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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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letzte Mal gesehen haben.«
    »Ja.«
    »Vor etwa vier Jahren?«, hakte ich nach.
    »Nein – ja. Ich meine, nein, es ist länger her.«
    »Seltsam. Jason meinte, Sie hätten ihn gesehen, als er aufgetaucht ist und Ihre Mutter belauert hat.«
    »Was?«
    »Sie wissen schon, an dem Abend, als Sie auf Jason aufgepasst haben und Parrishs Auto vor dem Haus stand.«
    »Das hat Jason gesagt? Sie dürfen nicht alles glauben, was ein Kind sagt.« Sie schüttelte den Kopf. »Es ist traurig.«
    Ich dachte, wie traurig es war, dass ich Jason nicht jedes Wort geglaubt hatte, das er über seine Schwester gesagt hatte, entgegnete jedoch: »Ach, warten Sie, jetzt fällt’s mir wieder ein: Er hat gesagt, da sei ein Auto gewesen, aber Sie seien hinausgegangen und hätten es nicht mehr vorgefunden.«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Nicht dass ich wüsste.«
    »Wissen Sie, ich wollte Sie sowieso noch mal sprechen«, sagte ich und ging zwischen ihr und der Tür hin und her. »Ich dachte, Sie könnten vielleicht Ben Sheridan mit seinem Hund helfen.«
    »Dem Mann, der sein Bein verloren hat, meinen Sie?«
    »Ach, kommen Sie, Gillian, Sie wissen mehr über ihn als nur das. Sie haben sich wegen Ihrer Mutter an ihn gewandt.«
    »Ja? Ich habe mich an so viele Leute gewandt. Ich kann mich nicht erinnern. Sie haben gemeint, ich soll ihm mit seinem Hund helfen?«, fragte sie beklommen. »Was für ein Hund denn?«
    »Oh, Sie kennen den Hund sehr gut. Bingle. Früher hat er David Niles gehört.«
    Sie sagte nichts.
    »Ich habe heute Morgen ein interessantes Video gesehen. Sie waren mit dem Such- und Bergungstrupp unterwegs, mit dem er gearbeitet hat, stimmt’s? Ich habe Sie auf den Bändern gesehen, wie Sie mit David geredet und gelernt haben, mit Bingle zu arbeiten.«
    »Ja«, bestätigte sie. »Ich dachte, wenn ich vielleicht lernen könnte, mit Leichenhunden zu arbeiten, könnte ich mich an der Suche nach meiner Mutter beteiligen.«
    »Ihr brennender Wunsch, sie zu finden, war ja so beflügelnd«, sagte ich und probierte es mit einem kleinen Bluff. »Sie haben sich mit forensischer Anthropologie und Leichenhunden beschäftigt und sogar mit Andy Stewart darüber gesprochen, wie ein Botaniker unmarkierte Grabstellen finden kann.«
    »Wie Sie schon gesagt haben – ich wollte sie finden.«
    »Mmmaah«, machte Parrish erneut.
    »Was glauben Sie, was er sagen will?«, fragte ich.
    Stumm schüttelte sie den Kopf, aber ihre blauen Augen waren weit und voller Angst.
    »Sie glauben, dass er in ein paar Tagen wieder sprechen kann«, log ich.
    »Ehrlich?«
    »Ja.« Noch ein größerer Bluff. »Erst vorhin war ein Neurologe hier, der gesagt hat, dass es ihm von Stunde zu Stunde besser geht. Deshalb warte ich ja hier. Ich muss ihm eine Frage stellen, wenn er wieder sprechen kann.«
    »Eine Frage?«, sagte Gillian.
    »Ja. Über etwas, das er zu mir gesagt hat, bevor er abgestürzt ist. Es geht mir schon den ganzen Morgen im Kopf herum, und ich kann es gar nicht erwarten, dass er sich erholt, damit ich ihn danach fragen kann.«
    »Was denn?«
    »Erinnern Sie sich an den Artikel, den Frank Ihnen gezeigt hat, als wir Sie in Ihrer Wohnung besucht haben?«
    »Ja.«
    »Das ist eine tolle Wohnung, da über der Garage. In der – in welcher Straße war es noch mal?«
    »Loma, Nähe Achte«, antwortete sie und starrte wieder Parrish an.
    »Ich glaube, Ben war heute Morgen dort in der Ecke – bei einer Suchübung mit Bingle. Jedenfalls, diese Geschichte mit der Unterhose –«
    »Die war ja so witzig«, sagte sie und kicherte ein bisschen.
    Parrish gab ein gurgelndes Geräusch von sich.
    »Erinnern Sie sich so gut daran?«, fragte ich nach.
    »Sicher. So lang war sie ja nicht.« Sie gab die Geschichte fast wortwörtlich wieder.
    »Erstaunlich. Wissen Sie, sie ist nie im Express erschienen.«
    »Nein?«
    »Nein. Deshalb war ich ja so erstaunt, als mir der gute Nick letzte Nacht etwas daraus zitiert hat. Wie hatte er wissen können, was in dieser Glosse stand, wenn er sie nie gelesen hat?«
    Endlich wandte Gillian den Blick von Parrish ab. »Es muss jemand anderer gewesen sein – dieser Anwalt, nach dem sie gesucht haben –«
    Ich schüttelte den Kopf. »Sie, Gillian. Sie.«
    »Das ist ja lächerlich«, erwiderte sie hastig. »Warum sollte ich irgendetwas mit Nick Parrish zu tun haben?«
    »Die Antwort darauf weiß ich nicht. Oder vielleicht doch. Vielleicht hätte ich auch in diesem Punkt auf Jason hören sollen. Dass Sie kalt sind. Dass Sie Ihre Mutter regelrecht

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