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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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angelaufenen Silberplatten zusammeng e setzt, die in weicher Kurve dem konkaven Rund des Holzra h mens folgten.
    »Wir haben nicht mehr viel Zeit«, wandte sie sich an Crean, der sich Mühe gab, ihr behilflich zu sein, aber La u rence war trotz ihres Alters noch keineswegs der Typ von Frau, der sich irgendeinen Handgriff von einem Mann a b nehmen ließ. »Es geht nur beim Mittagsstand, wir haben noch eine Viertelstunde, um bereit zu sein.« Sie nahm e i nen Eimer mit Holzasche – »Ihr könnt euch nützlich m a chen!« – und verteilte an die Kinder Stoffla p pen: »Je mehr er glänzt, desto weiter reicht das Blitzen!«
    »Donnert er auch?« fragte Yeza ernsthaft und starrte auf den Spiegel, der etliche Flecken aufwies. Roç bemühte sich sogleich, sie wegzureiben, fruchtlos, bis Laurence es ihm zeigte. Die Gräfin spuckte auf den Lumpen, tupfte ihn in die Asche und rieb dann die Schmiere über das Metall, und schon glänzte das Silber.
    »Wozu Spucke alles gut is ’ !« krähte Yeza und machte es ihr sofort nach, während Roç noch ungläubig zuschaute.
    Die Gräfin war in der Zwischenzeit hinter den Spiegel getreten, wo ein hölzerner Hocker über Querlatten fest mit dem Rahmen verbunden war. Er stand auch nicht auf dem Stein, sondern schwebte etwa fingerbreit darüber. La u rence wischte den Staub vom Sitz und von den Marki e rungen, die im Boden eingelassen waren. Sie nahm Platz und prüfte den Lauf der beiden Ketten, die rechts und links von ihr vorbeiführten. Zog sie die eine, schloß sich das Tor, zog sie die andere, riß es das Maul wieder auf.
    Crean, der den oberen Teil der Spiegelfläche bearbeitet hatte, wohin die Kinder nicht langten, trat zu ihr. Er streifte sich die erste Lederschnur vom Finger und ko n trollierte die Knoten. Laurence sah ihm neugierig zu, vermochte aber in ihrer Reihenfolge und Stärke keinen ihr deutbaren Sinn zu entdecken.
    »Kommen wir mit drei Längen aus?« fragte sie sac h kundig.
    »Zwei«, sagte Crean, »kurz und lang!«
    »Seid Ihr bereit?«
    Crean nickte.
    »Kinder«, befahl die Gräfin, »kommt jetzt nach hinten, das Licht blendet euch sonst die Augen!«
    Roç und Yeza kauerten sich zur Seite, hinter dem G e stell, sie hielten sich die Hände vors Gesicht und schielten zwischen ihren Fingern durch, in der stillen Hoffnung, doch etwas von den »Blitzen« mitzubekommen.
    Laurence zog ruckartig das Tor auf, ließ es drei Her z schläge lang stehen, schloß es wieder, zählte leise bis zehn, öffnete für drei, schloß für drei, öffnete für zehn und wart e te.
    »Das ist die Kennung für Avlona«, erklärte sie, »kein Geheimnis. Sie stammt noch aus den Zeiten des Kaisers Alexios.«
    Sie starrten alle über das Meer, dessen Horizont im Dunst in den blauen Himmel überging, aber nichts war zu s e hen.
    Laurence wiederholte die Operation: Drei – Pause lang – drei – Pause kurz – zehn!
    Sie warteten, ihre Augen brannten. »Da!« schrie Yeza. »Es blinkt!« Tatsächlich blitzte jenseits der Adria ein Licht auf, nich t s onderlich hell, aber gut sichtbar. Laurence prü f te das Signal, bestätigte es dreimal kurz, ei n mal lang.
    »Beginnt!« zischte sie Crean leise zu, der jetzt mit g e schlossenen Augen seine Schnur abtastete und ihr die Si g nalzeiten zurief.
    Die Kinder waren bald weniger von dem Auf- und Z u klappen des Tores fasziniert, als von der Gräfin, die wie ein furioser Puppenspieler an ihren Ketten riß, immer wieder zwischendurch hinter sich auf die Markierungen schaute, über die ein Sonnenstrahl punktartig wanderte. Sie ve r suchten das Loch in der Kuppel zu entdecken, durch das er fiel, wurden aber nicht fündig, weil sie dazu unter den Stuhl der Gräfin hätten kriechen müssen, was diese ihnen barsch untersagte.
    Laurence geriet ins Schwitzen und in Rage. Die Zeitei n heiten ihres Pulses, die sie erst flüsterte, dann laut zählte und schließlich herausschrie, das Rasseln der Ketten, die ruckartigen Korrekturen, mit denen sie sich, ihren Hocker und damit den ganzen Spiegel in immer neue Positionen brachte, das Knallen der Klappen; Staub wirbelte auf, La u rence hustete, krächzte heiser, warf zwischendurch hastige Blicke auf Creans Schnüre, die dieser – kaum ›gelesen‹ zu Boden fallen ließ, bis dann die letzte durch die Finger g e glitten war. Ein letzter Knall. Es war wieder stockfinster.
    Als sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah man Laurence zusammengesunken auf ihrem Hocker. Sie atmete schwer. Der Staub legte

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