Grablichter - Almstädt, E: Grablichter
hinaus.
»Mein Mann, Simon Burmeister. Der Tod von Lisanne hat ihn schwer getroffen. Er ist manchmal zu sensibel für seinen Beruf. Wenn die Leute jung sterben und er sie gut kannte, wie bei der Olsen. Ihr Onkel, ein gewisser Conrad Kruse, rief heute Morgen an, um die Beerdigung zu besprechen. Er wollte das Billigste vom Billigen für seine Nichte, einen Sarg aus Pappe. Daraufhin schlug Simon vor, dass wir uns mit Dettendorf in Verbindung setzen. Das riecht nach Ärger, fürchte ich. Aber damit werden wir auch noch fertig. Eine anständige Beerdigung muss die Olsen auf jeden Fall haben, schon um Jans willen, dafür sorge ich.« Sie lächelte selbstzufrieden.
Pia gefiel nicht, wie sie von der Verstorbenen sprach. Eben noch hatte sie fast Mitleid mit Marion Burmeister gehabt, denn Simon Burmeister wirkte mehr wie ein gebrechlicher älterer Verwandter als wie ihr Ehemann. Nun, wie sie mit stolz erhobenem Kinn und einstudiertem Lächeln vor ihr saß, war Pia unwohl in ihrer Gegenwart. »Wann haben Sie Lisanne Olsen zuletzt gesehen?«
»Am Montagabend. Auf der Gemeindeversammlung. Wir hatten jedoch keine Gelegenheit, miteinander zu sprechen. Als ich ging, stand sie mit Anke Loss zusammen, einer Freundin von ihr, die im Neubaugebiet wohnt. Lisanne und ich hatten uns allerdings schon am Nachmittag über die Neuigkeiten in Kirchhagen ausgetauscht. Sie war kurz hier und hat mich über die Tagesordnungspunkte befragt.«
»War das üblich vor so einer Versammlung?«
Marion Burmeister zögerte. »Eigentlich nicht, die Tagesordnungspunkte werden ja öffentlich ausgehängt. Aber sie war zu Fuß unterwegs und kam auf einen Sprung zum Klönen herein. Sie hat mir auch von ihrem Pferd erzählt, ihrem Trainingsplan und dass Dettendorf gerade eines seiner Fohlen nach Wilhelmshaven verkauft hat. Wir haben zusammen Tee getrunken, so wie Sie und ich jetzt.«
»Habt ihr inzwischen eine Spur von Lisanne Olsens Schwester?«, fragte Pia, als sie am späten Abend bei einer Einsatzbesprechung mit ihren Lübecker Kollegen zusammensaß.
»Nein, bisher nicht. Dabei wird sie aller Voraussicht nach die Haupterbin sein«, sagte Broders. »Ich habe mit dem Notar gesprochen. Nach dem Tod der Mutter, Rita Olsen, fiel das gesamte Vermögen, und es ist ein richtiges Vermögen, zu gleichen Teilen an ihre Töchter, Lisanne und Fabienne Olsen. Das Erbe war allerdings mit gewissen Auflagen verbunden. Die Töchter hatten bis zu ihrem 27. Lebensjahr nur die Möglichkeit, an die Zinsen ihres Erbteils zu kommen, nicht aber, die Papiere zu verkaufen. Der Notar wollte zuerst nicht so recht raus mit der Sprache, aber die unbekannte Schwester, Fabienne Olsen, scheint eine lange Drogenkarriere hinter sich zu haben. Dieses Testament war wohl eine Vorsichtsmaßnahme der Mutter, zu der der Notar ihr damals geraten hatte. Fabienne Olsen lebt seit ein paar Jahren in Frankreich, aber der Notar wusste nicht, wo genau. Sein letztes Schreiben an Fabienne Olsen kam mit »Empfänger unbekannt« zurück. Jetzt, nach dem Tod von Lisanne Olsen, fällt alles an sie, es sei denn, Lisanne Olsen hätte ein Testament gemacht, das etwas anderes vorsieht. Aber davon ist bisher nichts bekannt.«
»Wenn es tatsächlich kein neues Testament gibt, ist dieseSchwester die Nutznießerin von Lisanne Olsens Tod. Aber niemand weiß, wo sie sich aufhält …«, sagte Pia nachdenklich.
»Was sie aber nicht grundsätzlich vom Tatverdacht ausschließt«, stellte Broders fest.
»Hat der Onkel eine Chance auf das Erbe?«, fragte Gerlach, der sofort wieder den Geruch von Armut und sozialem Abstieg bei Conrad Kruse in der Nase hatte. Das beklemmende Gefühl musste er doch irgendwann einmal abschütteln. Es war lange her …
»Das habe ich auch gefragt. Wenn beide Nichten tot sind, wäre Rita Olsens Bruder der Nächste in der Erbfolge. Diese Möglichkeit hatten sie beim Aufsetzen des Testaments wohl nicht in Betracht gezogen«, erklärte Broders.
»Hmm. Entscheidend ist, dass wir Fabienne Olsen schnell ausfindig machen«, meldete sich Gabler zu Wort. Bisher hatte er mit konzentrierter Miene den Worten seiner Mitarbeiter gelauscht.
»Die Sache läuft. Ich habe mich bereits mit dem Auswärtigen Amt in Verbindung gesetzt«, sagte Broders.
»Ich glaube nicht, dass unsere Probleme gelöst sind, wenn wir sie gefunden haben«, sagte Pia nachdenklich. Ihre Erinnerung an das Gespräch im Hause Burmeister war noch frisch. Sie fasste kurz zusammen, was sie dort erfahren hatte. »Was ist mit anderen
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