Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gralszauber

Titel: Gralszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Antwort auf die Frage
war, wie so etwas überhaupt möglich war.
Dulac blieb etliche Minuten lang reglos hinter seiner
Deckung hocken und wartete darauf, dass sich sein rasender Herzschlag beruhigte und seine Hände und Knie aufhörten zu zittern. Beides geschah, aber das wirbelnde
Chaos zwischen seinen Schläfen beruhigte sich nicht.
Schließlich stand er auf und ging vorsichtig wieder zum
Waldrand.
Mordred und die Pikten waren verschwunden und die
Schlacht näherte sich ihrem Ende. Die Pikten leisteten
kaum noch Widerstand. Die meisten suchten ihr Heil in
der Flucht, aber Dulac bezweifelte, dass viele den Tafelrittern entkommen würden. Das schmale Tal war mit Toten
und Sterbenden übersät und die Ritter machten gnadenlos
Jagd auf die wenigen Überlebenden. Dulac hatte eine
ziemlich konkrete Vorstellung davon, was weiter geschehen würde. Artus und seine Ritter waren nicht dafür bekannt, Gefangene zu machen.
Camelot.
Er musste nach Camelot!
    Das Pferd war dem Zusammenbruch nahe, als er die Stadt
erreichte. Für die Strecke, für die sie am Morgen mehr als
drei Stunden gebraucht hatten, hatte er nun kaum die halbe
Zeit benötigt. Das Tier war in Schweiß gebadet. Sein
Atem ging keuchend und es zitterte am ganzen Leib und
flockiger weißer Schaum flog von seinen Nüstern.
    Trotzdem kam er zu spät.
Dulac hatte den Rauch schon von weitem gesehen, eine
schwarze Wolke, die aus dem Herzen der Stadt aufstieg
und sich zu einer brodelnden Decke ausbreitete, als tobe
ein fürchterliches Unwetter über Camelot. Einen Moment
lang hatte er sich noch an die verzweifelte Hoffnung geklammert, dass in der Stadt vielleicht nur einige Kamine
qualmten, aber natürlich war das nur reines Wunschdenken.
Camelot brannte.
Als er näher kam, sah er mindestens ein Dutzend Feuer,
die hinter der Stadtmauer loderten, und auch über den
Zinnen der Burg erhob sich schwarzer, fettiger Qualm.
Dulac sprengte durch das nördliche Tor in die Stadt,
musste sein Pferd aber schon nach wenigen Schritten zügeln und sprang aus dem Sattel, denn die Straßen waren
mit durcheinander rennenden und schreienden Menschen
voll gestopft, dass es zu Pferd einfach kein Durchkommen
mehr gab. Vermutlich rettete er dem Tier damit das Leben,
denn das Pferd torkelte ein paar Schritte zur Seite und wäre vor Erschöpfung fast zusammengebrochen, aber daran
verschwendete Dulac in diesem Moment keinen Gedanken. Von Verzweiflung getrieben rannte er los.
Er brauchte nur zehn Minuten, um die Burg zu erreichen, aber diese zehn Minuten schienen zu zehn Ewigkeiten zu werden. Camelot war ein Albtraum. Zahlreiche
Häuser standen in Flammen und an noch mehr Gebäuden
entdeckte er die Spuren bereits gelöschter Brände. Auch
der Dachstuhl von Tanders Gasthaus bestand nur noch aus
einem Gerippe brandgeschwärzter Balken und viele der
Menschen, zwischen denen er sich hindurchquetschte,
trugen blutige Verbände oder hatten offene Wunden – und
er sah auch mehr als einen toten Pikten.
Nichts davon zählte. Dulac rannte sich schier die Lunge
aus dem Leib um die Burg zu erreichen und hatte trotzdem
das Gefühl, nicht von der Stelle zu kommen. Bis zum allerletzten Moment klammerte er sich an die widersinnige
Hoffnung, dass die Burg dem Angriff widerstanden haben
könnte, der Rauch über den Zinnen vielleicht nur von den
Feuern der Verteidiger stammte, die Öl und Pech zum
Sieden gebracht hatten, um es auf die Angreifer hinabzuschütten.
Es war eine vergebliche Hoffnung.
Das Burgtor war unbeschädigt, aber weit geöffnet, und
unter dem steinernen Torbogen lagen drei blutbefleckte
Tote in den Farben Camelots. Schwarzer Qualm erfüllte
den Hof, sodass Dulac kaum noch atmen konnte. Die meisten Fenster, die auf den Hof hinausführten, waren zerborsten und aus manchen loderten noch hellrote Flammen.
Dutzende von Männern hasteten hin und her, versuchten
die Brände zu löschen oder schienen Hab und Gut in Sicherheit zu bringen, und er sah noch mehr Tote in den
Farben Camelots. Mindestens einer war in eine blutbefleckte Rüstung gehüllt. Er sah auch hier tote Barbaren,
mindestens ein Dutzend, wenn nicht mehr. Die Pikten hatten einen gewaltigen Preis für den Sieg über Camelot gezahlt, doch wie es aussah, hatten sie diesen Sieg auch errungen.
Dulac blieb einen Moment lang auf dem Hof stehen, sah
sich hilflos um und lief schließlich die Treppe zum Kellergewölbe hinab. Wenigstens schlug ihm kein Rauch entgegen. Er hoffte, dass die Pikten gar nicht

Weitere Kostenlose Bücher