Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
ihr Aussehen blieben den mei s ten verborgen –«
»Namen sind Schall und Rauch.«
»Nicht aber Fleisch im vollen Lebenssaft. Sie war blond – von diesem erregenden Weißblond, das uns Römer r a send macht –, und stattlich, eine Herrscherin, die zu besi t zen und zu zähmen einem jeden Mann Herausford e rung sein mußte. Doch ihr Ziel stand fest und es war hoch g e steckt. Ihr Treffen mit dem Kaiser – die Kaiserin Konsta n ze war im Vorjahr verstorben – blieb nicht ohne Folge, zweifellos beabsichtigt: Sie hatte sich von dem Staufer schamlos schwängern lassen, obwohl auf dem Treffen zu Ferrentino die baldige Hochzeit des triebha f ten Friedrich mit dem Kind Yolande von Brienne, der zukünftigen Kön i gin von Jerusalem, verhandelt worden war.
Weder die Anwesenheit des Vaters Jean de Brienne noch die des Patriarchen des Heiligen Landes noch des päps t lichen Legaten Pelagius noch die der Großmeister vom Hospital und des Deu ts chen Ritterordens, der übrigens die schändliche Heirat eingefädelt hatte, minderte das bu h lerische Paar Friedrich und –«
»Ehe Ihr jetzt ausfallend werdet, muß ich Euch in einem berichtigen: Ich war es, die Friedrich überredete und übe r zeugte, sich mit der kleinen Brienne zu vermählen!«
»Wie? Ihr wollt mir weismachen, Euer Trachten und Streben zielte nicht auf die Hand des Staufers!«
»Was weiß die Kirche von der Bedeutung des Blutes? Sie vermag nicht, dynastisch zu denken – und zu handeln.«
»Die Dame kehrte – wenn Euch diese Lesart lieber ist – also erfolgreich zurück. Die natürliche Tochter wurde den Nonnen übergeben und im Kloster Notre Dame de Prouille unter dem Namen ›Blanchefleur‹ erzogen. Wollt Ihr noch mehr wissen?«
»Ich weiß, daß Ihr die Linie bis zu meinem Enkelkind verfolgt habt – in des Wortes übler Bedeutung. Und wenn es Euch auch erstaunt, will ich Euch sagen: Es b e ruhigt mich!«
»Wollt Ihr mich zum Schutzengel des Erben von Ca r cassonne ernennen?«
»Sein Erbe ist größer! Und Ihr werdet über ihn wachen bis an das Ende Eurer Tage. Das befreit Euch nicht von den Schulden der Vergangenheit, in denen Ihr Euch die Hölle schon verdient habt! Steht Ihr bequem, Eminenz?«
»Ihr wißt, wo ich stehe.«
»Greifen wir hinein in den Werdegang eines Papstmö r ders: Perugia! Innozenz III. stirbt plötzlich am Hir n schlag, doch nicht Euer Mentor Ugolino wird vom Konklave g e wählt, sondern der alte Honorius. Er erhebt den Täter flugs in den Kardinalsrang und sieht sich den Rest seines Lebens vor. Er starb im Bett.«
»Sagt Ihr!« spöttelte der graue Kardinal hinter seiner Maske.
»Attackierte Euch der große Innozenz nicht scharf g e nug den verhaßten Staufer?«
»Er hatte nachgelassen«
»Es folgte das Papat Ugolinos als Gregor IX., eine Euch in Gesinnung und Skrupellosigkeit ebenbürtige Seele. Als er verschied, ich nehme an, ohne Euer Zutun, beging das Konklave den Fehler, Gottfried von Castiglione, den Ka r dinal-Erzbischof von Mailand zu wählen, einen in der Au s einandersetzung mit dem Kaiser aufgeschlossenen Mann. Er trug die Tiara keine zwei Wochen, dann hatte Euer Gift seine Wirkung getan, und die gerührte Chr i stenheit erhielt den Sinobald Fieschi als Innozenz IV – Wie lange laßt Ihr ihm noch?«
»Er stört mich nicht.«
»Ich weiß, und es ist aus Eurer vita sicarii ersichtlich, daß Ihr Euch einzig und allein die Vernichtung des Sta u fers geschworen habt. Einmal wäre es Euch fast gelu n gen.« Die Stimme der Frau hinter dem Vorhang mochte ein kleines Lachen nicht verbergen. »Ihr wundert Euch sicher, daß es mir entgangen sein sollte – ich habe es nur aufgehoben: Als ich gehört hatte, daß der venefex zur Stelle sein würde, sah ich meinen Plan aufs höchste g e fährdet. Durch Zufall ergab sich kurz vor meiner Abreise aus Frankreich, daß eine Ad e lige aus dem Süden mich bat, sie als Hofdame mitzune h men. Sie erwies sich als äußerst beschlagen in der Verwe n dung von Heilkräutern, dem Zubereiten von Trä n ken aller Art, vor allem aber war sie in der Lage, jedes Gift sofort zu erkennen. Sie war eine herbschöne, großgewachsene Pe r son, ein kräftiges Weib, und strahlte eine tierhafte Sin n lichkeit aus. Wir zogen einander ins Vertrauen.«
»Was konntet Ihr schon von mir wissen?« fragte ar g wöhnisch der Kardinal.
»Ich hatte mir den Giftmischer der Kurie als einen gall i gen Greis vorgestellt und war überrascht ob des feurigen Römers, der mir auf dem Treffen von Ferrentino
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