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Grace - Die Biographie

Grace - Die Biographie

Titel: Grace - Die Biographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Wydra
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vielfach preisgekrönten Musik zu Zwölf Uhr mittags eine zeitlose Komposition. Weitere musikalische Arbeiten von ihm sind etwa jene zu King Vidors Duel in the Sun ( Duell in der Sonne , 1946) oder Howard Hawks’ Red River (1948). Mit Shadow of a Doubt ( Im Schatten des Zweifels , 1943) legt er zum ersten Mal auch die Musik für einen Hitchcock-Film an. Weitere Kompositionen Tiomkins im Werk Hitchcocks sind etwa Strangers on aTrain ( Der Fremde im Zug , 1950), I Confess ( Ich beichte , 1953) und Hitchcocks erster Grace-Kelly-Film Bei Anruf Mord .
    Do Not Forsake Me, Oh My Darlin’ wurde unter dem Titel Sag, warum willst Du von mir gehen später auch eingedeutscht und sowohl von Bruce Low als auch von Peter Alexander interpretiert.
    Schon die erste Sentenz der ersten Liedstrophe impliziert die doppelte Angst, in der der Protagonist nunmehr lebt. Die Angst, verlassen zu werden, weil sich der Liebste für das Allgemeinwohl einsetzen und das eigene, private hintanstellen will. Sowie die Angst, dass die Gemeinschaft, um deren Gemeinwohl er sich so lange kümmerte, sich nunmehr von ihm abwendet, ihn also ebenfalls verlässt. »Oh, hin- und hergerissen zwischen Liebe und Pflicht«, lautet denn auch der zentrale Satz im Songtext von Ned Washington. Diese kurze vereinfachte Sentenz beschreibt das ganze, durchaus komplexe Dilemma, in welchem sich Sheriff Will Kane den gesamten Film über befindet – und mit ihm auch seine junge Frau Amy. Ein Dilemma, das zuvorderst ein moralisches, aber auch ein übergeordnet politisch-gesellschaftliches ist. Der Einzelne und die Menge. Hadleyville mag dabei für eine Gesellschaft stehen, die wegsieht, sobald etwas am Horizont auftaucht, was das bestehende System, die festgefügte Ordnung aus dem Gleichgewicht zu bringen droht. Will Kane, das Individuum, der Sheriff, das ist eine Figur, die schließlich von der Gemeinschaft alleingelassen wird, die gewissermaßen eine Form der Exkommunizierung erfährt. Die Bedrohung kommt daher nicht nur aus dem Außen, sondern auch aus dem Innen. Wenngleich es doch gerade diese Figur ist, die für das Recht der Gemeinschaft einzutreten versucht und dabei persönliche Opfer in Kauf zu nehmen bereit ist. Kane wird zum einsamen Outcast, zum Outlaw im wahrsten Sinne des Wortes, zum Gesetzlosen.
    Es gibt Szenen in Fred Zinnemanns Antiwestern Zwölf Uhr mittags , die diese Verlorenheit, die zeitweilig doppelte Verlassenheit des Antihelden Will Kane sehr gut vor Augen führen: Als Kane einmal auf der Hauptstraße von Hadleyville steht, direkt vor dem Marshal-Gebäude, unter der glühend heißen Sonne, es ist sonst weit und breit niemand zu sehen, ihm steht der Schweiß im sorgenvollen Gesicht und auf der Stirn, unter dem schwarzen Cowboyhut, da zeigt ihn die Kamera zuerst in einem nahenClose-up. Nur sein Gesicht. Dann zieht die Kamera langsam auf, der Ausschnitt des Bildkaders wird größer, die Bewegung der Kamera geht zugleich nach hinten und in einer Kranfahrt vor allem nach oben, in die Vogelperspektive. Dort oben wird die Einstellung einen Moment lang gehalten. Es ist eine Totale, die die ganze Straße, einen ganzen Teil der Kleinstadt zeigt. Diese lange Kamera-Plansequenz setzt in der siebzigsten Minute des Films ein und dauert fünfunddreißig Sekunden, ohne einen einzigen Schnitt.
    Es ist das äußerst eindringliche Bild eines vollkommen verlassenen Menschen. Ein Kino-Bild, über dem eine tiefe Traurigkeit liegt. Das Bild eines Individuums, das vollkommen auf sich allein gestellt ist. Da ist sonst niemand mehr. Es ist Fred Zinnemanns Tableau der Verlorenheit.
    Die gesamte Bildsprache und Bildästhetik von Zwölf Uhr mittags ist eine sehr klare, karge, nüchterne, die einer konsequenten formalen Reduktion unterliegt (Kamera: Floyd Crosby) und sich der traditionellen Ästhetik verweigert. Der Eindruck vollkommener Einfachheit stellt sich ein. Das bewusst etwas grobkörnig gewählte Schwarzweiß verstärkt diese Wirkung nur.
    Es sind hierbei auch die Vorgänge des für die USA so düsteren Kapitels der McCarthy-Ära, die Drehbuchautor Carl Foreman bei der Arbeit an Zwölf Uhr mittags im Hinterkopf hat. » High Noon handelt von Hollywood und keinem anderen Ort als Hollywood«, 111 sagt Foreman später einmal. Arthur Millers Theaterstück The Crucible ( Hexenjagd , 1953) wird sich ebenso darauf beziehen.
    Es sind jene Vorgänge, die im Amerika dieser frühen fünfziger Jahre von hoher beklemmender Aktualität sind: Die McCarthy-Ära – benannt nach dem

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