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Graciana - Das Rätsel der Perle

Graciana - Das Rätsel der Perle

Titel: Graciana - Das Rätsel der Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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nicht unterdrücken.
    »Im Kloster?«, rutschte es Graciana heraus, und sie hörte sich zu ihrer eigenen Überraschung lachen. »Mutter Elissa hätte es für das Höchstmaß an Sünde gehalten. Es gab Wasser aus dem Brunnen und Seifenkraut zum Haarewaschen. Nur zu hohen Festtagen natürlich.«
    »Ihr wart im Kloster?!« Die Oberhofmeisterin konnte ihre Überraschung nicht verbergen.
    »In Sainte Anne d’Auray.« Graciana sah keinen Grund, dies geheim zu halten. »Es wurde im Lauf der Schlacht von Auray zerstört ...«
    »Habt Ihr das Gelübde ...«
    »Nein.« Graciana schüttelte den Kopf. »Ich hätte es schon längst ablegen sollen, aber Mutter Elissa hatte immer wieder etwas an meiner Frömmigkeit auszusetzen. Doch was wäre mir am Ende schon anderes übrig geblieben ...«
    »Seine Gnaden wird Euch gewiss nicht dazu zwingen, den Schleier zu nehmen«, meinte die Oberhofmeisterin, um die plötzliche Traurigkeit der jungen Frau wieder zu vertreiben. »Es wäre eine Verschwendung! Hier, rückt ein wenig näher an das Feuer, damit Arlette Eure Haare kämmen kann. Sie trocknen dann schneller!«
    Graciana gehorchte und überließ sich den regelmäßigen Bürstenstrichen Arlettes, die aus den nassen dunklen Haaren glänzend goldene, seidenweiche Locken machten.
    »Habt Ihr eine Lieblingsfarbe?«, erkundigte sich Dame Lucile.
    »Dunkelblau!«, platzte Graciana heraus.
    Die Oberhofmeisterin runzelte die Stirn und sichtete mit zwei weiteren Mägden den Inhalt einer großen Truhe, die vor den Alkoven aufgestellt worden war, während sie sich in der Badestube befunden hatte. Graciana erhaschte den Schimmer farbenprächtiger Stoffe, zarter Schleier und bunter Bänder. Ein Kaleidoskop der herrlichsten Farben, die mit den Bildern auf den Wänden wetteiferten und mitten im Winter die Illusion einer blühenden Sommerwiese zwischen diese vier Wände zauberten.
    »Das ist es!«, entschied Dame Anne kategorisch und legte einen Berg hellgrünen Samts zur Seite, ehe sie weitersuchte. »Dunkelblau ist zu streng und zu formal, Ihr müsst heute auf Eure Lieblingsfarbe verzichten!«
    Graciana nickte folgsam. Sie hatte die Frage ohnehin nicht mit einem möglichen Gewand in Verbindung gebracht. Nun konnte sie einen Anflug von Herzklopfen nicht unterdrücken. Bisher hatte sie um das schlichte Wollgewand getrauert, das sie auf Josselin getragen hatte und das in Cado geblieben war. Sogar in matten Farben und ein wenig verschlissen, war es prächtiger gewesen als alles, was sie je zuvor getragen hatte. Dem Vergleich mit diesen Herrlichkeiten hielt es indes nicht stand!
    Staunend verfolgte sie, wie die Oberhofmeisterin dem grünen Berg ein paar cremeweiße Strümpfe und grüne Strumpfbänder beifügte. Dann folgten hellgrüne Ziegenlederschuhe, deren Größe sie nach einem Blick auf Gracianas schmale Fesseln billigte.
    Arlette schlang die trockenen Locken zu einem lockeren Knoten, den sie vorläufig im Nacken feststeckte, damit die Haare während des Ankleidens nicht im Wege wären. Sie nahm Graciana den Hausmantel ab und hob ein schneeweißes Hemd aus hauchfeinem Stoff so geschickt hoch, dass sie nur noch die Arme in die Ärmel stecken musste.
    Wie ein Streicheln glitt das feine, dünne Gewebe über ihre Haut, während die Zofe bereits die Bänder an den Handgelenken verknotete und den weiten Ausschnitt zurechtzupfte. Die durchbrochene Spitzenkante legte sich als züchtige Borte über den Ansatz von Gracianas Brüsten.
    »Setzt Euch, damit ich die Strümpfe und Strumpfbänder befestigen kann!«, bat Arlette.
    »Und nun das Untergewand!«, kommandierte Dame Lucile, und eine andere Dienerin reichte Arlette eine knisternde Robe aus glänzendem, cremefarbenem Atlas.
    Die neuerliche Schicht Stoff fühlte sich unerwartet leicht an, obwohl sich um alle Säume eine breite goldbestickte Borte aus verschlungenen Arabesken zog. Die weiten Ärmel öffneten sich trompetenförmig über der gefältelten Spitze des Unterhemdes. Arlette zog den runden Ausschnitt ein wenig nach unten, damit die Spitzenkante sichtbar blieb, und schloss die Schlaufen im Rücken. Ein mehrfach über Kreuz gelegtes Goldband umspannte den Stoff unterhalb des Busens und betonte die vollkommene Form der Brüste.
    Der grüne Berg entpuppte sich am Ende als ein Mittelding zwischen Überkleid und Mantel. Die mit weißem Pelz verbrämten Seitenschlitze gaben die prächtigen Ärmel des Untergewandes frei, und der Stoff hob sich vorne bis in Höhe der Knie, um auch hier den cremefarbenen Atlas

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