Grablichter - Almstädt, E: Grablichter
wäre er jetzt …
»Die wollten dich fertigmachen«, sagte Reuter nüchtern. »Wer war das?«
»Halbstarke, Schlägertypen, irgendwelche Unruhestifter«, vermutete Dettendorf.
»In Kirchhagen?«
»Warum nicht? Haben wir einen Schlagbaum am Ortseingang stehen, der nur anständige Bürger durchlässt?«
»Ich mach mal bei Gelegenheit eine Eingabe bei unserer Frau Bürgermeisterin«, sagte Frank Reuter leichthin. Er stützte Dettendorf am Arm, während sie in Richtung Hauptstraße gingen.
»Was hast du hier gemacht?«
»Ich hab’ dich vorbeigehen sehen, als ich aus der Werkstatt kam, und wollte noch mit dir reden. Aber du hattest einen ziemlichen Schritt am Leibe. Ich wollte nicht durchs halbe Dorf brüllen … Und da ich ja wusste, wo du hin wolltest …«
Es klang ein bisschen dürftig, selbst für einen wundersamen Retter. »Worüber wolltest du denn mit mir reden?«
»Och, einfach so. Jetzt, wo Lisanne nicht mehr da ist, dachte ich, es könnte verdammt einsam sein in deiner Riesenhütte.«
Dettendorf war gerührt, dass Frank Reuter sich über ihnGedanken machte. Wieder meldete sich sein schlechtes Gewissen, dass er ihn seit seiner Rückkehr aus dem Kosovo gemieden hatte. Ein blöder Feigling, das war er gewesen. Er zog seinen Schlüssel aus der Hosentasche und öffnete die Haustür.
»Kommst du noch mit rein, Frank? Du hast recht. Es ist einsam.«
12. Kapitel
G erlach hatte Glück. Als er seinen Wagen in eine Parklücke vor Kruses Wohnblock quetschte, sah er gerade noch, wie Conrad Kruse aus der Haustür trat und mit eingezogenem Kopf die Straße hinuntereilte. Gerlach wollte unbedingt mit Ellen Landowsky sprechen, und wenn Kruse nicht dabei war, umso besser.
Es war ein nasskalter Vormittag. Die Tatsache, dass heute Sonntag war, ließ die Umgebung noch trostloser aussehen. Eine alte Frau stand reglos neben ihrem, wie es aussah, noch älteren Hund, der den verschmutzten Fußweg um einen weiteren Kothaufen bereicherte. Nachdem Kruses geduckte Gestalt nicht mehr zu sehen war, schälte sich Gerlach aus dem Auto und ging zur Haustür.
Ellen Landowsky öffnete ihm die Tür. Sie trug immer noch, oder schon wieder, ihren Bademantel. An den Füßen hatte sie breite Fellpantoffeln in der Form von Löwentatzen, in denen sie ihm voraus in das Wohnzimmer schlurfte. Es sah noch genauso aus wie bei seinem letzten Besuch, sogar der Fernseher lief. Auf einem Teleshopping-Kanal wurden gerade die Vorzüge eines neuen Reinigungsschwamms angepriesen. Ellen Landowsky stellte mit der Fernbedienung den Ton ab.
Gerlach kam ohne Umschweife auf den Grund seines Besuchs zu sprechen. Er wollte die Befragung von Ellen Landowsky beendet haben, bevor Conrad Kruse zurückkam.
»Ist Herr Kruse gar nicht da?« Vielleicht erfuhr er von ihr, wohin Kruse gegangen war.
»Nee.«
»Kommt er bald zurück?« Noch ein Versuch.
»Weiß nicht. Hat er mir nicht gesagt.« Ellen Landowksy ließ sich auf die Couch fallen. Eine Zigarette hing in ihrem Mundwinkel, der Qualm zog über ihr Gesicht. Sie sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an.
Gerlach setzte sich widerwillig in einen Sessel ihr gegenüber. »Kannten Sie eigentlich Fabienne Olsen, Conrad Kruses Nichte?«
»Nein. Woher denn? Er hat mir mal erzählt, dass er zwei Nichten hat, die Töchter seiner Schwester Rita. Er sagte immer, die eine is’n arrogantes Miststück und arbeitet für die Zeitung, die andere is’n Junkie. Ich wollt’ nichts mit solchem Gesocks zu tun haben. Hab’ die beiden nie nicht gesehen.«
»Hatte Ihr Lebensgefährte Kontakt zu seinen Nichten? Haben Sie telefoniert, sich mal besucht oder vielleicht geschrieben?«
»Nix, da war gar nix! Man hätte meinen können, der Connie ist ganz allein auf der Welt. Die wollten nichts von ihm wissen, seit er seinen Job verloren hat. Der einen war er wohl peinlich, die andere wusste, dass es bei ihm nichts zu holen gab.«
»Reizende Verwandtschaft«, sagte Gerlach. Er überlegte, wie er die abwehrende Haltung von Ellen Landowsky aufbrechen konnte, die mit verschränkten Armen und verschlossener Miene vor ihm saß. Wie sollte er ihr das Gefühl geben, er stünde auf ihrer Seite, auch wenn ihm diese Umgebung eine Gänsehaut über die Oberarme jagte? Er hatte lange gebraucht, etwas aus sich zu machen und seine Vergangenheit hinter sich zu lassen. Es fiel ihm schwer, so zu tun, als fühle er sich wohl hier, und sei es auch nur für die Dauer eines Gesprächs.
»Im Grunde ist Connie ’n armes Schwein«, sagte die Landowsky
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