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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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diese kurze Schonfrist zu einer erneuten Sensibilität, aber was auch immer der Grund dafür war, sein Vorhandensein war schon bald unverkennbar.
    Nach einem schnellen Frühstück, das zu verspeisen ich mich trotz völliger Appetitlosigkeit zwang, weil ich wusste, dass ich die Energie für die Wanderung brauchen würde, machten wir uns auf den Weg. Ich versuchte mich mit der Aussicht aufzuheitern, dass ich nach Hause kommen, Frank wieder sehen und mit dieser traurigen Geschichte abschließen würde. Aber natürlich würde ich nicht mit ihr abschließen; die Sayres warteten auf mich, und mein Chefredakteur wollte eine Reportage haben.
    Als wir loswanderten, sah ich, dass Boden und Gras zwar feucht waren, aber noch nicht viel Schlamm entstanden war. Der Wind hatte sich beruhigt und war nun nicht mehr als eine starke Brise. J. C. führte die Gruppe an und versicherte uns, dass er uns jetzt auf wesentlich direkterem Weg zum Flugzeug zurückführen könne. Bob Thompson und die Wachen folgten mit Parrish, der in seine eigenen Gedanken vertieft zu sein schien. Ich hoffte, es waren niederschmetternde Visionen davon, wie er den Rest seines Lebens im Gefängnis verbrachte. Bingle ging mit mir, während David und Ben die erste Schicht mit der Trage übernahmen.
    Wir erreichten die Hügelkette zwischen den beiden Wiesen – nicht weit von der Stelle, wo der Kojotenbaum stand – und machten Rast, damit Andy und J. C. anschließend die Trage übernehmen konnten. Wir wollten nur ein paar Minuten stehen bleiben, doch geschahen hier, direkt nachdem David und Ben ihre Last vorsichtig abgelegt hatten, zwei Dinge, die den Verlauf unseres Marsches veränderten.
    Das Erste war, dass Nicholas Parrish zu Thompson sagte: »Ich finde, Sie hätten mehr Initiative zeigen sollen, Detective Thompson. Nur eine Leiche zu finden, wo Ihnen doch mein hübscher Baum sicher sagt, dass hier noch mehr zu finden sind.«
    Nach kurzem Schweigen fragte Thompson: »Machen Sie freiwillig weitere Angaben, Parrish?«
    »Muss ich denn noch mehr sagen? Nicht alle meine Werke sind so bezaubernd wie die liebe Julia – ich wäre wirklich froh, wenn Sie mich einen Blick auf sie werfen ließen. Ihr Duft ist so verführerisch!«
    »Kommt nicht in Frage«, sagte Thompson, überlegte kurz und fügte dann hinzu: »Wenn Sie mir die anderen Gräber zeigen, könnte ich vielleicht etwas arrangieren.«
    Parrish lachte. »Jetzt haben Sie Ihre forensischen Anthropologen aber dazu gebracht, die Stirn über Sie zu runzeln, Detective.«
    »Er will nur Zeit schinden«, schimpfte Duke.
    Thompson nickte. »Wir sprechen über Ihre anderen Opfer, wenn Sie wieder in Ihrer Zelle sitzen, Parrish.«
    »O nein«, erklärte er. »Jetzt oder nie.«
    Thompson begann auf und ab zu gehen.
    »Sie können doch zählen, oder?«, fragte Parrish. »Zählen Sie die Kojoten.«
    »Ein Dutzend. Ich weiß, ich weiß«, sagte Thompson, nach wie vor unentschlossen. »Wenn Sie gewusst haben, dass noch mehr hier liegen, warum haben Sie dann Ihren Anwalt abgeschüttelt? Sie wissen doch, dass wir alles, was Sie zu uns sagen, gegen Sie verwenden können.«
    »Er war langweilig. Genau wie Sie langsam langweilig werden. Ich zeige Ihnen ein anderes Grab, Detective Thompson«, sagte Parrish. »Aber wenn wir weiterwandern, bewegen wir uns weg davon. Wir wissen beide, dass man mir nicht gestatten wird, Sie auf eine zweite Expedition zu begleiten, also gilt, was ich schon gesagt habe: Jetzt oder nie!«
    »Es muss ein Trick sein«, warnte Manton. »Wenn da noch mehr Leichen wären, hätte er herausgeschlagen, was er konnte, solange sein Anwalt noch da war.«
    »Ms. Kelly«, sagte Parrish. »Können Sie verstehen, warum ich meine Lieben nicht zurücklassen möchte?«
    Ich glaubte die Antwort zu kennen und zu wissen, weshalb er mich als einzige Medienvertreterin fragte, die er momentan ansprechen konnte. Aber ich legte keinen Wert darauf, in diese Entscheidung einbezogen zu werden. Ich war nur als Beobachterin dabei. Und die Dinge, die ich beobachtet hatte – nachdem ich in Julia Sayres Grab geblickt hatte –, hatten mich darin bestärkt, dass ich Parrish in keiner Weise, Art oder Form helfen wollte. Die anderen sahen mich erwartungsvoll an.
    Es war Ben Sheridan, der ihm antwortete, fast genauso, wie ich es getan hätte. »Mr. Parrish ist stolz auf sein Werk. Er möchte nicht, dass es verborgen bleibt. Deshalb sind wir ja überhaupt hier heraufgekommen.«
    »Ja!«, bestätigte Parrish voller Inbrunst. »Sie erstaunen

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