Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
Guiscard kam zurück.
»Das Konzil des Papstes zu Lyon hat Friedrich seiner Titel und Würden für verlustig erklärt – nur wird den Sta u fer das wenig scheren –« Er kroch wieder auf sein Lager: »Hunde bellen den Mond an …«
»… die Karawane zieht weiter«, fügte Hamo hinzu. »Gute Nacht, meine Herren!«
Ich lag noch lange wach. So sicher war ich mir nicht, ob dies nicht doch ein Ereignis von Bedeutung für uns alle war …
In Acht und Bann
Jesi, Herbst 1245
Elia von Cortona hatte – entblößt von seinen eigenen So l daten – auch in Lucera keine Eskorte erhalten, noch in der Umgebung eine Mannschaft ausheben können. Alle dem Staufer treu ergebenen Apulier blieben erst mal in i h ren Festungen hocken und warteten den Gang der Di n ge ab.
Der Bombarone schloß sich einem Kommando an, das unter einem von Friedrichs Admirälen die Adria hochsege l te, um sich des für das Reich wichtigen Küstenhafens A n cona zu versichern. Hier grenzte man dicht an eine der Nahtstellen mit dem Patrimonium Petri, und allen Warnu n gen zum Trotz verließ der Bombarone – nur mit einer kle i nen Begleitmannschaft – das kaiserliche Heer, um sich nach Cortona durchzuschlagen.
Er war noch nicht weit ins Landesinnere vorgedrungen – sie ritten gerade durch Jesi –, als gegenüber auf der in die Piazza del-la Signoria mündenden Straße ein Trupp B e waffneter auftauchte: Päpstliche! Sie umringten im dic h ten Kordon den Reisewagen eines Legaten.
Während beide Seiten ihre Pferde zurückrissen und die Fäuste sich um Lanze und Schwertknauf ballten, entstieg der Legat furchtlos seiner Kutsche. Elia erkannte ihn s o fort: »Lorenz von Orta!« – und der rief zurück: »Mein G e neral!« und machte sich zum Befremden seiner B e gleitung, Schlüsselsoldaten wie Franziskaner, zu Fuß auf, den leeren Marktplatz allein zu überqueren, geradewegs auf den Ha u fen zu, der sich um das verhaßte kaiserliche Banner scha r te.
Elia sprang ab und eilte dem kleinen Mönch, soweit das seine Würde zuließ, gemessenen Schritts entgegen. Da sie beide plötzlich unsicher waren, wer hier wem die R e verenz zu erweisen hatte – der einfache Mönch seinem, wenn auch abgesetzten, ›Ge-neralminister‹ oder der, wenn auch e x kommunizierte, Minorit Elia einem Legaten des Heiligen Vaters –, blieben sie verlegen voreinander stehen.
»Ich bin auf dem Weg ins Heilige Land«, brach Lorenz das Schweigen und sah seinem Gegenüber offen ins G e sicht. »In Ancona will ich ein Schiff nehmen.«
»Von da komm ’ ich gerade«, antwortete Elia, »ich bin mir nicht sicher, ob jetzt dort ein päpstlicher Legat wil l kommen ist. Der Hafen ist in der Hand des Kaisers!«
»Ich komme von weither, aus Lyon«, sagte Lorenz, Elia einen prüfenden, ja besorgten Blick zuwerfend. »Dort hat man Euch lange erwartet – und schließlich exkommun i ziert –, aber das trifft Euch wohl nicht?«
Elia war nicht der Typ, der sich so schnell eine me n schliche Regung oder gar Betroffenheit entlocken ließ. Er wäre sogar zu seiner Hinrichtung mit der gleichen mela n cholischen Miene geschritten, was viele mit Hochn ä sigkeit verwechselten. »Das hat der Papst schon letztes Jahr ve r sucht, als mein Nachfolger, der Engländer Aimone, ve r storben war und Innozenz in eigener Machtvollkomme n heit rasch ein General-Kapitel nach Genua einberief. D a mals mußte er meine schriftliche Entschuldigung noch a n nehmen –«
»Diesmal hat ’ s den notorischen Freund des Staufers e r wischt; kein Pardon!«
»Es ist ja nicht das erste Mal!« Ein trauriges Lächeln huschte über Elias schmale Züge.
»Sicher aber das letzte«, tröstete ihn Lorenz, »denn man hat Euch diesmal auch die Ordenszugehörigkeit abgespr o chen!«
»Die Weihe als Priester kann mir niemand nehmen!« empörte sich der Bombarone, »und wer der bessere Christ ist –«
»- bestimmt der Pontifex Maximus: Er hat den Kaiser abgesetzt!«
»Das stand zu erwarten«, sagte Elia matt, »und doch trifft mich die Ungeheuerlichkeit! Erzählt, was sich Sin o bald di Fieschi dazu hat einfallen lassen?«
»Ich sehe dort Bank und Tisch einer Taverne« sagte L o renz, »laßt mich meine Stimme anfeuchten und einen g e flüsterten Trinkspruch auf Friedrich ausbringen, der zu der ganzen Farce den einzig richtigen Satz gesagt hat: ›Danken sollte ich dem Priester, dem ich bisher die Ehre geben mu ß te, jetzt aber bin ich jeglicher Verpflichtung ihn zu lieben, zu verehren und Frieden mit ihm zu halten,
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