Grabesstille
naheliegenden Gründen ist die Fassung so konstruiert, dass sie nur abgeht, wenn ich sie abnehmen will. Was ich offen gestanden so bald wie möglich tun möchte.«
Ich reichte den Artikel ein, und wir gingen. Stinger blieb bei Jack, und Travis schlief auf unserer Couch. Ben bekam mit Bingle das Gästezimmer.
Frank und ich schliefen zuerst nicht viel, aber nicht aufgrund schlechter Träume. Uns trieb beide ein Drang, für den Dr. Robinson vermutlich einen wohlklingenden Namen wüsste, ein Syndrom oder irgendetwas, aber wir brauchten es nicht zu benennen. Angesichts des vollen Hauses mussten wir ein bisschen leiser sein als sonst, aber das war kein großes Problem – wir hatten bereits bei früheren Gelegenheiten die Erfahrung gemacht, dass Bingle dazu neigte, Alarm zu schlagen, wenn er hinter einer Schlafzimmertür bestimmte Geräusche hörte.
»Ob ihm das wohl ursprünglich den Namen Bocazo eingebracht hat?«, fragte ich nun Frank.
»Wer weiß?«, sagte Frank und konzentrierte sich auf andere Dinge.
Danach schliefen wir wunderbar.
Aber am nächsten Morgen erwachte ich mit einem unangenehmen Gedanken im Kopf, einem Verdacht, der mir zuwider war und von dem ich mich doch nicht befreien konnte, so sehr ich mich auch bemühte.
»Frank«, sagte ich schließlich, »ich muss dich um einen schrecklichen Gefallen bitten.«
60
MITTWOCH, 27. SEPTEMBER, SPÄTNACHMITTAG
Las Piernas
Das Personal vom St. Anne’s war mir zunächst argwöhnisch gegenübergestanden. Schließlich war ich diejenige, die ihren Patienten dorthin gebracht hatte. Aber sie hatten inzwischen seit Monaten Berichte über diesen Patienten gelesen und wussten, wer er war, sodass ich, als ich nach zwei Stunden noch nicht versucht hatte, ihn zu ersticken, Bemerkungen über meine erstaunliche Bereitschaft zu verzeihen zu hören bekam.
Ein Fehlurteil, wie es im Buche steht.
Ich hielt eine Ausgabe des Parzival in der Hand, las aber nicht darin. Ich dachte über eine Suche nach, die heute Morgen stattgefunden hatte.
Es hatte nicht so lange gedauert, Frank von meinen Ideen zu überzeugen, wie es gedauert hatte, mich selbst zu überzeugen. Während Frank ein paar Anrufe tätigte und Travis Frühstück machte, sah ich Videobänder durch, auf denen zu sehen war, wie Bingle und David mit ihrem Such- und Bergungstrupp arbeiteten. Ich fand, was ich suchte, und zeigte es Frank, was weitere Anrufe zur Folge hatte. Ich selbst erledigte auch einen.
Ben wachte auf und frühstückte mit uns. Ich fragte ihn, um wie viel Uhr er seine erste Veranstaltung abhalten musste.
»Ich habe einen Laborkurs um zwei, aber den könnte Ellen übernehmen, wenn Sie meine Hilfe brauchen. Was ist denn los?«
»Frank hat eine Meldung über ein Haus erhalten, in dem eine Leiche liegen könnte. Können Sie Bingle mitnehmen?«
»Ja, natürlich. Aber wir bräuchten mehr als einen Hund, um es zu bestätigen.«
»Können Sie Bools neuen Besitzer dazu bringen, dass er mitkommt?«
»Ich kann’s versuchen.«
»Wenn er dazu bereit ist, das ist die Adresse, wo Sie sich treffen.«
»Sie kommen nicht mit?«
»Nein, ich muss heute Morgen woandershin.«
Ich sah ihm an, dass er gern weitere Fragen gestellt hätte, aber er schien meine Stimmung zu spüren und hielt sich zurück. Er rief Ellen Raice und den Trainer des Bluthunds an. Der zweite Anruf dauerte eine Weile, und als er auflegte, schmunzelte er.
»Was?«, fragte ich.
»Er meinte, er hätte mich ohnehin anrufen wollen. Er glaubt, er hätte sich vorher womöglich getäuscht, und Bool würde ›diesen ungebärdigen Schäferhund‹ wohl doch vermissen. Er fragt sich, ob er ihn wirklich behalten soll.«
»Irgendetwas sagt mir, dass Sie Bool auch vermisst haben.«
»Allerdings«, bestätigte er. »In vieler Hinsicht ist er nur ein großer, dummer Hund, aber er ist sehr liebevoll. Und ein prima Spürhund. David hat immer gesagt: ›Wenn es etwas zu finden gibt, dann findet Bool es auch.‹ Der Trainer hat mir versprochen, mir beizubringen, wie man mit Bool arbeitet, wenn ich ihn wiederhaben will.«
Frank rief mich im Krankenhaus an, um mir zu berichten, dass die erste Suche mit den Hunden erfolgreich verlaufen war und sie vermutlich am Nachmittag eine gründlichere Suche vornehmen würden.
»Eines noch«, sagte er. »Sobald Ben die Hunde gemeinsam untergebracht hat, kommt er in der Klinik vorbei, um dich zu sprechen.«
»Ist er bestürzt?«
»Ja. Ich habe ihm gesagt, dass du ihm erzählen wirst, was los
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