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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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und küßte das Ende des Stabes. Es war eine Teufelsfigur, die begattend auf dem Ebenholz ritt. Ihm streckte sich der Hintern entgegen. Er drückte schwe i gend seine Lippen auf das Holz, im Zurückziehen schlug sie es ihm unter die Nase, daß er blutete. Er hätte schreien können vor Zorn, aber er biß die Zähne aufei n ander. Sein bleiches Gesicht starrte durch die schmale Maueröffnung.
    An herabgeworfenen Seilen ließen sich zwei muslimisch gekleidete junge Männer von der Mauer über seinem Kopf herab. Sie waren gewandt wie Katzen und trugen vor sich jeder einen Stab: es waren Klinge in Griff ineinanderge s teckte Dolche. Er wußte sofort, wenn er auch noch nie we l che gesehen hatte, es waren Assassinen! Sie verneigten sich vor der Sänfte und verschwanden.
    Dann traten acht Tempelritter aus dem Schatten der Mauer. Sie schoben ihre Schwerter in die Scheiden und stießen vor sich her Matthäus und die Brüder, die die Schlüssel hatten, und hießen si e w ortlos, ihnen wieder au f zuschließen. Acht Sergeanten nahmen die Sänfte auf und trugen sie gemessenen Schrittes aus seinem Blic k feld.
    Der Kardinal lauschte bang in die Stille, die ihn plöt z lich in seinem Gefängnis umgab, dann vernahm er, wie aus einer anderen Welt, wieder den Kampflärm vom Fluß und über sich das Rufen und Laufen der Soldaten auf der Mauer, das zischende Zurückschnellen der Katapultseile und das klatschende Geräusch der Einschläge im Wasser.
    Benommen wankte er die Stufen hoch. Er verspürte kein Bedürfnis, sich seinen Leuten zu zeigen und sie anz u feuern. Er öffnete leise die Geheimtür in halber Höhe der Treppe und schlüpfte hindurch. Als er sie hinter sich ve r schloß, sah er im Holzwerk, das die genau angepaßten Mauersteine trug, einen Dolch sitzen. Ihn überkam eine unbestimmte Furcht, den Griff zu berühren, und er ließ ihn stecken.
    Wieder in seinem Schlafgemach angelangt, fand er ein noch warmes Brötchen auf seinem Bett. Mit der Kami n zange beförderte er es in den Patio und sah zu, wie sich die Tauben darauf stürzten und es zerhackten. Er wünsc h te, es wäre vergiftet, so sehr gingen sie ihm jetzt aufs Gemüt. Doch keine fiel um. Das Gurren, Trippeln und Flügelschl a gen endete erst, als kein Krümel mehr übrig war.
    Ihm war schlecht.
    Der Überfall
    Cortona, Herbst 1245 (Chronik)
    Als wir sahen, daß die vorausgefahrenen Pisaner erfol g reich waren – schwarze Rauchwolken kündeten vom Ve r derben der päpstlichen Flotte im Hafenbecken von Ostia, den Enterkommandos der wieselflinken Amalfitaner fol g ten die schweren Triëren, die die brennenden Schiffe in den Grund ram m ten –, hatte uns Guiscard befohlen, daß wir uns flach auf den Boden unseres Bootes legten, und hatte nasse De c ken und Korbgeflecht über uns gebreitet. Es war meine erste kurze Begegnung mit Clarion von Angesicht zu Angesicht; wir konnten uns im Dunkel nicht sehen, ich spü r te die N ä he ihrer Haut und hörte ihren Atem. Sie hatte die fremden Kinder, die leise vor sich hin greinten, mütte r lich an ihren Busen gepreßt, das letzte, was mein Auge neidvoll erhaschte, bevor sich die Finsternis über uns sen k te.
    Sie hatte mir einen kurzen prüfenden Blick zugeworfen, aber keineswegs damit ermutigt, jetzt den Arm wie zufä l lig auszustrecken und den wimmernden Bälgern ihren Platz streitig zu machen. Dennoch schob ich meine Hand in ihre Richtung, doch was ich erreichte, war nur das feuchte Haar eines der Kinder. Ich streichelte es behu t sam, ja zärtlich, als Ersatz für Unerreichbares.
    Hamo hatte durchgesetzt, daß er als einziger von uns keinen Schutz und kein Versteck suchen mußte. Er wollte sehenden Auges erleben, wie nun die Amalfitaner auf ihren flachkieligen Booten den Tiber hochsegelten, w o bei sie wegen der Strömung auch in die Riemen greifen mußten. Jedes der Boote war mit ungefähr dreißig Ruderern b e mannt, dazu kamen an die zwanzig Bewaffnete. Um mir nicht ganz und gar entgehen zu lassen, was über mir g e schah, und auch weil ich mich der Nähe des Mädchenkö r pers entziehen wollte, den ich doch nicht zu berühren wa g te, veränderte ich meine Lage so, daß ich an den Rand des Bootes zu liegen kam und die Decken etwas lü p fen konnte:
    Wir näherten uns den Mauern der Ewigen Stadt. Sie ra g ten so mächtig auf, daß es mir vermessen erschien, sie mit so kleinen Schiffen herauszufordern. Auch wenn der Vo r teil der Überraschung, des eigentlich Undenkbaren, auf unserer Seite war, glitt mein Auge, dicht

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