Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grablichter - Almstädt, E: Grablichter

Grablichter - Almstädt, E: Grablichter

Titel: Grablichter - Almstädt, E: Grablichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
Vom Netzwerk:
vermasseln lassen, die nur zum Schlafen nach Kirchhagen kommen!«
    »Niemand will hier irgendetwas vermasseln. Wir wollen doch alle die Umgehungsstraße. Es geht nur um die Linienführung. Was nützt eine Straße, die den Verkehr von der Hauptstraße wegbringt und dann direkt an den anderen Häusern vorbeiführt? Da gibt es noch viel mehr Kinder«, mischte sich der Mann in der Lederjacke ein. Der andere nickte bekräftigend.
    »Ach ja, wo sind denn Ihre Kinder, Herr Körting? Wo ist Ihre Frau, häh?«
    »Ich fass’ es nicht«, murmelte Leo Körting und schüttelte den Kopf. »Heinrich, bekomme ich heute Abend noch ein Bier oder nicht? Wenn nicht, sag es lieber gleich, dann fahren wir noch woandershin!«
    »Immer mit der Ruhe. Hier wird jeder bedient«, sagte der Wirt und schlurfte mit zwei vollen Biergläsern zum Tisch.»Bauern, Soldaten, Versicherungsvertreter, Bestatter, Pastoren, Zuhälter und sogar die Polizei …« Der Wirt hatte während seiner Aufzählung die Stimme gesenkt, sein Ton aber war aufmüpfig.
    Körting warf einen Blick über seine Schulter. »Ja, und heute sogar Frauen …«, ergänzte er. »Ja, auf die Frauen. Prost, Heinrich!«
    »Ich glaube, das wird ein nettes Arbeiten hier«, sagte Pia zu ihren Kollegen, die den Wortwechsel interessiert verfolgt hatten.
    »Ich wusste, du stehst drauf«, antwortete Broders. »Das mit der Straße müssen wir uns noch mal im Detail zu Gemüte führen.«

4. Kapitel
    J an Dettendorf saß am Küchentisch und starrte durch das regen nasse Fenster nach draußen auf die Straße.
    Sein Frühstückstoast mit Brombeergelee war inzwischen kalt geworden, er hatte nur einmal abgebissen. Dafür hatte er schon drei Becher starken schwarzen Tee getrunken. Er hielt den warmen Steingut-Pott umklammert und versuchte, nicht schon wieder loszuheulen wie ein kleines Kind.
    Lisanne war tot. Als er heute Morgen aufgewacht war, hatte er im ersten Moment gedacht, die Ereignisse gestern wären nur ein Albtraum gewesen. Dann war sein Blick auf den Berg zerknüllter Papiertaschentücher neben seinem Bett, die halb leere Whiskyflasche und das Foto von Lisanne gefallen, das dagegenlehnte. Er hatte es gestern Abend noch von seiner Pinnwand genommen und bis kurz vor dem Einschlafen angestarrt. Sie war tatsächlich tot.
    Er hatte stechende Kopfschmerzen. Der Druck in seinem Schädel schien seine Augäpfel aus den Höhlen pressen zu wollen, und seine Nebenhöhlen fühlten sich an wie ausbetoniert.
    Lisanne war unwiderruflich tot. Gab es gestern einen Moment, an dem er »Halt!« hätte rufen können, und das alles wäre nie passiert? Lisanne wäre nicht zu ihrem Morgentraining aufgebrochen, sondern bei ihm im Bett geblieben. Er hatte diesen Moment verpasst, während sie … ein falscher Absprung, ein unglücklicher Sturz, der Tod.
    Sie war immer so energisch gewesen, mutig, voller Pläne. Und sie hatte sich nie um die Meinung ihrer Mitmenschen geschert.»Weil ich es will!«, hatte sie ihm immer geantwortet, wenn er mal wieder Bedenken geäußert hatte, kleinkariert, übervorsichtig oder miesepetrig. »Wann, wenn nicht jetzt?«, hatte sie herausfordernd gefragt, wenn er zu ängstlich, zu müde oder zu bequem gewesen war. Er trank einen Schluck Tee. Sie würde ihren Traum, eines Tages mit Absalom bei der Military zu starten, nicht mehr verwirklichen können. Sie würden auch keine Reise ans Nordkap mehr machen. Ja, er würde nicht einmal mehr erfahren, ob sie ihn eines Tages vielleicht doch noch geheiratet hätte.
    »Ich heirate nur, wenn ich schwanger bin«, hatte Lisanne ihm ein paar Mal lachend an den Kopf geworfen und dann ein wenig ernsthafter hinzugesetzt: »Und dagegen kann ich etwas tun.«
    Er erinnerte sich daran, wie er eines Morgens beim Bettenmachen ein komisches Ding zwischen den Laken entdeckt hatte. Im ersten Moment hatte er nicht verstanden, was das kleine Kupfergebilde darstellen sollte, das er da zwischen seinen großen Fingern hielt. Dann war ihm aufgegangen, dass es ihre Spirale war, und kurz darauf, welche Möglichkeiten sich unverhofft vor ihm auftaten … Lisanne Dettendorf , na ja, es klang nicht überzeugend, aber sie hätte ja ihren Namen behalten können. Er schluckte krampfhaft und stand abrupt auf. Die Pferde mussten versorgt werden, die konnten schließlich nichts dafür, was gestern passiert war. Und ausgerechnet heute sollte der Hufschmied kommen. Er hatte gestern nicht daran gedacht, ihm abzusagen, und hundert andere Kleinigkeiten warteten darauf, erledigt zu

Weitere Kostenlose Bücher