Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
Ich gab ihr die Hose.
Während sie nähte, huschte ich aus der Küche, lief in meine Kammer, wühlte unterm Bett das verkrumpelte Or i ginal des Pergaments hervor – an dessen Inhalt in seiner nach Scheiterhaufen stinkenden Gefährlichkeit ich kaum je zu denken wagte – und schlich mit selbigem sowie einem schnell eingesteckten Goldstück aus me i nem Beutel noch einmal zurück in den mi r v erbotenen Tiefkeller. Ich e r reichte den alten Maurer gerade noch, bevor er den Schlu ß stein eingefügt hatte.
Ich drückte ihm die Münze in die Hand und bat ihn, mein ›Testament‹ – wie ich es flugs nannte – mit einz u mauern. Er tat es gerne, wenn er sich auch über den z u sammeng e backenen Klumpen gewundert haben muß. Ich wartete noch ab, bis er das Reliquienversteck verputzt hatte und rannte dann hurtig zurück in die Küche zu Gersende. Weniger Hast hätt ’ s auch getan.
Ich drosselte den Einlauf aus meinem Lieblingsfaß und rannte des Nachts hüpfend und springend im Kreise, um mich auf den Ritt gen Süden vorzubereiten. Jetzt hätt ’ mir ein anderer Ritt gutgetan. Doch da blieb die gute Gersende ohne jedes Verständnis.
Es zog sich noch einmal drei Wochen hin, ehe ich en d lich die Kruppe eines Gauls zwischen die Schenkel b e kam und mich mit meinem Bombarone auf den Weg machte.
Tod in Palermo
Palermo, Sommer 1244
Die Sonne stand senkrecht über Palermo. Die rosa Ku p peln des kleinen Kirchleins von San Giovanni degli Erem i ti, in Sichtweite des Normannen-Palastes, spendeten den daru n ter gelegenen Räumen der früheren Moschee wenig Kühle. Durch das Gitter des offenen Fensters der Sakristei sah man die fleischigen Früchte an den spitznadeligen Ka k teen im angefügten Kreuzgang.
»Es muß vor drei, vier Jahren gewesen sein«, flüsterte der Benediktiner. »Eine junge Frau mit ihrem Vater, Ke t zer alle beide, begeben sich zu Friedrich, um Hilfe für den Montségur zu erflehen, gegen Frankreich und natü r lich gegen uns, die allein seligmachende Kirche Roms und Se i ne Heiligkeit, den Papst.«
»Wäre da nicht eine Allianz«, entgegnete sein Ve r trauensmann, der Sakristan, und blätterte in seinen Ann a len, »mit England in Betracht zu ziehen? Nach ruhmre i chem Aufenthalt im Heiligen Land kehrt Richard von Cornwall, Bruder der Kaiserin, im Mai Anno Domini 1241 zurück und wird vom Kaiser mit höchsten Ehrem empfa n gen …«
»Und da entspricht es den orientalischen Riten der Hur e rei an diesem Schweine-Hof«, nahm der Benediktiner b e gierig den Faden auf, »dem lieben Gast und Schwager –«
»- der erst einunddreißig Lenze zählte –«
»- eine Kebse von Stand ins Bett zu legen? Ketzerin hin, Heidenmädchen her, wie sie der Harem ja auch zu bieten hat!«
»Der Staufer war erst im April von der Belagerung Faënzas zurückgekehrt, wohin ihn Elia begleitet hatte. Sie schicken Richard mit allerlei Vollmacht ausgestattet nach Rom, mit dem Hintergedanken, daß er selbst erfährt, wie verbittert Gregor seinen Feind verfolgt, den Antichristen Friedrich -!«
»Und danach um so herzhafter die ›Tochter Arthurs‹, die Ketzerprinzessin, bespringt –«
»- und haften bleibt wie ein brandiger Köter –«
»- mit nunmehr handfesten englischen Interessen im Langue-doc!«
»Und ist es so der läufigen Ketzerhündin widerfahren?«
»Ich lag nicht dazwischen«, grinste der Sakristan. »Aber du, Bruder, solltest es dir so aufschreiben, in Wursthaut wickeln und verschlucken!«
»Ich habe in der Chronik der Capella Palatina einen Ei n trag gefun den«, vertraute der Benediktiner seinem Info r manten an, »der am Ersten des Monats Dezember gleichen Jahres die Kaiserin im Kindbett sterben läßt. Könnte nicht Friedrich selbst, geil und schamlos, wie wir ihn kennen, in der Zeit hoher Schwangerschaft -?«
»Hütet Eure Zunge, Bruder«, fauchte der Sakristan, »wenn Euch am Rest Eures Leibes noch gelegen ist.«
»Mein Darm wird ein schweigendes Grab sein, grad der rechte Ort für alles, was diesen Bastard betrifft!«
»Der Staufer hat erst unlängst zwei Männer gastlich b e wirtet, dann den einen laufen geheißen, den anderen schl a fen geschickt, nur um danach zu sehen, wer von den beiden besser verdaut …«
»Na, und?«
»Der Schläfer zweifellos, fanden die Ärzte heraus, als sie die Mägen aufgeschnitten hatten!«
Der Benediktiner würgte die Pergamentwurst hinunter.
Alsdann begab er sich hinüber in die Martorana, ein Kirchlein, das im Volk auch Santa Maria dell ’ Ammir a glio
Weitere Kostenlose Bücher