem Problem mit dem Van –«
    »Sie meinen die Finger und die Zehen und den Schädel?«, fragte ich gnadenlos.
    »Gab es weitere Berührungspunkte? Andere Gelegenheiten, wo Sie ihn gesehen haben?«
    Ich zögerte nur kurz, bevor ich ihr alles anvertraute. »Ach, und fast hätte ich die Geschichte mit der Unterhose vergessen.«
    »Die Geschichte mit der Unterhose?«
    Und so erzählte ich ihr, was an diesem Tag in der Arbeit geschehen war.
    »Sie haben den Artikel geschrieben, aber nicht eingereicht?«, fragte sie.
    »Genau.«
    »Sie waren wütend, als Parrish dieses Päckchen geschickt hat?«
    »Ja.«
    »Aber Sie haben gegen den Impuls angekämpft, es ihm heimzuzahlen, obwohl er fast unbezwingbar gewesen sein muss.«
    »Als ich mir die möglichen Folgen überlegte, schien es mir die Sache nicht wert zu sein.«
    »Wissen Sie noch, was Sie zu mir gesagt haben, als Sie das erste Mal herkamen? Dass Sie das Gefühl haben, die Kontrolle verloren zu haben?«
    »Ja. Das Gefühl habe ich mittlerweile nicht mehr besonders oft«, räumte ich ein und fügte dann hinzu: »Heißt das, dass ich fertig bin?«
    Sie lachte. »Denken Sie weiter über Parzival nach, dann schauen wir mal, was wir mit Ihrem dringenden Wunsch, mich nie wieder zu sehen, anfangen können.«
     
    Frank aß mit uns zu Abend und verkniff es sich, mit mir wegen der Arbeit zu streiten. Doch mitten beim Essen bekam er einen Anruf. Als er vom Telefon zurückkam, lächelte er mich an und berichtete, dass jemand um drei Uhr morgens ein Auto neben der Eishalle hatte parken sehen und es beschreiben konnte. Es passte zur Beschreibung eines Wagens, den ein Nachbar von Phil Newly zu unterschiedlichen Tageszeiten in Phil Newlys Garage und wieder heraus hatte fahren sehen.
    »Ein dunkelgrüner Honda Accord«, sagte er und legte mir eine Hand auf die Schulter, sodass er meine Erleichterung gespürt haben muss.
    »Wer hat den Wagen an der Eishalle gesehen?«, fragte ich.
    »Der Fahrer eines Lieferwagens vom Express «, antwortete er. »Er hat Zeitungen zu einem Stand in einem Café neben der Eishalle gebracht.«
    »Hat der Nachbar oder der Lastwagenfahrer den Fahrer des Wagens gesehen?«, wollte Ben wissen.
    »Nein, und es hat sich auch keiner von ihnen die Nummer notiert. Aber wir werden hier und in Ihrem Viertel herumfragen, ob vielleicht jemand in letzter Zeit das Auto bemerkt hat. Irgendwo muss jemand den Fahrer gesehen haben. Und das Beste ist, Pete meint, wir könnten bald einen Durchsuchungsbefehl für Newlys Haus bekommen.«
     
    Kurz darauf ging Frank, um sich mit Pete zu treffen – sie hatten einen weiteren Hinweis auf das Auto bekommen. Bevor er das Haus verließ, sagte er: »Ich bitte dich nicht, zu Hause zu bleiben. Vielleicht bist du dort sicherer als hier. Ich weiß es nicht. Ach, und hier – das habe ich dir mitgebracht.« Er reichte mir das Handy. »Die Batterie ist frisch aufgeladen. Lass es eingeschaltet, sowie du aus der Ausfahrt fährst, okay? Ein Streifenwagen folgt dir auf dem Weg in die Redaktion, aber Wrigley hat sich ziemlich dagegen gesperrt, uns aufs Gelände zu lassen. Trotzdem – arbeite nicht allein, ja? Sag Leonard, ich besorge ihm einen Platz an der Polizeischule, wenn er die gesamte

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