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Grabmoosalm (German Edition)

Grabmoosalm (German Edition)

Titel: Grabmoosalm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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war.
Das war schließlich auch der Grund, warum sie die Annemirl …
    War es wirklich so gewesen? Hatte sie vielleicht nur geträumt? Das
Blut, das wie ein Springbrunnen aus dem Mund ihrer Tochter schoss, das eklige
Zeug, das von der Fensterscheibe tropfte … hatte das wirklich sie
angerichtet? Die Cilly Moser?
    Im Grandis hatte sie erfahren, dass die Polizei – der Sohn von
der Ottakring – davon ausging, dass die Annemirl durch einen Unfall ums
Leben gekommen war. Angeblich sollte der Hund beteiligt gewesen sein. Es gab
nur zwei, die es besser wussten. Sie und die Resi. Einmal vom kleinen Seppe
abgesehen.
    Es sei, wie es sei.
    Und nun war die … die Dings … die Resi dran.
    Niemand. Nein, niemand.
    Vögel zwitscherten.
    Sie warf einen letzten Blick in die Runde. Es war kein Mensch in der
Nähe.
    Sie war allein.
    Bis der Wolf über sie herfiel.
    Sie warf die Arme nach vorn, um ihn abzuwehren. Doch seine Klauen
drückten sie nieder wie ein verendendes Kaninchen.
    Sie hörte sein Keuchen. Spürte und roch seinen stinkigen, heißen
Atem, der über ihr Gesicht wischte. Angst hatte sie seltsamerweise nicht. Aber
es tat sakrisch weh, als er über sie hinwegfegte und sich in das böse Knie
verbiss.
    Komisch, dachte sie, ein Hund würde dabei knurren. Doch der Typ da
über ihr knurrte nicht. Stillschweigend vergrub er sich in ihr Knie.
    Sie hämmerte mit Fäusten auf ihn ein.
    Dünner Körper, dachte sie. Alles Rippen und Fell.
    Grad noch etwas weiß-schwarz Geflecktes registrierte sie. Es nahte
in weiten Sprüngen von oben. Den Hang herunter.
    Gequält musste sie lachen.
    Die Sissi?
    Die sie dem Seppe geschenkt hatte.
    Ein dickes schwarzes Fragezeichen erschien in der Mitte ihres
Sichtfelds, bevor sich von links und von rechts ein schwarzer Vorhang zur Mitte
hin zuzog.
    Bevor es völlig schwarz wurde um sie.
    ***
    Ottakring saß hinten, als Resis Geländewagen, dirigiert
vom Seppe, sich vorsichtig durch den Hochwald ein Stück den Berg
hinunterkämpfte.
    Das letzte Stück gingen sie zu Fuß zu dritt hintereinander her.
    Ottakring murmelte abwesend vor sich hin, während er damit
beschäftigt war, einen Fuß sorgfältig vor den anderen zu setzen, um nicht zu
rutschen oder zu stürzen.
    Der Seppe flog wie ein Schmetterling durch die unregelmäßigen
Baumreihen, zwitschernd, jubilierend und laut »Moserin« rufend.
    Die alte Frau fanden sie schließlich auf dem Boden liegend, blutend,
bewacht von der schwarz-weiß gefleckten Tigerdogge.
    Von dem Wolf, den der Seppe meinte gesehen zu haben, weit und breit
keine Spur.
    Was Ottakring jedoch alarmierte, war das Mädchen, das neben der
Moserin saß und ihr die Hand hielt.
    Er war sich sicher. Vorsichtshalber holte er jedoch das Foto von
Arabella heraus und verglich es mit dem lebenden Objekt.
    Kein Zweifel möglich. Arabella Döring.
    Und Cilly Moser. Lebend.
    Gleich zwei Fliegen mit einer Klappe.
    »Um Gottes willen, was ist denn mit dir passiert?«, schrie die Resi
laut und rannte die letzten paar Meter.
    Auch Ottakring trat auf die alte Frau zu.
    Arabella hielt weiter ihre Hand.
    »Sie braucht einen Arzt!«, sagte Ottakring sehr bestimmt und ließ
keinen Widerspruch zu.
    Wenig später saß er auf dem Rücksitz zwischen der Moserin und
Arabella.
    Amüsiert stellte Ottakring fest, dass auch der Seppe sich neben die
Arabella quetschen wollte. Aber es war kein Platz mehr. Da flüchtete der Bub
auf den Beifahrersitz, schnallte sich an und hatte nur mehr Augen für das
Geschöpf hinter ihm.
    Auf der Fahrt den Berg hinauf zur Alm versuchte Ottakring zum x-ten
Mal, Lola zu erreichen.
    »Kein Anschluss unter dieser Nummer.«
    Er begann, sich Sorgen zu machen.
    Gleich nach der Ankunft hatten sie die Moserin in der
leeren Gaststube auf eine Bank gelegt und mit einer Decke zugedeckt. Kurz
darauf war der Arzt aus dem Tal da. Während der sich um die Verletzte kümmerte,
knöpfte sich Ottakring Arabella vor.
    Arabellas Gesicht war auffälliger, als es auf dem Foto zu sein
schien. Schon in ihren jungen Mädchenjahren erschien es markant und gefestigt.
Augenscheinlich vom Vater ererbt, dachte Ottakring. Natürlich wies dieses
Gesicht noch keine Härte auf wie bei ihm. Am auffallendsten neben der Lücke
zwischen den oberen Schneidezähnen waren die Augen. Sie waren von einem tiefen,
leuchtenden Blau.
    Ottakring warf einen flüchtigen Blick auf den Seppe. Kein Wunder,
dass der sich in sie verliebt hat.
    »Hast du dich am Berg verlaufen?«, fragte er sie vorsichtig.
    Sie sah ihm tief

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