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Grace - Die Biographie

Grace - Die Biographie

Titel: Grace - Die Biographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Wydra
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gerade neunzehn. Ich habe ihn sterben sehen. Deshalb bin ich damals Quäkerin geworden. Ich frage nicht danach, wer Recht oder Unrecht hat. Es geht doch nur darum, dass die Menschen in Frieden miteinander leben. Will weiß, wie ich darüber denke.« 102
    Grace Kelly spielt in dieser Sequenz ihren Part mit sichtbarer – und im Original ob ihrer bebenden, vibrierenden Stimme auch hörbarer – Erregung. Auch hier mischen sich unschuldige Naivität und entschiedene Vehemenz in ihrer Darstellung. Trotz ihres jungen Alters und ihrer Naivität hat Amy bereits einiges erlebt und weiß ganz genau, was sie will – und was sie nicht will. Dies trifft durchaus auch auf Grace selbst zu.
    Es ist in diesem Kontext interessant, mit anzusehen, wie im Laufe ihrer kurzen Schauspielkarriere eine Parallelität zwischen der Entwicklung der Frauenfiguren, die Grace in ihren Kinofilmen darstellt, und ihrem eigenen Leben festzustellen ist. Wieweit entfernt sind Louise Anne Fuller aus Vierzehn Stunden und Amy Fowler Kane aus Zwölf Uhr mittags und sicherlich auch noch Linda Nordley aus Mogambo von einer Lisa Carol Fremont aus Rear Window ( Das Fenster zum Hof, 1954) oder einer Frances Stevens aus Über den Dächern von Nizza . Diese Frauenfiguren zeigen letztendlich den Entwicklungsprozess, den auch Grace selbst in diesen für sie so eminent wichtigen Lebensjahren vollzieht. Es ist der Prozess einer Frauwerdung, einer Bewusstwerdung und auch Emanzipation.
    Als Grace von Januar bis März 1956 ihren elften und letzten Kinofilm dreht, Charles Walters’ High Society ( Die oberen Zehntausend , 1956), als die Verlobung mit Fürst Rainier III. von Monaco Anfang Januar bereits hinter ihr liegt, die große feierliche Märchenhochzeit im April noch vor ihr, da ist sie, etwa in der Melange aus Schüchternheit und Entschiedenheit, noch immer dieselbe wie zu jener Zeit, in der sie die Amy Kane spielte. Und doch weiß sie nunmehr ganz genau, was sie will. Sie hat sich von Philadelphia und den damit verbundenen Zwängen weitgehend befreit, ist zu einer Lady herangereift, deren Stil und Eleganz weder aufgesetzt noch gespielt, sondern echt und authentisch sind. In einer Welt des Scheins – und hierzu zählt jener Mikrokosmos Hollywood ebenso wie jenes Mikrofürstentum Monaco mit seinem Jetset – ist es Grace ein wichtiges Anliegen, zunächst und vor allem vor sich selbst, für das Sein einzustehen und nicht etwa für den Schein.
    Gary Cooper (1901–1961) ist im Jahr der Dreharbeiten zu Zwölf Uhr mittags bereits weltweit ein Kultstar, eine Legende, auch wenn sein Stern bereits blasser zu werden droht. Er hat in Filmen wie Sam Woods Ernest-Hemingway-Adaption For Whom the Bell Tolls ( Wem die Stunde schlägt , 1943) und Vera Cruz (1954) von Robert Aldrich mitgewirkt, oder, gegen Ende seiner Karriere, zusammen mit Audrey Hepburn in Billy Wilders wunderbar poetischem, in Schwarzweiß gehaltenem Paris-Film Love in the Afternoon ( Ariane – Liebe am Nachmittag , 1957).
    Der 1,91 Meter große Hüne ist zur Zeit der Dreharbeiten fünfzig, Grace wird gut einen Monat später, im November, zweiundzwanzig. Es liegen achtundzwanzig Jahre zwischen ihnen, etwas,woran sich Grace selbst am allerwenigsten stören dürfte. Die Mehrzahl der Männer, die über kurz oder lang ihre Liebhaber werden, in Affären, die mal nur wenige Wochen, mal einige Monate währen, ist doppelt so alt wie sie und älter. Wenngleich dies gewiss nur einen von mehreren Gründen darstellt, so mag die nie erwiderte, ungebrochen loyale Liebe zu ihrem Vater Jack Kelly ein elementarer Bestandteil dessen sein, was schließlich zu dieser Entwicklung geführt hat.
    »Gracie« wird zeit ihres Lebens nach Anerkennung und Bestätigung, nach Schutz und Geborgenheit durch ihren übergroßen Vater suchen. Doch Jack Kelly, der auch eine Projektionsfläche darstellen mag, versagt ihr dies alles. Sie wird ihr Leben lang unter diesem Mangel leiden und dies zu verdrängen und zu kompensieren versuchen, insbesondere in ihren Beziehungen zu teils deutlich älteren Männern: »Ich ziehe ältere Männer vor. Sie sind interessanter. Ich mag Leute, die mehr wissen als ich«, 103 sagt sie bezeichnenderweise einmal selbst. Die Wunde jedoch bleibt bestehen: »Ihr Vater muss ein Scheusal gewesen sein.« 104
    Cooper geht es während des anstrengenden und angespannten Drehs gesundheitlich nicht gut. Er leidet unter Rückenschmerzen, unter Arthritis und einem Magengeschwür. Zwei Monate vor den Dreharbeiten hatte er sich

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