Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
unser Pakt mit den Assassinen vom Stamme Ismaels, den Hütern des a n deren Blutes. Und so wird sich über die gemeinsame ari a nische Herkunft, über den großen Zarao-stra, über die Le h re des Mani der Kreis dann schließen: eine dynastische Verknüpfung der Nachfolge beider Pr o pheten vereint in der Welt Kalifat und Kaisertum und mündet im Geiste in die höchste sublimatio, in den Gral.
Nun ist nur noch das Reich zu schaffen, das Reich der Versöhnung von Orient und Okzident, das Reich der Fri e denskönige. Wo soll das Zentrum dieses Reiches liegen? Roms Name ist für alle Zeiten besudelt. Palermo? Würde es von der arabischen Welt angenommen werden? Ja, wenn wir dem Islam gleichberechtigte Rückkehr nach Sizilien zumindest anbieten könnten. Das aber wird nicht gesch e hen, solange das Tier herrscht, ob in Rom oder im französ i schen Exil.
Liegt das Zentrum in Jerusalem, dann kümmert es – wie wir gesehen haben – die Fürsten des Abendlandes wenig. Es sei denn, alle würden sich mit Geld und Macht und vor allem mit Inbrunst für ein solches ›Divina Hieros o lyma‹ des Friedens einsetzen. Aber würde das nicht zur Unterdr ü ckung der arabischen Völker führen, des islamischen Gla u bens? Und auch das Kalifat von Bagdad und das Sultanat von Kairo müßten seine Oberhoheit ane r kennen, anstatt um seinen Besitz zu zerren, und Damaskus müßte seinen gro ß syrischen Traum aufgeben und stolz in den Schatten der heiligen Stätten treten. Kaum vorstellbar! Ebensowenig ist es vorstellbar, daß sich die Christen jetzt zu einer Duldung Andersgläubiger durc h ringen, die sie seit Men-schenaltern nicht mehr aufbrachten. Zudem wären nun auc h d ie Mu s lime nicht mehr b e reit, einer solchen Wendung Glauben zu schenken. Also müssen wir Abschied nehmen von Jerus a lem.
Müßten also die Religionen neu bedacht werden? Au s zuschließen von jeder zu formenden Gemeinschaft ist als erstes das Tier. Aber auch der Islam weist inzwischen Züge von Intoleranz auf. Lediglich die Minnekirche des Gral bietet sich für eine solch übergreifende Aufgabe an. Besi n nung auf den Ursprung: Jesus von Nazareth, Pr o phet wie Mohammed – das ist auch für den Islam annehmbar. Be i der dynastisches Blut ist vorhanden, wenn auch im Verbo r genen.
Wir schreiben das Jahr des Herrn 1244. Das Volk Israel wartet noch immer auf den Messias, und für den Islam sind 611 Jahre seit der Hedschra vergangen. Beide, Chr i stentum wie Islam, leiden noch immer unter dem Tier, dieser furchtbaren Geißel Gottes. Mit ihnen leiden all die Chri s ten, die sich Zugang zu der unverfälschten Bo t schaft des Jesus von Nazareth verschaffen konnten und im geheimen – verfolgt und verfemt – nach ihr zu leben trachten. Die Welt wartet.
Die Eins wurde zur Zwei; verdoppelt vier, zusammen drei und eins sind acht, wie vier und vier. 1244. Sechshu n dertzwei-undzwanzig Jahre nach der Geburt des Pr o pheten Jesus verließ der Prophet Mohammed die heilige Stadt Mekka. Seitdem sind wieder 611 Jahre verstrichen. 1244 ist das Jahr des endgültigen Verlustes von Jerus a lem für die Christen und der Apotheose der Reinen vom Montségur, Schwelle des Neuen Zeitalters. Ein neues Reich wird kommen, das Reich der Friedenskönige, das Reich des Gral. Sein Licht wird brechen aus der Finste r nis, in der es verborgen liegt. Sein Wiedererscheinen auf Erden ist die Voraussetzung für die Herrschaft des göttl i chen Paares, der Friedenskönige, der Vermittler.
D er Ort ihres Herrschens sollte dagegen in den Hinte r grund treten. Sicher muß das Mittelmeer Bindeglied, nicht Trenngraben sein. Die Städte sind verworfen. Doch him m lisch wär e e ine Insel im Meer. Lapis ex coelis. Eine Insel? Zypern wäre dem Abendland zu entrückt, Rhodos ist zu griechisch, desgleichen Kreta, trotz seiner uralten Traditi o nen. Malta? Seine Lage als Mittler ist unvergleichlich, se i ne Tempel zeugen von Gottes Wohlgefa l len. Ein Schiff? Ein Schiff, das auf dem Meer fährt, ohne daß jemand genau weiß, wo es sich gerade befindet – das wäre das Angeme s sene! Das Herrscherpaar sollte nicht greifbar sein, keinen Hafen zu seinem Schutz anlaufen müssen, nicht in die Hände irgendwelcher Mächte fallen. Eine königliche Floti l le auf dem Meer, jederzeit zum Handeln bereit, erreichbar, aber unnahbar, stets gegenwärtig, aber nicht faßbar – höc h ste Autorität, höchstes Geheimnis.
Gegeben mit eigener Hand an einem geheimen Ort, übermittelt dem Freunde durch Boten am Tage, an
Weitere Kostenlose Bücher