Gracie in Love
hatte es mit dem Wunsch nach einem eigenen Transportmittel zu tun. Ich war sechzehn und wollte unbedingt ein Auto haben. Meine Tante und mein Onkel bestanden allerdings darauf, dass ich einen Anteil der Benzin – und Versicherungskosten übernehme – also musste ich mir einen Job suchen. Ein paar Straßen weiter gab es eine Bäckerei, bei der ich nach einer Stelle fragte. Ich fing Ende Mai dort an, mitten in der Hochsaison für Hochzeiten. Und das war meine Feuertaufe. Ich besaß offensichtlich ein gewisses Talent in der Herstellung und Dekoration von Torten. Also entschied ich mich, nicht aufs College zu gehen, sondern eine Konditorlehre zu machen. Und danach machte ich mich selbstständig.“
Nach kurzem Nachdenken fuhr sie fort: „Ich wollte die Sache aber richtig anpacken, daher belegte ich an der Abendschule noch ein paar Kurse in Buchhaltung und so was. Ich spiele in letzter Zeit mit dem Gedanken, mein Geschäft zu erweitern, denn ich kann es allein fast nicht mehr schaffen. Ein paar Aufträge musste ich sogar schon ablehnen. Aber ich weiß eben nicht, ob es dann tatsächlich für zwei Personen reicht.“
„Wie wäre es mit einer Teilzeitstelle?“
„Das wäre eine Überlegung wert.“
Sie waren praktisch allein im Restaurant, denn die übrigen Gäste saßen auf der anderen Seite des Gastraums. Der draußen tosende Sturm erzeugte ein gewisses Gefühl der Isolation. Der peitschende Regen und die flackernden Kerzen hatten wirklich etwas sehr Romantisches.
Jetzt einfach das Kinn in die Hände legen und Riley anhimmeln, dachte Gracie. So, wie sie es aus den albernen Teenie-Filmen ihrer Kindheit kannte. Das gedämpfte Licht schmeichelte ihm zusätzlich, es brachte sein markantes Gesicht noch besser zur Geltung. Doch da war mehr als nur sein Aussehen.
Damals, vor vielen Jahren, hatte sie ihn aus der Ferne geliebt, ohne ihn wirklich zu kennen. Sie hatten sich nicht ein einziges Mal miteinander unterhalten. Ihre eigenen Wunschvorstellungen und Fantasien begründeten ihre Verliebtheit. Umso spannender war es jetzt, festzustellen, dass er tatsächlich mehr als nur sympathisch war.
Die Bedienung brachte den Wein und einen Brotkorb.
„Hey, was soll das?“, fragte Gracie vorwurfsvoll, als Riley sich daranmachte, die Flasche zu öffnen.
„Ich mache die Flasche auf. Weißt du, man muss da einen Korken entfernen. Wenn man einfach den Flaschenhals abbricht, hat man überall Scherben. Nicht sehr angenehm.“
Haha. Gracie verdrehte die Augen. Ihre Augenfarbe wirkte in dem schwachen Licht auf ihn wie ein exotisches Lagunenblau.
Riley hätte sich ohrfeigen mögen. Hatte er eigentlich noch alle Tassen im Schrank? Lagunenblau? Woher hatte er das denn? Diese Frau ihm gegenüber war Gracie, die terroristische Stalkerin. Keine Frau, die er attraktiv fand. Okay, sie sah zwar ganz süß aus in ihrem engen schwarzen T-Shirt, aber sie war nicht sein Typ. Und zwar gleich aus einer ganzen Reihe von Gründen.
„Ich meine nicht den Wein“, erklärte Gracie und deutete auf den Brotkorb. „Ich meine das da. Der Tod.“
Fragend sah er sie an. „Das Brot ist tot?“
„So meine ich das nicht. Ist denen denn nicht klar, was ein paar Scheiben Brot mit Butter bei einer Frau alles anrichten können? Ich sage nur Hüfte und Oberschenkel, denn da landet das Brot am Ende. Es wandert auf direktem Weg vom Magen in die immer hungrigen Fettzellen, die dort gierig warten.“
„Du machst mir Angst.“
Sie leckte sich die Lippen. „Du bist ein Mann. Du weißt nicht, wie das ist, ein unstillbares Verlangen nach etwas zu haben, das absolut schlecht für dich ist. Dein männlicher Stoffwechsel erlaubt es dir, dich durch eine ganze Konditorei zu fressen, ohne dass du ein Gramm zunimmst.“
Er war zwar ein Mann, aber Verlangen kannte er trotzdem. Wenn sie noch einmal ihre Lippen leckte, würde er seine üblichen Regeln über Bord werfen und die Situation gnadenlos ausnutzen.
„Ach, was soll’s“, hörte er Gracie sagen, als sie sich ein Stück Brot nahm.
Er sah zu, wie sie sich die minimalst mögliche Menge Butter auf die Brotscheibe schmierte und dann hineinbiss. Sie schloss dabei die Augen, ihr Körper entspannte sich, und er hätte schwören können, dass sie sogar wohlig dabei stöhnte. Warum war ihm eigentlich plötzlich so heiß?
Als sie den Bissen heruntergeschluckt hatte, öffnete sie die Augen und lächelte. „Wunderbar.“
„Und was isst du sonst noch Verbotenes?“, wollte er wissen.
„Nur Brot. Ja gut, und
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