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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Herr Papst; William von Roebruk, kleiner Mönch in angema ß tem Purpur – du bist nur ein Staubkorn, auf das diese hohen Herren aus Versehen treten, wenn du ihnen nicht lästig ins Auge fliegst – dann wirst du allerdings zerquetscht, wie eine Laus – und mir wurde wieder ganz schlecht. Was verstärkt wu r de durch den Anblick des schwarzen Gemäuers, das sich hi n ter Wällen aus bemoosten Tuffsteinquadern, die weit älter sein mußten als das römische Imperium, düster erhob. Vulkangestein, schoß es mir durch den Kopf, so müssen die verborgenen Pforten der Hölle beschaffen sein, durch die heraufsteigend der Böse seine Herrschaft auf E r den b e hauptet. Hierhin verschleppt er die armen Seelen, die ihm durch Leichtsinn, Neugier oder unchristlichen L e benswandel anheimgefallen. Weh dir, William, wah r scheinlich hat er dein Kommen schon erschnüffelt! Es ging an einem r ö mischen Amphitheater vorbei, das, wie aus den dunklen Mauern gekerbt, mich gleich wieder an einen Tanzboden von Hexen und Kobolden gemahnte – hier feiert Beelzebub seine Walpurgisnacht, wenn er durch eine der Kavernen aus den Tiefen seines Kastells emporsteigt, oder mit seiner Beute hohnlachend hina b fährt!
    Wir ritten durch einen Hohlweg – kein Entrinnen! – hoch zur Burg. Meine Eskorte stieg ab, erwies mir die R e verenz, ich belohnte sie reichlich aus meinem Beutel, die Wachen am Tor hoben salutierend die Spieße, und ich schritt den steinernen Aufgang hoch.
    Auch die zweite Postenkette am Treppenhaus ließ mich anstandslos passieren. Würden sie mich doch ergreifen, entlarven, ins tiefste Verlies werfen! Alles besser als di e se gräßliche Schicksalsmacht, die den armen William aus Roebruk wie einen aufgeplusterten Pfau, feuerrot dazu, unbarmherzig vor den Thron Seiner Heiligkeit schiebt.
    Ich hielt Ausschau nach einer letzten Fluchtmöglichkeit, doch überall hasteten Bedienstete, grüßten mich devot Di a kone, standen Bewaffnete herum. Wie gern wäre ich hinter der Tür einer Kammer einfach verschwunden, w ä re aus einem Fenster in den Graben gesprungen, hätte mich an einem Ort menschlicher Bedürfnisse eing e schlossen …
    Immer näher geriet ich den Räumen – ich merkte es an der zunehmenden Hektik und dem Gedränge –, in denen sich meine Hinrichtung vollziehen würde. Da trat ein ju n ger Dominikaner an mich heran, ein blasses, durchgeisti g tes Gesicht.
    »Verzeiht meine Störung, Eminenz, aber Ihr solltet Euch jetzt dringend umziehen!«
    Ich erschrak zutiefst, fühlte mich ertappt, war verwirrt und hörte mich sagen – der Teufel muß in diesen Kle i dern stecken! – : »Ich muß zum Heiligen Vater, mein Sohn!«
    Bin ich wahnsinnig, fordere mein Schicksal heraus? Doch zum Glück ließ sich der junge Dominicus nicht übe r fahren, er lächelte nachsichtig – mit Purpurträgern ist Nachsicht angebracht, vor allem, wenn sie so dürftig an Jahren und dabei so beleibt sind wie ich – typisches Mas t kalb einer geschobenen Karriere! »Der Heilige Vater e r wartet Euch reisefertig«, sagte er fest und schnippte nach einem Pagen: »Geleite den Herrn Kardinal in einen freien Raum und bring ihm die Kleidung«; er taxierte mich sac h lich, leicht mitleidig: »Passende Kleidung!«
    Mit einem flüchtigen Nicken überließ er mich dem P a gen, der eilfertig: »Geht in Ordnung, Fra Ascelin!« rief und mir vorauseilte. Er schubste mich fast in eine Ka m mer, in der nur ein Bett und ein Stuhl standen: »Wir mü s sen uns sehr beeilen, alle sind schon bereit!«
    Ich witterte die einmalige Chance und zückte meinen Beutel. »Wenn du mir ein einfaches Ordenskleid, eine Ku t te der Franziskaner vielleicht …! ?«
    »Haben wir alles auf Lager, hoher Herr.« Er steckte die Münze weg. »Äh, eigentlich soll ’ s ja nichts Ekla-Eklek-Ekklesiastisches sein«, stammelte er verlegen. »Ihr wollt ja wirken wie ein weltlicher Herr …«
    »Wenn ich dem Herrn dieser Welt in die Hände falle, erkennt der mich in jeder Verkleidung«, tröstete ich ihn. »Ich aber möchte im bescheidensten Kleid vor den Thron meines Schöpfer s t reten!« endete ich salbungsvoll, und der Junge verschwand beeindruckt.
    Ich konnte es nicht fassen. Schnell entledigte ich mich der roten Gewänder, warf sie auf den Boden. Ich wollte nicht undankbar sein, hatten sie mich doch sicher bis hie r hin gebracht. Also hob ich sie wieder auf, breitete sie sä u berlich aufs Bett. Wer weiß, vielleicht brauchte ich sie noch – oder war es doch besser, keine Spur zu

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