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Grablichter - Almstädt, E: Grablichter

Grablichter - Almstädt, E: Grablichter

Titel: Grablichter - Almstädt, E: Grablichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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werden.
    »Wenn du Kummer hast, arbeite!«, hatte seine Oma ihm stets geraten. So einfach ist das nicht, hatte er daraufhin immer gedacht. Aber da er sie niemals verzagt, verheult oder missmutig gesehen hatte, war wohl etwas dran an ihrem Rat.
    Er pfiff nach Roberta, zog in der Diele seine Gummistiefel und die alte Barbour -Jacke an und verließ das Haus. Er konnte gerade noch zur Seite springen, denn in diesem Moment bogen zwei Autos von der Hauptstraße auf den Hof ein und hielten vor Lisannes Häuschen an. Drei Männer und eine Frau stiegen aus. Er erkannte die Polizistin wieder, die gestern Abend schon einmal bei ihm gewesen war. Wie hieß sie noch gleich? Sie kam auf ihn zu und sprach ihn an:
    »Morgen, Herr Dettendorf. Sie erinnern sich sicher. Pia Korittki, Mordkommission Lübeck. Unsere Leute von der Kriminaltechnik müssen heute das Haus von Frau Olsen untersuchen. Gestern hatten sie es nur versiegelt.«
    »Moin«, antwortete Dettendorf bedächtig. »Brauchen Sie den Hausschlüssel? Sie war ja meine Mieterin.«
    »Das würde die Sache vereinfachen«, sagte Pia.
    »Ich nehme doch an, dass das seine Richtigkeit hat, die Durchsuchung und so?« Hoffentlich klang seine Stimme fest und nicht zu verheult. Er hatte plötzlich das Gefühl, Lisannes Privatsphäre schützen zu müssen, obwohl ihm die Frau, die im Nieselregen vor ihm stand, eigentlich sympathisch war. »Immerhin ist es ihr Haus … gewesen. Lisanne würde bestimmt nicht wollen …« Er geriet ins Stocken und sah die Kommissarin mit einer Mischung aus Ärger und Verzweiflung an.
    »Wir haben einen richterlichen Beschluss, wenn Sie das meinen. Unsere Leute tun dort nur ihre Arbeit. Ich bin mir sicher, dass Frau Olsen das befürworten würde.«
    Die Kommissarin hatte gut reden. Sie kannte Lisanne doch überhaupt nicht. »Ist das denn unbedingt notwendig? Es war doch nur ein Reitunfall«, wandte er trotzig ein.
    Sie zögerte einen Moment und sah kurz zu den Ställen hinüber. Er beobachtete die feinen Regentröpfchen, die in ihren hellen Augenbrauen hingen.
    »Ja. Es ist notwendig. Ich würde später gern noch einmal mit Ihnen sprechen. Sind Sie da?«
    Er hatte das Gefühl, dass jeder Einwand sinnlos wäre. Ihre Augen waren graublau und kühl, der Farbton erinnerte ihn an die Ostsee im Winter. »Okay«, sagte er gedehnt. »Sie finden mich dort in einem der Ställe oder in meinem Büro, je nachdem …« Er zog einen Schlüsselbund aus der Tasche und löste einen der Schlüssel ab. »Bitte.«
    Sie nahm den Schlüssel entgegen, produzierte ein, wie es ihm schien, aufmunterndes Lächeln, und bedankte sich knapp. Er sah ihr hinterher, wie sie zu den anderen hinüberging.
    Lisanne hätte es gehasst, das wusste er. Aber er fühlte sich nicht in der Lage, daran noch irgendetwas zu ändern. Der Aufwand, den die Polizei trieb, schien ihm überzogen zu sein, und zum ersten Mal beschlichen ihn Zweifel daran, dass Lisannes Tod wirklich ein Unfall gewesen war. Aber was sollte denn sonst passiert sein? Sie war mit Absalom gestürzt …
    Außerdem, wer hätte ein Interesse daran gehabt, ihr zu schaden? Oder hatte sie Feinde gehabt? Dettendorf musste an Lisannes Reifenpanne vor ein paar Tagen denken. Sie hatte nicht darüber sprechen wollen, aber trotzdem irgendwie besorgt ausgesehen … Vielleicht war sie mit ihrem Interesse an allem, was vor sich ging, und mit ihrer ständigen Einmischung einmal zu weit gegangen? Aber das gehörte schließlich zu ihrem Beruf. Als freie Journalistin konnte sie sich Zurückhaltung nicht leisten. Aber gab es denn irgendwelche Themen, die so brisant waren …? Er wollte lieber nicht darüber nachdenken. Die Polizei tat wahrscheinlich nur ihre Pflicht, wenn sie so viel wie möglich über Lisanne und ihr Leben in Erfahrung bringen wollte.
    Er riss sich von dem Anblick von Lisannes Häuschen los, in das die Polizisten inzwischen verschwunden waren, undmachte sich an die Arbeit. In einer halben Stunde sollte der Hufschmied kommen, es war noch genug zu tun.
     
    Wie immer, wenn sie Schutzkleidung mit Überschuhen und Handschuhen trug, fühlte Pia sich wie ein Besucher aus einer fremden Galaxie.
    Sie standen in einer kleinen Diele. Links führte eine steile Holztreppe ins obere Stockwerk, rechts stand eine alte Kiefernkommode zwischen zwei Türen, die in die Zimmer im Erdgeschoss führen mussten. Der Dielenboden war in mattem Weiß lackiert, vor der Haustür und der Kommode lagen Flickenteppiche. An einem Garderobenständer rechts neben der

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