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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Erst als wir allen Wein ve r schüttet, alle Trauben zermanscht hatten und ich schon dachte, ich seh ’ ihn nie lebend wieder, reduzierte sie l a chend den Rhythmus unserer Kelterei, ohne jedoch die g e ringsten Anstalten zu machen, die ans Angelusläuten, den verdienten Feierabend, gemahnen mochten. Und mein Ke l lermeister ist nicht der Typ, der als erster geht.
    Als hätte sie den Widerstreit zwischen Herr und G e scherr erraten: »Du brauchst morgen kein Pferd, ich fahre dich, wohin du willst, aber am Abend will ich noch einmal von dir geritten werden!« Sprach ’ s und küßte mich auf den Mund, bevor ich widersprechen konnte.
    »Ich muß zum Papst!« fuhr es mir heraus, ohne daß ich je daran gedacht hatte. Doch statt der erhofften einschüc h ternden Wirkung lachte Ingolinda la grande puttana scha l lend.
    »Das will ich auch!« Sie stieg von mir herab – »bis morgen früh« –, warf ihm eine Kußhand zu, »bis morgen nacht!«, und verließ mein Zimmer so frank, wie sie g e kommen war.
    Ich war zu müde, mich auch nur zu entkleiden, schlief sofort ein und schlecht weiter, was zur Folge hatte, daß ich in aller Herrgottsfrühe erwachte.
    Ich schlich mich hinaus zum Brunnen, fand dort den mürrischen Wirt, der mir wieder mit der gleichen schmier i gen Vertraulichkeit zublinzelte. Ich gab ihm noch drei Goldstücke, deutete dabei unmißverständlich auf das H u renwägelchen und ließ mi r d as Pferd vorführen, eine Mä h re. Samt Burschen, einem Tölpel, verließ ich leise die He r berge, aus der ich Ingolindes Schnarchen zu hören glaubte, und setzte meine Reise gen Süden fort.
    Ich war mir nicht im geringsten klar, wie es mit mir we i tergehen sollte – schlecht wird ’ s mit dir enden, William! Aus diesem Zweifel wurde ich jäh gerissen – wir hatten das etruskische Tar-quinia erreicht, ohne von Räubern überfa l len worden zu sein, von denen vor allem die M a remma wimmelte. Allzu auffällig war wohl meine Kle i dung, ich muß wie ein ausgelegter Köder gewirkt haben, hinter mir eine zuschnappende böse Falle, kaum daß ein dreister W e gelagerer die Hand nach mir ausstreckte. Dabei war ni e mand hinter mir außer dem tumben Filippo, der wortlos hinter mir her trottete und das Pferd besser versorgte als mich.
    Plötzlich tauchte vor uns ein Trupp Berittener auf, Päp s tliche! Ich erschrak, immer noch mit dem schlechten G e wissen eines nicht angemessenen Kleides. Der Haup t mann erwies mir jedoch seine Reverenz, um dann vo r wurfsvoll zu bemerken:
    »Welch Leichtsinn, mit Verlaub! Eure Eminenz sollten nicht so unbeschützt reisen! Die anderen Herren Kardin a le sind längst in Sutri um den Herrn Papst versammelt. E r laubt, daß wir Euch geleiten!«
    Jetzt war mein Schreck noch mal so groß: Er hielt mich für einen Purpurträger und wollte mich in diesem Aufzug zum Heiligen Vater bringen. Ich war sprachlos, was man mir als Ausländer auch zubilligte, nur soviel verstand ich gut: »Woher kommt Ihr so spät?«
    »Die Pisaner –«, setzte ich an.
    »Oh, diese heimtückischen Verbrecher!« ließ er mich Gott sei Dank nicht ausreden. »Schätzt Euch glücklich, diesen Piraten entkommen zu sein; aber auch hier ist es sehr gefährlich«, fügte er hinzu, seine Schutzfunktion u n terstreichend, »es wimmelt von Kaiserlichen!«
    Ich entließ Filippo, dem ich die Mähre abkaufte zu e i nem Preis, für den man in meinem Dorf ein Vierer-Gespann hätte erwerben können. Er wollte dennoch maulig we r den, aber der Hauptmann jagte ihn fort.
    »Einer aus der Gegend von Pisa! Seid froh, daß er Euch des Nachts nicht Kopf und Beutel abgeschnitten hat!«
    Wir ritten schweigsam landeinwärts. In meinem wirren Kopf kreiste nur ein Gedanke: So konnte ich dem Heil i gen Vater unmöglich unter die Augen treten, welche Schmach für den Orden, welche Pein! Von den hochno t peinlichen Verhören ganz abgesehen, denen man mich aussetzen wü r de! Von Skylla zur Cha-rybdis! Oh, hätte ich doch nur meine Kutte nicht weggeworfen! Heiliger Franz, so strafst du die Hochmütigen! Ich mußte dieses rote Höllengewand, das mir jetzt auf der Haut brannte, wieder loswerden, es eintauschen gegen jedwelchen Lumpen! Doch wie? Wäre ich eines armen Bruders a n sichtig geworden, hätte ich eine Notdurft vorgetäuscht – selbst dessen hätte es nicht b e durft: mein Gedärm rebellierte längst vor Angst und Err e gung! Reiß dich zusa m men, William, behalt einen klaren Kopf: kein Franziskaner hätte sich auf den Tausch eing e lassen,

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