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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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der Staufer in jener berüchti g ten Hochzeitsnacht von Brindisi statt ihrer eine der Kammerzofen schwängerte – eine Toc h ter seines Freundes Fakhr-ed-Din übrigens, Wesir des Su l tans –, wurde die werdende Mutter der diskreten Obhut des Admirals zu Otranto übergeben. Sie genas dort eines Mä d chens –«
    »Das ist Clarion?« war es mir vorwitzig entfahren.
    »Clarion von Salentin war schon fast drei Jahre alt, als ich in Otranto einzog. Sie war dort geblieben, obgleich ihre Mutter inzwischen im Harem von Palermo wil l kommen war; denn Königin Yolanda war im Kindbett gestorben. Ich übernahm die Erziehung des Mädchens, was mir Friedrich dankte, indem er mir – nach Enricos Tod auf Malta – die Grafschaft Otranto samt der Adm i ralsTriëre beließ.«
    Vom Bug her ertönte wieder Geschrei; eine Fraue n stimme kreischte. »Die Gräfin Salentin möge sich beher r schen!« lautete sarkastisch die Anweisung der Gräfin an mich, und ich beeilte mich ihr nachzukommen; denn s i cher waren die Kinder die Ursache für das unstandesg e mäße Betragen der armen Clarion.
    Und so war es denn auch. Roç und Yeza hatten ein neues Opfer gefunden. Clarion war sich wohl nicht bewußt gewesen, auf was sie sich einließ, als die Kinder ihr vo r schlugen, sich an den Mast fesseln zu lassen. Als dann Roç mit Pfeil und Bogen und mit geschlossenen Augen vor sie hintrat, schrie sie gellend um Hilfe. Guiscard b e freite sie, gerade als Yeza ihren Dolch – sie ließ sich Zeit und ve r gnügte sich an der Hysterie des Opfers – ih r m it Schwung zwischen die Beine plaziert hatte. Der Amalfitaner spend e te Yeza kein Lob.
    »Ein Skorpion, der daherkommt mit Trommeln und Trompeten, kann sich gleich lebendig verbrennen la s sen!« Er zog das Messer aus dem Holz und warf es – ohne sich dabei umzudrehen – Yeza vor die Füße, daß es in der Decksplanke steckenblieb. »Ein Dolch muß übe r raschen!« grinste er und half dem kleinen Mädchen, die festsitzende Waffe wieder aus dem Holz zu ziehen. »Doch ohne Hast! Vergiß nie, du hast nur einen!«
    Yeza stopfte sich die scharfe Klinge, Griff nach unten, hinter dem Kragen in den Kittel, den sie eigens dafür gel ö chert hatte. Sie sann auf eine neue Möglichkeit, ihre Fähi g keit unter Beweis zu stellen. Ich sah es an ihrem zusa m mengekniffenen Mund und vor allem an der steilen Falte auf ihrer Stirn.
    Jetzt war es bald drei Jahre her, daß ich sie kannte, ein frühgereiftes Kind, doch ihren Trotz hatte sie nicht verl o ren. Roç tat sich immer schwerer – er war jetzt wohl si e ben –, den geringen Altersunterschied noch sichtbar we r den zu lassen. Sie überholte ihn, obgleich sie ›nur‹ ein Mädchen war, und ausgerechnet auf Gebieten, die doch ›Männern‹ vorbehalten waren. Der Dolch steckte tief in seinem G e müt, und sein Kinderbogen machte ihm eigen t lich keine rechte Freude mehr.
    Guiscard konnte sich gut genug in den Jungen hinei n versetzen, um sein Dilemma zu erkennen. Die Goldmünze stak noch immer im Mastbaum.
    »Den guten Bogenschützen – und nur der lebt lange –«, richtete er ihn väterlich auf, »zeichnet Besonnenheit und Konzentration aus.« Er hängte ihm den Köcher auf den Rücken, so daß die gefiederten Pfeilenden über seine schmalen Schultern ragten.
    »Seine innere Sicherheit erwächst ihm durch den fli e ßenden Ablauf der Bewegungen«, wies er Roç an, »der Griff nach dem Pfeil, sein Auflegen, das Spannen der Se h ne im Zurückgleiten, im Anwinkeln des Armes, sind schon Teil des Zielens. Das Loslasse n e rfolgt genau dann, wenn das Höchstmaß an Bogenspannung sich mit dem Ziel im V i sier vereint.«
    Roç hatte wie in Trance versetzt die Anweisungen b e folgt; sein Schuß nagelte die Münze an den Mast.
    »Der Siegestreffer«, schloß der Amalfitaner aufatmend ab, triumphierend über den Erfolg seiner Schule, »ist nur noch die logische Folge!«
    Er wollte gerade vortreten, um den Pfeil mit der Münze herausziehen, als Yeza direkt vor seiner Nase und dicht vor seiner zugreifenden Hand ihren Wurfdolch durch die Luft wirbeln ließ. Die Klinge drängte die Pfeilspitze zur Seite und halbierte das Goldstück.
    »Halbe-halbe«, krähte Yeza. Seit sie kaum noch lispelte, bekam ihre Stimme oft einen metallischen Klang, wenn sie aufgeregt und glücklich war. Guiscard gab jedem der Ki n der eine Hälfte, und sie liefen los, quer durch die Rude r bänke, um allen die Siegesbeute zu zeigen.
    Die lancelotti liebten die Kinder abgöttisch, sie hätten

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