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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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stupor mundi! Hatte der strahlende Stern seinen Zenit übe r schritten? Sollte er, Elia, sich weiterhin an des Kaisers Seite in dessen Niede r gang hineinziehen lassen, oder war es an der Zeit, Frieden mit der Kirche zu machen, ganz gleich, in welch misera b lem Zustand sie sich befand, ganz gleich, welch unwürd i ger Priester ihr gerade vorstand?
    Ihm fiel sein Kirchenbau ein, den er zu Cortona bego n nen hatte. War das nicht auch ein Zeichen der Versö h nung – und nicht nur des Trotzes, wie ihm die Feinde anzukre i den versuchten? Er war alt geworden und er wußte nicht, wie viele Jahre ihm noch gegeben waren. Mehr als die Aufhebung des Kirchenbanns sorgte ihn die Fertigstellung des Gott geweihten Hauses, welches auch eine würdige Schatulle für die Reliquie vom Heiligen Kreuz abgeben sollte, die er aus Byzanz mitgebracht ha t te. Vor allem aber sollte es seine Verbundenheit mit Francesco manifestieren, der nach ihm kommenden Welt – wenn schon nicht der unverständigen, in der er leben mußte – zeigen, daß Frater Elia und sein › santo povere l lo ‹ untrennbar waren. Er wär ’ so gern jetzt weitergereist in das so nahe heimatliche Co r tona, um sich an den Fortschritten des Bauwerks zu erfre u en, aber es fehlte ihm der Mut. Auch wollte er keineswegs mit William z u sammentreffen, dem klebte die iella auf der Stirn wie ein drittes Auge, › mal ’ occhio ‹ ! Nicht einmal s e hen lassen wollte er sich noch mit diesem dicken Frosch des Unglücks! Mochte der doch tolpatschig in sein Verde r ben springen samt diesen falschen ›Kinder des Gral‹. D a mit wollte er, Elia, nichts mehr zu tun haben!
    Das gab ihm den Ausschlag, Elia drehte um und kehrte nach Ancona zurück.
    Der Amalfitaner
    Amalfi/Rom, Herbst 1245
    Vitus von Viterbo hatte die ganze Nacht kein Auge zug e tan. Zu unruhig ging es auf der Baustelle von Castel del Monte zu. Wie gern hätte er sich hineingeschlichen und heimlich Bran d g elegt, nur um dem verhaßten Staufer e i nen Tort anzutun. Er beherrschte sich. Viel Freude würde Friedrich in nächster Zeit sowieso nicht an dieser Burg h a ben, mochte er sie auch in rosa Marmor auskle i den lassen, mit kostbaren Teppichen und Gobelins b e stücken, die ihm sein Freund, der Sultan schicken würde, sie mit heidn i schen Statuen anfüllen, die seine Flotte für ihn aus dem Meer fischte. Lust und Laune würden ihm schon abgehen, diesem Antichrist, sich dort auf der Falkenjagd oder lus t wandelnd mit seinem Harem zu vergn ü gen!
    Nein, Vitus sah sein Ziel darin, den Kaiser an viel em p findlicherer Stelle zu treffen: Die Kinder, sein Fleisch und Blut würde er ihm rauben! Das würde den Ketzer, diesen Antichrist, in die Knie zwingen … Vitus sah sich schon triumphierend vor seinen Vater treten. Die Sta u ferbälger in den tiefsten Verliesen der Engelsburg, als ein gar nützl i ches Pfand in den Händen des Grauen Kard i nals!
    Vom Haß wachgehalten, mit vor Müdigkeit brennenden Augen, starrte Vitus auf die nächtliche Silhouette des Ca s tel del Monte, und je mehr er sie anstarrte, desto mehr eri n nerte ihn der Bau an ein Gefängnis und desto besser gefiel ihm, was er sah.
    Im Morgengrauen stob ein ungeordneter Haufen aus dem Kastell. Er wandte sich gen Süden, was Vitus für eine Finte hielt. Er konnte nicht wissen, daß es die desertiere n den Soldaten des Elia waren, die sich nach den Schr e ckensnachrichten über den Sturz des Kaisers mit ihren Hauptleuten einig sahen, jetzt keinesfalls weiterz u reiten bis nach Cortona, sondern auf schnellstem Wege zurückzuke h ren, um sich Elia zur Verfügung zu stellen, von dem sie wußten, daß er sich nach Lucera begeben hatte. Um von Hamo keine anderslautende Order zu e r halten oder gar von dessen Leuten gehindert zu werden, fragten sie erst gar nicht, sondern verschwanden.
    Auch Hamo hielt ihre Flucht gen Süden für eine bewu ß te Irreführung, war aber zu stolz, deswegen »seinen« Plan zu ändern.
    Guiscard drang in ihn, jetzt wenigstens die Leute seiner Mutter zu behalten, doch der junge Graf trat vor die ange t retene Mannschaft und sagte laut: »Wer bei mir ble i ben will, soll vortreten – der Rest kann nach Hause g e hen, wie es euch versprochen war.« Außer Guiscard k a men gerade acht Mann zusammen. Wenigstens konnte der Amalfitaner ihn bewegen, einen Trupp zu bestimmen, der Lucera b e nachrichtigen sollte, und den Rest darauf zu vergattern, vor dem Heimritt den päpstlichen Spitzel au f zugreifen, der – wie längst alle

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