Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Graciana - Das Rätsel der Perle

Graciana - Das Rätsel der Perle

Titel: Graciana - Das Rätsel der Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
Vom Netzwerk:
Messire?«, spottete sie. »Wie könnt Ihr darauf bauen?«
    »Du redest Unsinn!« Auch seine Langmut hatte ihre Grenzen. »Ich habe dich nie wie eine Dirne behandelt, aber du wirst nicht leugnen können, dass ich dich nicht zur Liebe gezwungen habe, als wir nach Lunaudaie kamen. Du hast dich freiwillig verschenkt, und du hast ebenso großes Vergnügen daran gefunden wie ich!«
    Graciana errötete tief. Dass Kérven die Wahrheit sagte, machte die Sache nur noch schlimmer.
    »Ich leugne es nicht«, gab sie zu. »Aber es muss ein Ende haben!«
    »Ich will nichts mehr davon hören! Heute Abend wirst du in meiner Kammer sein, oder ich komme dich holen, hast du das verstanden?«
    Er stürzte aus dem Gemach, weil er nicht mehr dafür einstehen konnte, dass er diesem rebellischen Wesen am Ende nicht aus lauter Wut den Hals umdrehte. Nicht nur aus Wut, sondern auch aus enttäuschtem Verlangen. Für einen Augenblick lang hatte er geglaubt, seine Heimkehr auf eine ganz besondere Weise mit Graciana feiern zu können.
    Dass er bei seiner Flucht die ehemalige Haushälterin fast umrannte, kümmerte ihn nicht. Rose sah ihm aufgebracht hinterher und heftete ihre blitzenden kleinen Äuglein auf Graciana, die totenblass aus dem Herrschaftszimmer trat.
    »Mach nur weiter so, Kleine, dann erledigen sich meine Probleme ganz von selbst!«, sagte sie zufrieden und segelte mit fliegender Haube davon.
    »Damit habt Ihr sicher recht ...«, erwiderte Graciana mit brüchiger Stimme und schlug die Hände vors Gesicht.
    Was sollte sie tun?

10. Kapitel
    Graciana hatte damit gerechnet, dass Kérven wie ein gereizter Stier auf sein Recht pochen würde, aber sie hatte nicht geahnt, dass er dafür auch verschlossene Türen eintrat. Sie hatte sich extra eine Kammer mit einem stabilen, hölzernen Riegel gesucht, aber er zerbrach in kleinste Feuerholzteilchen, als der Seigneur mit seinem Stiefel energisch dagegendonnerte.
    Sie fuhr von ihrem bescheidenen Lager hoch, als er, einen Leuchter in der Hand, wie ein Rächer vor ihr stehen blieb. Sein mächtiger Schatten an der Wand sorgte dafür, dass sie sich wie eingesperrt vorkam. Sie hatte ihr Gewand nicht abgelegt, denn es war kalt in der Kammer, durch deren leere Fensterhöhlen der Wind pfiff. Sie verfügte nicht über den Luxus eines Kamins, wie es bei den Herrschaftszimmern der Fall war. Trotzdem hielt Graciana die wollene Decke wie ein Schutzschild vor ihren Körper und wartete angstvoll auf seine ersten Worte, die ebenso unfreundlich klangen, wie sie es befürchtet hatte.
    »Du eigensinniger Fratz! Anscheinend ist es höchste Zeit, dass du lernst, wie man seinem Herrn gehorcht. Steh auf!«
    Vorsichtig erhob sich Graciana, um ihn nicht noch mehr zu reizen. Im Licht der flackernden Kerzen wirkten ihre Augen unnatürlich groß und golden. Sie stand noch nicht ganz, als er bereits den Leuchter auf den Steinboden stellte und sich nach ihrem Strohsack bückte. Die paar Habseligkeiten, die sie an seine Seite gelegt hatte, warf er einfach darauf und ergriff dann das ganze Bündel mit einem Schwung, ehe er ihr Handgelenk packte und auf den Leuchter deutete. »Du trägst das Licht!«
    Erfolgreiche Gegenwehr wäre nur möglich gewesen, wenn sie den Kerzenleuchter als Waffe verwendet hätte, aber das brachte Graciana dummerweise nicht fertig. Sie konnte Kérven trotzen, aber sie wollte ihn keineswegs verletzen. Sie stolperte über ihre Rocksäume, als sie hinter ihm hereilte. Sein Schwung trug sie davon, bis er sie so heftig in seine Kammer stieß, dass die Kerzen an ihrem Leuchter im Luftzug erloschen.
    Es machte nichts aus, denn in dem großen Gemach brannten unzählige andere Kerzen. Im Kamin loderte ein Feuer, und die Decken im Alkoven waren einladend zurückgeschlagen. Die luxuriöse Wärme umfing die fröstelnde junge Frau wie eine Versuchung. Am liebsten hätte sie sich vor das Feuer gekauert und die ersehnte Wärme durch alle Poren dringen lassen.
    »Da!«
    Wütend schleuderte Kérven des Iles Graciana ihren Strohsack vor die Füße. Ihre Schuhe, ein hölzerner Rosenkranz und ein einfacher geschnitzter Kamm klapperten über den Fußboden. Ihre alten Kleider rutschten in einem unordentlichen Haufen darüber.
    »Legst du es darauf an, mich zu reizen, oder willst du sehen, wie weit deine Macht über mich geht?«, rief er zornig und packte sie heftig an den schmalen Schultern. »Ich hatte dich gewarnt!«
    Graciana konzentrierte ihre Aufmerksamkeit auf die pochende Ader an seinem kräftigen Hals. Es hielt sie

Weitere Kostenlose Bücher