Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
die nicht jedem gleich ins Auge fielen. Ich ließ mich von Olim durch das Gefängnis führen – ohne recht zu wissen, wonach ich Ausschau hielt.
Dann sah ich den jungen Mann; er gefiel mir auf A n hieb, weil er anders war als die anderen. Ein Fremder mit fernöstlichem Gesichtsschnitt, hoher Stirn und mandelfö r migen Augen, die mich verträumt, doch ohne Trauer ans a hen; er lächelte ob meiner Neugier.
Ich fragte Olim, den Henker, was er über ihn wisse, und erfuhr als erstes, daß er ihn morgen früh köpfen müsse. Er sei wohl ein Heide, aus dem fernsten Osten, wo hinter der Eisernen Pforte, sogar noch weiter als der Fluß Ganges, seltsame Völker hausten, die sich ›Tataren‹ nennen und auf das Kommando eines gewissen Priester Johannes hörten, von dem es hieße, er wäre Christ … Jedenfalls sei der Jüngling als Spion verurteilt, obgleich der Hinrichtung s grund wohl eher der sei, daß keiner seine Sprache richtig ve r stünde. Für ihn sei der Fremde ein Prinz; er habe so edle Züge und auch sein Betragen sei von nobler Freundlic h keit – wenn auch völlig uninteressiert an seinem Schic k sal, das er ihm behutsam versucht habe klarzumachen.
Ich zahlte Olim einige Goldstücke dafür, daß er mich diese Nacht mit dem Gefangenen allein ließe, und man führte mich zurück zu dessen Zelle. »William«, wandte sich Laurence besorgtspöttisch an mich, immer noch zu meinen Füßen knieend, »sitzt Ihr bequem? Ertragt Ihr, was nun folgt?«
»Eure Beichte foltert meine Seele«, gab ich zu, »doch bitt ’ ich Euch, hohe Herrin, nicht abzulassen!« Ich schuld e te ihr diese Freimut, und ich mochte mich nun auch nicht schämen ob solcher Kühnheit, doch schloß ich die Lider; grausame Lust, ins Auge sehen wollt ’ ich ihr nicht.
»Hinter mir fiel die Gittertür ins Schloß, und ich vergaß die Welt, die Umgebung des Kerkers, die anderen Gefa n genen hinter den Eisenstangen. An meiner Absicht ließ ich keinen Zweifel. Ich trat vor den Jüngling, der sich bei me i nem Eintreten erhoben hatte, kniete nieder – schmiegte mich an seine Lenden, ergriff seine Hand, d e ren Fläche ich küssend leckte, bevor ich seinen Gürtel löste und ihm sein ledernes Beinkleid abstreifte. Er zog mich zu sich empor und schaute mir in die Augen, doch seine Arme beugten mich mit Stärke hintüber. Ich ließ mich in sie fallen, und im Fallen öffnete sich meine R o be.
Er bettete mich auf dem nackten Boden und drang in mich ein, ohne den ruhigen Fluß seiner Bewegung zu ä n dern. Ich war schon über vierzig, mein Rosenhag kan n te die zitternden Küsse , die fiebrigen Finger und die erregten Zungenspitzen der Gespielinnen, aber nie war ein Mann in den Garten einge d rungen, hatte mich durch seine Pracht geführt – ich dachte, sie nimmt kein Ende, ich fuhr mit ihm durch das Dickicht von taubekränzten Blüten und Dornen, von denen Blut s tropfen stieben, ich glitt mit ihm durch das Moos eines tiefen Brunnen, immer tiefer, ich bekam ke i ne Luft mehr, wir tauchten in das klare Wasser, dorthin, wo kein Lichtstrahl mehr dringt, mir dröhnte der Kopf, ich ließ mich sinken zum Sterben, zum erlösenden Tod des Ertri n kens in der Nacht, weiter, weiter – da platzten die Adern in meinem Gehirn, eine Lichtquelle im Inne r sten der Erde zerbarst mir ins Gesicht, lodernde Lava verbrannte mich, und ich hörte meinen Schrei – ich schrie und ich wurde erhört: der Mann ließ mich nicht liegen in dem Hölle n schlund, mit gleich ruhigen Schüben führte er mich zurück ans Licht, ich sah den Himmel wieder und sah ihm in die Augen. Er lächelte –«
Ihr Atem ging schwer, ich wagte nicht sie anzuschauen; ich war berührt, aber nicht peinlich.
»Wir liebten uns noch oft in dieser Nacht«, fuhr Laure n ce mit rauher Stimme fort. »Je mehr das graue Licht des herandrängenden Morgens den bergenden Mantel der Nacht auflöste, desto wilder geriet unser Umarmen. Ich schlang meine Beine um seine Hüften, meine Nägel kral l ten sich in seinen Rücken, Schweiß floß von unserer Haut, und unser Fleisch klatschte in dem hemmungslosen Stakk a to unserer sich attackierenden Leiber, das wir nicht einmal unterbrachen, wenn wir gierig nach dem Wasserkrug gri f fen, um unseren Kehlen das Atmen zu ermöglichen; wir verschmolzen ineinander in anbrandenden und verebbe n den Wellen, wir klammerten uns aneinander wie Ertri n kende und gaben uns doch zu trinken, daß wir in unserer Lust schwammen. Das fahle Licht zeigte uns mehr und mehr die Endlichkeit
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