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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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dem ich erfuhr, daß der Montségur gefallen, die Kinder aber gere t tet. Der Große Plan nehme also seinen Lauf. Der Berg Zion möge sein Hüter sein.«
    Ich hatte den Weinkrug, den ich mir bereitgestellt hatte, nicht einmal angerührt. Jetzt nahm ich einen großen Schluck. Mein Gott, was für eine ungeheuerliche Ketz e rei! Mein Kopf war wie gelähmt von dem, was ich gel e sen – von apokalyptischen Schrek-ken und hehren Visi o nen, die in meinem Geist bereits wieder zu verblassen begannen, als weigere er sich, das Gelesene aufzunehmen. Dann tauchte ich die Feder ein und begann mit der Abschrift.
    Ich schrieb, ohne mitunter zu wissen, was ich schrieb, nur unterbrochen vom immer häufigeren Massieren me i ner klammen Finger und gelegentlicher achtloser Nahrung s aufnahme, den ganzen Abend und die Nacht hi n durch, den nächsten Tag und noch in die Nacht hinein – dann war ich fertig. Frevelhaftes Werk des Versuchers. Er und kein a n derer mußte es mir in die Hose praktiziert haben. Verbre n nen hätte ich es sollen. Doch Kabbala hin, Kabbala her: 6 und 2 waren 8, und auf die Zwei kam es an – das Frieden s königspaar. Und 622 und 622 ergaben eben 1244!
    Meine Kopie sah so aus, wie das Original einstmals au s gesehen haben mochte, wenn nicht besser. Ich rollte be i des behutsam zusammen und versteckte es unter meinem L a ger. Und wie zur Belohnung für mein löbliches Tun – es waren inzwischen gut drei Monde vergangen, seit ich in Cortona eingetroffen war – brachten mir Soldaten des Elia ein Paar weite lederne Reithosen, die mir indes trotzdem viel zu eng waren.
    Zwar hatte ich gehofft, meine franziskanische Identität wiederzuerlangen – ich lief und schlief und soff immer noch in der Benediktinerkutte herum, derer ich herzlich leid doc h j etzt war mir alles gleich, denn nun würde ja endlich die Reise angetreten.
    Ich suchte die vertrauenswürdige Gersende in der K ü che, damit sie meinem Beinkleid mit Flicken, Schnur und Ahle zur Hilfe kam. Ich fand sie in einem Gewölbeteil des Tiefkellers, der sonst mit einer schweren Eisentür ve r schlossen blieb. Es roch modrig, und an der Decke hingen Fledermäuse. Ein alter Maurer säuberte unter ihrer Au f sicht eine Vertiefung in der Wand.
    »Rest eines römischen Friedhofs«, ließ sie mich ve r schwörerisch wissen, um mich sofort davonzujagen. »Hier hast du nichts verloren, William«, verwies sie mich des Ortes. »Warte in der Küche auf mich!«
    Dies Gebot war natürlich dazu angetan, mich lauten Schrittes hinauseilen zu lassen, um dann auf Zehenspi t zen bis zur Eisentür zurückzukehren.
    Gersende hielt ein ölgetränktes Tuch über beide Arme gebreitet, das sie vorhin bei meinem überraschenden Kommen sofort zusammengeschlagen hatte. Sie mußte da r in wohl etwas sehr Kostbares verbergen.
    »Ein Splitter des wahren Heiligen Kreuzes«, erzählte sie pla ud ernd dem alten Maurer, der wohl das Vertrauen des Hauses genoß. »Es soll ein Splitter von dem Splitter sein, den die heilige Helena ihrem Sohn Konstantin schenkte. Der Bombarone hat die Reliquie vom Kaiser Johannes D u kas bekommen, dafür daß er dem Vatatses eine Toc h ter des Kaisers Friedrich besorgte.« Sie lachte sche l misch, in ganz anderem Ton, als ich von ihr gewohnt war, und ich sah jetzt in ihrer Hand die verzierte Elfe n beinschatulle, die in einer Ebenholzkassette verschlossen war, als sie die Rel i quie dem Maurer wies.
    »Glaubt Ihr an so was?« fragte der unbeeindruckt.
    »Meine Stellung gebietet es mir.« Sie zwinkerte dem A l ten zu. »Gleich der Tugendhaftigkeit, die jeder Fremde an mir kennt.«
    Da lachte auch der Maurer ein meckerndes Lachen.
    Gersende schlug das Tuch vorsichtig über dem Kästlein zusammen. »Nun mauert es ein, Meister, daß niemand es finden kann – Ihr wißt, wie man Löcher unsichtbar ve r putzt!« Jetzt hatten beide ihren schallenden Spaß. »Der Bombarone geht auf Reisen«, fügte sie hinzu, »wer weiß, wie lange. Das Stück könnte derweil Begehrliche anzi e hen – und ich bin ja nur ein schwaches Weib …«
    Ich schlich zurück und wartete, bis sie in der Küche au f tauchte, und zeigte ihr das Beinkleid.
    »Das will ich Euch gern passend machen!« sprach sie, wieder ganz das scheinheilige Luder, und beim Messen meines Bauches kam sie ihm nicht zu nahe. »Wer weiß, wie lange Ihr fortbleibt!«
    »Ich wünschte, wir würden die Reise in den Süden en d lich beginnen«, antwortete ich und dachte: Und ob ich dann wiederkomm ’ , das steht noch dahin.

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