Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
Teufels: Gavin de Bethune«, gab Ya r zinth sein Wissen preis, »und im Orden importanter, als sein Titel besagt.
Sein Erscheinen kündigt große Dinge an – nicht immer erfreuliche!«
»Was kümmert ’ s uns!« schnaubte Nicola spöttisch.
»Sie stehen in der Halle«, flüsterte der Koch.
»Nicht mehr!« ertönte Creans Stimme. »Verzeiht die Störung, Exzellenz, doch verschluckt Euch nicht: Ich komme mit leeren Händen: William ist von den Saratz en t flohen!«
»Verschwunden, umgekommen oder gefangen –?«
»Uns auf jede dieser Möglichkeiten einzustellen, dazu habe ich mir Beistand mitgebracht: den edlen Ritter G a vin Montbard de Bethune!«
»Sacrae domus militiae templi Hierosolymitani magis t rorum«, verblüffte der Bischof seinen Gast. »Was sind die letzten Reaktionen des mundus vulgus auf das feingespo n nene Ränkewerk der Herren vom Tempel?« begrü ß te er süffisant den ihm unbekannten Präzeptor, der hinter Crean auf die Balustrade trat.
»Für ein Glas« – Hamo als perfekter Ganymed hatte ihm schon einen Pokal gefüllt und ehrerbietig gereicht; Gavin nahm einen Schluck – »43er Spätlese, kaiserliche Dom ä ne Odessa«, schnalzte er anerkennend, »für diesen Gaume n kitzler verrate ich Euch, lieber Episcopus, daß Ihr wenn nicht im Sold, so doch in der Gunst des Vatatzes steht; des weiteren, daß der Sultan von Ägypten Tiberias erobert hat, samt dem Belvoir der Kollegen vom Hosp i tal, und jetzt Askalon bedrängt; daß der päpstliche Legat Anseimus, g e nannt Fra ’ Ascelin, gerade den mongol i schen Statthalter Baitschu in Täbriz trifft, der ihn nicht leiden kann und am liebsten ausstopfen würde … Oder verlangt es Euch nach Nachrichten aus dem Westreich? Die Parmenser haben sich vom Herrn Papst kaufen lassen, erschlugen den staufe r ischen Podestà und wandten sich gegen den abgesetzten Kaiser, worauf Friedrich, gerade auf dem Wege nach Lyon, um seinen Widersache r f estzunehmen, zurück eilt in die Lombardei, bevor das Beispiel böse Schule macht. Er baut Parma gegenüber einen befestigten Belagerungsplatz, eine ganze Stadt aus Holz und Lehm gestampft, die er forsch ›Vittoria‹ tauft, und im übrigen wetteifert der Staufer mit Innozenz, sich wechselseifiger Anschläge auf ihr Leben durch Verschwörer und gedungene Meuchelmörder zu b e schuld i gen –«
Gavin hielt inne und reichte Hamo seinen geleerten P o kal. Der Junge war fasziniert von diesem weltläufigen Kriegsmann, Mönch und Diplomat zugleich, elitäre Fü h rungsschicht eines Ordens, der die Welt beherrschte und dennoch ritterliche Abenteuer suchte, fand und bestand.
Nicola della Porta schenkte ihm nach. »Ihr habt Euch den edlen Tropfen, der sonst, wie Ihr zu Recht vermutet, nur an der kaiserlichen Tafel kredenzt wird, redlich ve r dient. Doch war Bescheidenheit nie meine Stärke, werter Herr Gavin; so laßt mich denn die Gunst der Stunde nu t zen, die Euch in mein Haus führte.« Der Bischof hob se i nen Becher. »Wie hat der König von Frankreich das an o nyme Schreiben aufgenommen, das den von ihm so vereh r ten Kaiser verleumderisch mit den legitimen Erben des Gral, mit den ominösen Kindern vom Montségur, in Ve r bindung brachte?«
Gavin lächelte. »Ihr wollt unterstellen, Exzellenz, der Tempel hätte etwas mit der Flucht und dem Verschwi n den der Infamen zu schaffen?«
»Nicht im geringsten, hochwürdiger Präzeptor, pure Neugier trieb mich zu der indiskreten Frage – Üêïýåéí ôÜ ëåã üìåíá, ðñÜôôåéí ôá ðñ ïóå÷üìåíá – und ein gewisses Faible für Intrigen …«
»Ludwigs Reaktion war bedächtig; er erhob keine Vo r würfe gegen Friedrich, das Dokument wanderte – sehr zum Ärger seiner Schreiber – ohne Kommentar ins A r chiv. Die Kanzlei ordnete lediglich eine Kontrolle an, ob William von Roebruk ta ts ächlich mit Pian del Carpine von den Mongolen zurückkehren wird. Kundschafter des Capet st e hen Euch also ins Haus.«
Hier mischte sich höflich Yarzinth ins Gespräch, der g e rade den kaum berührten Chapon abräumen ließ. Er wandte sich in seiner schleichenden Art an seinen Herrn, den B i schof. »Von der Ostgrenze des Imperiums wird vermeldet, daß der Legat samt einem gewissen Benedikt von Polen sie überquert habe und sich Byzanz nähere.« Obgleich der Koch nur flüsterte, hatten alle mitgehört.
»Wir müssen jedoch davon ausgehen«, äußerte sich der Prä-zeptor als erster, »daß unser guter William sich in den Händen der Kurie befindet,
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