Grace - Die Biographie

Flop, wird aber von der Kritik hoch gelobt. Für die Academy Awards 1952 wird Hathaways Drama in der Kategorie für das beste Szenenbild mit einer Oscar-Nominierung bedacht. Grace allerdings, deren Name hier noch an zehnter Stelle im Titel-Vorspann steht, wird in den Rezensionen nicht erwähnt. Noch nicht.
    Graces gesamte Präsenz in Hathaways sehr gelungenem, atmosphärisch dichtem, zudem spannungsgeladenem und letztlich – am Exempel des altruistischen, emphatischen Verkehrspolizisten Charlie Dunnigan – von einer humanistischen Idee durchwehten zweiundneunzigminütigen Dramas währt zwar insgesamt nur knapp drei Minuten, doch sind darin trotz der Kürze bereits einige jener Eigenschaften angelegt und erkennbar, die sich durch all ihre Rollen in ihren elf Spielfilmen ziehen, einem roten Faden gleich: Haltung bewahren; nichts, was einen ideellen, moralischen, ethischen, sozialen Wert haben könnte, leichtsinnig und unüberlegt aus einer Laune oder Stimmung heraus über Bord werfen; sich dessen, was man hat, bewusst sein. Und: dies alles mit Anstand, Würde und Respekt zu tun.

High Noon
(Zwölf Uhr mittags , 1952)
    Gary Cooper brachte mir bei, dass die
    Kamera immer in der ersten Reihe ist.
    — Grace Kelly 93
    Im Frühsommer 1951 sendet Grace Kellys Theateragentin Edith Van Cleve ihrem Kollegen Jay Kanter, der ebenfalls für die Agentur MCA tätig ist, einige Standfotos von Grace zu, und Kanter offeriert Grace sogleich einen festen Vertrag mit der MCA. Kanter, auch der Agent von Marlon Brando, will sie mit der MCA für Spielfilm- und Fernsehengagements exklusiv vertreten. Grace lehnt jedoch ab, mit der Begründung, sie wolle sich nicht festlegen lassen, schließlich sei da noch das Theater, das wolle sie sich weiter offenhalten. Etwas, was ihr sehr entspricht. Doch bereits im September 1952 wird sie einen Siebenjahresvertrag mit dem Studio Metro-Goldwyn-Mayer abschließen und Mogambo als ihre erste MGM-Produktion drehen.
    Jay Kanter – der nicht nur Graces Agent, sondern auch der Ehemann ihrer Freundin Judith Balaban Quine wird –, schickt die Fotos unterdessen weiter, an Produzent Stanley Kramer, der neben seiner bis 1979 währenden Produzententätigkeit ab 1955 auch als Regisseur tätig ist und überwiegend polithistorisch motivierte, preisgekrönte Filme wie etwa Judgement at Nuremberg ( Das Urteil von Nürnberg , 1961) oder auch Guess Who’s Coming To Dinner ( Rat mal, wer zum Essen kommt , 1967) inszeniert. Die Filme von Stanley Kramer (1913–2001) handeln stets auch von latentem oder explizitem Rassismus, sie sind von einem tiefen Ansinnen für den Einsatz und Erhalt von Demokratie und Gerechtigkeit geprägt. In diesem gesellschaftlichen Kontext steht letztlich auch die Produktion Zwölf Uhr mittags .
    Vor Zwölf Uhr mittags hat das aus Produzent Stanley Kramer, Regisseur Fred Zinnemann und Drehbuchautor Carl Foreman bestehende Trio bereits bei The Men ( Die Männer , 1950) zusammengearbeitet, dem ersten Film überhaupt mit dem sechsundzwanzigjährigen Jungdarsteller Marlon Brando.
    Stanley Kramer zeigt die Fotos daraufhin seinem Regisseur Fred Zinnemann, und dieser möchte die junge Schauspielerin Grace Kelly umgehend treffen. Was Zinnemann allerdings nicht weiß, ist, dass sein Produzent sich allein der Fotografien wegen bereits eigenmächtig ohne Rücksprache für Grace in der Rolle der gläubigen pazifistischen Quäkerin Amy Fowler Kane entschieden und einen Vertrag abgeschlossen hat. Das Treffen, für das Grace während ihres Bühnenengagements am »Elitch Gardens Theatre« in Denver von dort aus nach Los Angeles fliegt, findet Anfang Juli statt, und Zinnemann ist angetan von ihrer ungewöhnlichen, für Hollywood-Verhältnisse so atypischen Erscheinung.
    Fred Zinnemann (1907–1997), der in Österreich-Ungarn zur Welt kam und im dritten Bezirk Wiens aufwuchs, wandert 1929 nach Amerika aus – ähnlich wie seine in Berlin oder in Wien geborenen und exilierten Kollegen Fritz Lang, Ernst Lubitsch und Billy Wilder. Er zeichnet für die Regie solcher Klassiker wie der Leinwandadaption von Anna Seghers’ Roman The Seventh Cross ( Das siebte Kreuz , 1944), The Nun’s Story ( Die Geschichte einer Nonne , 1959) mit Audrey Hepburn in der Hauptrolle, oder der Frederick-Forsythe-Verfilmung The Day of the Jakal ( Der Schakal , 1973) verantwortlich. Seinen Filmen – einige davon, auch das Nachkriegsdrama The Search ( Die Gezeichneten , 1948), beschäftigen sich intensiv mit dem »Dritten Reich« und seinen