Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
seinen Beamtenhut zu behalten, hat er auf das Leben der Menschen keinerlei Rücksicht genommen.
Einmal bin ich nach Linxia und habe Ge Man (dem ersten Sekretär des Gebietskomitees) berichtet, wie die Leute Rinde aßen und verhungerten. Ge Man glaubte mir im Grunde nicht, er sagte, das hätten die Großgrundbesitzer und die reichen Bauern angezettelt, sie hätten mit voller Absicht solche Lügen in die Welt gesetzt, damit wir im Dunklen tappen.
Ich sagte, es seien durchweg arme und untere Mittelbauern, die da betteln gingen und Rinde essen und verhungern würden.
Er sagte, die reichen und oberen Mittelbauern hätten nicht den Mut aufzumucken, deshalb würden sie die armen und unteren Mittelbauern vorschicken. Die Toten, von denen ich spräche, die seien an ganz normalen Krankheiten, also eines natürlichen Todes, gestorben. Und dann hat er mich losgeschickt, die Kampagne gegen Verheimlichung und Abzweigung von Erträgen durchzuführen und das Getreide zu suchen. Er fand, in einigen Volkskommunen seien ein paar Millionen Pfund gefunden worden. Ge Man saß den lieben langen Tag in seinem Gebietskomiteebüro, er ist nicht in die Ortschaften gegangen und hat nachgesehen, was die Massen essen, er hat nicht nachgesehen, wie sie auf der Schwelle des Todes kämpfen, aber in Linxia in großem Stil bauen und vier große Parks anlegen lassen […]
He Chenghua kam auf einer Inspektionsreise nach Hexi, wo sein Wagen im Schlamm stecken blieb. Als die Massen sahen, dass es sich um den Wagen eines Führungskaders handelte, sprangen viele ohne Rücksicht auf ihre Gesundheit in den eiskalten Schlamm und schoben den Wagen hinaus. Doch er war der Auffassung, wenn sie den Wagen aus dem Schlamm schieben konnten, dann hatten sie auch etwas zu essen. Also ließ er Huang Wenqing seinen ›Blick über die ländlichen Gebiete‹ schreiben, einen zusammenfassenden Bericht über die Lage bei den Bauern, und dieser Überblick wusste nichts davon, wie viele Menschen gestorben waren. Und weil sie der Auffassung waren, dass es in den ländlichen Gebieten genug zu essen gab, haben sie nichts bereitgestellt.
Nach dem Bericht einer vom Zentralkomitee nach Linxia-Stadt geschickten Arbeitsgruppe vom 18. März 1961 sind in den beiden Jahren von 1959 bis 1960 in der Stadt Linxia 41361 Menschen gestorben, das sind 8,7 Prozent der Gesamtbevölkerung. In den vier Volkskommunen Maji, Hanji, Hongtai und Qizang lag die Sterblichkeitsrate bei über 15 Prozent. In einigen Produktionsteams und Produktionsgruppen starb ein Drittel der Mitglieder.
Von den insgesamt 1267 Mitgliedern des Produktionsteams Xiaogoumen der Volkskommune Hongtai starben 414, das sind 32 Prozent.
Von den insgesamt 106 Mitgliedern des Produktionsteams Jinguang der Volkskommune Qiezang starben 67 Personen, das sind 63 Prozent.
In der gesamten Stadt sind 388 Familien komplett ausgestorben und über 100 Waisenkinder zurückgeblieben. In manchen Produktionsteams sind an einem Tag über 20 Personen gestorben, die dann niemand beerdigt hat.
Im Produktionsteam Tiesai der Volkskommune Yinji sind in zwei Rettichkellern über 60 Leichen ausgegraben worden. Die gesamte Familie von zehn Personen des armen Bauern Ma Youbu aus dem Ort Yangwali in der Volkskommune Hongtai ist auf dem Kang gestorben, wo die Leichen auch verwest sind, niemand hat sie begraben. Manche Frauen starben und ihre Kinder krabbelten noch auf ihren Leichen herum und versuchten, Milch zu trinken.
In nicht wenigen Gebieten kam es zu Kannibalismus. In Linxia-Stadt gab es insgesamt zehn Volkskommunen, wo 588 Personen 337 Leichen verzehrt haben, davon haben allein 170 Personen aus der Volkskommune Hongtai 125 Leichen und fünf noch lebende Personen aufgegessen. In sechs der acht Arbeitsgruppen im Produktionsteam von Xiaogoumen kam es zu Kannibalismus. In 23 Haushalten wurden 57 Leichen verzehrt. Es kam vor, dass Väter ihre Söhne, Mütter ihre Töchter, Männer ihre Frauen, Brüder ihre Schwestern und Schwestern ihre Schwestern verzehrten. Manchmal wurden Menschen verzehrt, die gerade erst gestorben waren, manchmal lagen die Leichen schon sieben Tage oder sogar schon einen Monat unter der Erde.
Im Produktionsteam Jinguang der Volkskommune Qiezang verzehrte ein Mann namens Ma Xishun den Leichnam eines Kranken, woraufhin auch er selbst und seine elfköpfige Familie starben.
Pai Yinu, Mitglied der Volkskommune, verspeiste im Laufe der Zeit acht Leichen, darunter seinen Vater, seine Frau und seine Tochter.
Ma Abu, ein armer Bauer aus
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