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Graciana - Das Rätsel der Perle

Graciana - Das Rätsel der Perle

Titel: Graciana - Das Rätsel der Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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Graciana mit erstickter Stimme.
    »Je nun ...« Verlegen suchte der Seigneur nach den richtigen Worten. In einer solchen Situation hatte er sich noch nie befunden. »Ich bin davon ausgegangen, dass du schon einmal ... Ich dachte ... Du lieber Himmel, eine Frau, die mit der Truppe durch die Lande zieht!«
    Verärgert über die eigene Unfähigkeit, sich auszudrücken, wählte er genau die falschen Worte. »Ich nahm an, dass du eine der Lagerdirnen bist, weil du gesagt hast, dass du nicht aus Auray bist. Wie hätte ich denn auch ahnen können, dass sich eine unberührte Jungfer in die Gesellschaft dieser Kerle begeben hat!«
    »Denkt Ihr, dass ich mir diese Gesellschaft ausgesucht habe?« Graciana nahm Zuflucht zu dem einzigen, was ihr noch blieb: zu ihrem Stolz. »Ich war gefesselt, und ich bin ihnen entflohen!«
    »Ehrbare Jungfrauen laufen gemeinhin auch nicht allein durch die Lande und drängen sich unbekannten Rittern auf!«, warf er ihr entrüstet vor.
    Graciana war nicht dumm. Sie begriff sehr wohl, dass er sich bemühte, ihr die Schuld an dem, was vorgefallen war, in die Schuhe zu schieben, damit sie ihm keine weiteren Vorwürfe machen konnte. Oh, er war wirklich nicht besser als die Söldner ihres schurkischen Vaters!
    »Wollt Ihr mir auf diese Weise zu verstehen geben, dass ich selbst an dem schuld bin, was mir passiert ist? Gütiger Himmel, was ist das für eine Welt, in der ein Mädchen den Männern ausgeliefert ist, ohne dass sie sich gegen ihre Wünsche wehren kann?«
    »Hüte deine Zunge, Mädchen!«, rief Kérven entrüstet. Ohnehin mit einem stürmischen Temperament gesegnet, fand er empörend, dass sie ihn mit den Kerlen im Lager auf eine Stufe stellte.
    »Wenn ich nicht schweige, was werdet Ihr dann mit mir machen? Mich schlagen? Mir erneut weh tun? Mich töten? Nur zu, Messire! Trefft Eure Entscheidung!«
    Graciana war so wütend, dass sie sich in den ersten richtigen Streit ihres Lebens stürzte. In Sainte Anne hatte es keine Auseinandersetzungen gegeben, die ihr Talent für einen solchen Zeitvertreib gefördert hätten. Konflikte erledigten sich durch strikten Gehorsam. Aber diesem Mann hier, der sie verführt hatte, schuldete sie keinen Gehorsam!
    Kérven, der zum ersten Mal erlebte, dass ihn eine seiner Liebsten wie eine wütende Katze anfauchte, reagierte ebenfalls instinktiv. Er ergriff die Flucht. Er stürzte sich förmlich in seine Kleider, während ihn Graciana mit wütenden Blicken bedachte und nun wieder trotzig schwieg. Hastig fuhr er sich durch die zerzausten Haare und lief zur Tür.
    »Ich werde dir eine Magd schicken, die sich um dich kümmert und dir zu essen bringt«, knurrte er leicht. Dieses Mädchen weckte wirklich die widersprüchlichsten Gefühle in ihm.
    Einen Moment lang zögerte er. Sollte er sich vielleicht doch entschuldigen? Doch, der flammende Blick aus den goldenen Augen, der ihn vermutlich zu Asche verbrennen würde, wenn er ihm noch länger ausgesetzt war, riet ihm, davon Abstand zu nehmen. Es war geschehen, weshalb noch groß darüber lamentieren?
    Sie war schließlich kein Edelfräulein, das nun entehrt und um jede Heiratsmöglichkeit gebracht war, vor den Scherben seiner Zukunft stand und nur noch ins Kloster gehen konnte. Sie war eine Magd. Sie konnte von Glück sagen, dass er Gefallen an ihr gefunden hatte. Zumindest, wenn sie sich in etwas anschmiegsamerer Laune befand.
    Graciana schnappte entrüstet nach Luft, als er tatsächlich aus dem Raum eilte, ohne ihr mehr als ein: »Gehab dich wohl!« zuzurufen.
    Sie griff mit zitternden Fingern nach der Decke und hüllte sich darin ein.
    Was hatte sie getan? Aber sie wusste es nur zu gut. Sie hatte ein endgültiges, unverrückbares Hindernis zwischen Mutter Elissas Pläne und ihre eigenen Wünsche gesetzt! Weshalb im Namen aller Heiligen?
    Es kam ihr vor, als habe die schimmernde Perle aus dem Kreuz von Ys einen höchst unheilvollen Einfluss auf ihre Existenz genommen. Seit sie das Juwel bei sich trug, war nichts mehr so wie früher.
    »Der Seigneur sagt, du sollst essen! Hier sind auch Kleider für dich. Ich hoffe, du bist dir nicht zu fein, die abgelegten Gewänder von Dame Jolanthe zu tragen. Sie sind dir vermutlich zu weit, aber sie ist die einzige, deren Röcke wenigstens deine Knöchel bedecken!«
    Graciana fuhr hoch und hielt das Laken vor ihren nackten Körper. Eine gut gelaunte, nicht mehr ganz junge Dienerin stand vor dem Alkoven, die Fäuste in die Hüften gestemmt, sie war in schwarzen Barchent und eine

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